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Patientenrechte: Von freier Krankenhauswahl bis Schmerzensgeld

Steht ein Krankenhausaufenthalt bevor, haben Menschen das Bedürfnis, sich in gute Hände zu begeben. Umso wichtiger ist, sich vorher schlau zu machen, welche Patientenrechte man hat und was im Falle eines Behandlungsfehlers zu tun ist. Von der freien Krankenhauswahl bis hin zur Klage bei einem vermuteten Behandlungsfehler – der Artikel geht auf alle Eventualitäten rund um einen Krankenhausaufenthalt ein. Als Expertin wurde Anja Lehmann, Juristin bei der Unabhängigen Patientenberatung, hinzugezogen.

Eine Million Euro Schmerzensgeld hat im vergangenen Jahr ein elf Jahre alter Junge erhalten, weil er sich als Kleinkind nach einer Medikamentengabe in einem Krankenhaus an einem Stück Apfel derart verschluckte, dass er in der Folge einen Hirnschaden erlitt. Der Junge ist seither schwerstbehindert und werde laut Landgericht Limburg nie „ein auch nur näherungsweise normales Leben“ führen können.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Krankenschwester sowie einer Belegärztin damals folgenschwere Behandlungsfehler unterliefen. Die Pflegekraft hätte wissen müssen, dass sich der Junge, der heftig weinte und sich gegen die Gabe des Antibiotikums wehrte, an dem zuvor gegessenen Stück Apfel verschlucken könnte und länger mit der Verabreichung des Medikaments warten müssen. Die Ärztin wiederum habe sich schuldig gemacht, da sie „fehlerhafte“ und „sogar schädliche“ Rettungsmaßnahmen einleitete.

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Unabhängige Patientenberatung zählt pro Jahr knapp 100.000 rechtliche Beratungen

Wie häufig es in Deutschland zu Behandlungsfehlern kommt, lässt sich kaum seriös beziffern. Die Ärztekammern und Krankenkassen beurteilen jährlich etwa 20.000 Beschwerdefälle, in denen am Ende bei jedem Vierten ein Behandlungsfehler bestätigt wird. Setzt man diese Fälle mit den 20 Millionen Menschen ins Verhältnis, die jährlich in deutschen Krankenhäusern behandelt werden, ist das ein verschwindend geringer Anteil.

Allerdings zeigen andere Zahlen, dass es bei weitem nicht alle Behandlungsfehler in die Statistiken der Ärztekammern und Krankenkassen schaffen. So belegt das Weißbuch der Patientensicherheit, dass allein in Krankenhäusern jährlich mit 20.000 vermeidbaren Todesfällen aufgrund von unerwünschten Ereignissen gerechnet werden muss.

Die Unabhängige Patientenberatung Deutschland verzeichnete im Jahr 2020 mehr als 170.000 Beratungen, davon knapp 95.000 rechtlichen Inhalts. Letztere teilen sich wie folgt auf:

  • Leistungsansprüche gegenüber Kostenträgern, also bei Streitigkeiten um Krankengeld, Pflegeleistungen oder Rehabilitationsmaßnahmen oder Hilfsmittel: Knapp 37.000 Beratungen.
  • Patientenrechte und ärztliche Berufspflichten, also zum Beispiel Streitigkeiten um Fragen rund um die Patientenakte, Behandlungspflichten oder freie Arztwahl: Knapp 17.000 Beratungen.
  • Krankenkassen-Mitgliedschaft und Beiträge, also zum Beispiel um Statusfragen zur Versicherung oder Krankenkassenwechsel: Gut 8.000 Beratungen.
  • Verdacht auf Behandlungsfehler: Gut 5.500 Beratungen
  • Rechtmäßigkeit von Geldforderungen und von Zuzahlungen, zum Beispiel bei Individuellen Gesundheitsleistungen oder in der Zahnmedizin: Gut 3.500 Beratungen.

Patienten gehen nicht ganz ohne Bedenken ins Krankenhaus. Laut einer Befragung der Techniker Krankenkasse rechnet immerhin mehr als ein Viertel (27 Prozent) der Befragten damit, sehr wahrscheinlich oder wahrscheinlich durch eine medizinische Behandlung im Krankenhaus zu Schaden zu kommen. Umso wichtiger ist es für Patienten, zu wissen, wie ihre Rechte bei einer Behandlung im Krankenhaus sind, wie sie einzufordern sind und wer hilft, falls der Verdacht auf einen Rechtsbruch besteht.

Vor der Einweisung ins Krankenhaus

Wichtig zu wissen ist zunächst: Der Patient hat grundsätzlich das Recht, die Klinik, in der er behandelt wird, frei zu wählen. „Wenn ich in Bochum wohne, aber gerne in München eine Klinik besuchen möchte, weil ich glaube, dass dort die ausgewiesenen Spezialisten sitzen, dann kann ich auch nach München in die Klinik gehen, solange es sich um eine Klinik handelt, mit der meine Krankenkasse einen Versorgungsvertrag abgeschlossen hat“. Das sagt Anja Lehmann, Juristin bei der Unabhängigen Patientenberatung. Lediglich die Mehrkosten für eine weitere Anreise müssten dann vom Patienten selbst übernommen werden.

Im Krankenhaus angekommen

Sobald der Patient im Krankenhaus angekommen ist, entscheidet dann aber die Klinik und deren Dienstpläne, welcher Arzt eine bestimmte Behandlung oder Operation ausführt. „Eine freie Arztwahl im Krankenhaus besteht nicht“, sagt Lehmann. Es sei denn, man möchte unbedingt vom Chefarzt behandelt werden. Dann kann man vor Ort, eine sogenannte Wahlarztvereinbarung abschließen.

„Man wird dann während des Krankenhausaufenthaltes von allen Chefärzten der benötigten Fachgebiete behandelt. Diese Behandlungen werden dem Patienten privat nach der Gebührenordnung für Ärzte in Rechnung gestellt“, sagt Lehmann. Rechnungen über wahlärztliche Leistungen sind um 25 Prozent zu ermäßigen. Wenn der Patient keine entsprechende Zusatzversicherung hat, muss er die Leistungen aus eigener Tasche bezahlen.

Vor einem Eingriff

Das Bürgerliche Gesetzbuch regelt, worüber ein Arzt vor einer Behandlung oder Operation den Patienten aufklären muss. Zu erwähnen sind in jedem Fall:

  • Art und Umfang der Maßnahme
  • Risiken
  • Alternativen

Der Patient hat dabei das Recht auf eine verständliche Sprache, die nach Möglichkeit ohne Fachbegriffe auskommt. Außerdem wird dem Patienten ausdrücklich das Recht auf Nachfragen eingeräumt und er muss so rechtzeitig aufgeklärt werden, dass er noch Bedenkzeit hat. Eine schriftliche Aufklärung in Form eines Zettels ist nicht ausreichend, die Aufklärung muss mündlich erfolgen.

„Das Recht auf ein Gespräch im Beisein eines Dritten hat der Patient allerdings nicht“, sagt Lehmann. In der Regel werde ein solcher Wunsch seitens des Patienten zwar gewährt, einen Anspruch darauf gibt es aber nicht. Der Arzt oder die Ärztin kann andere Personen vom Gespräch ausschließen. Es sei denn, der Patient ist nicht in der Lage, einem Aufklärungsgespräch zu folgen. Weil er z.B. der deutschen Sprache nicht mächtig oder nicht mehr einwilligungsfähig ist, z.B. wegen Demenz. Dann müssen ein Dolmetscher oder der gesetzliche Betreuer oder Vorsorgebevollmächtigte bei dem Gespräch anwesend sein.

Nach der Behandlung – Einblick in die Akte

Der Patient hat nach Auskunft von Anja Lehmann von der Unabhängigen Patientenberatung generell das Recht, Einsicht in seine Patientenakte zu nehmen, alle Befunde in Augenschein zu nehmen und sich eine Kopie seiner vollständigen Akte ausstellen zu lassen. Es gibt nur zwei eng gesteckte Ausnahmen, die dem Patienten diesen Einblick verwehren können:

  • Es sprechen erhebliche therapeutische Gründe dagegen. Das kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn aufgrund der Kenntnis des Akteninhaltes ein Suizid droht.
  • Es sind erhebliche Rechte Dritter tangiert. Das kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn bei einer Behandlung von Minderjährigen, Hinweise über die Eltern in der Akte stehen, die das Kind nicht kennen soll.

Nach der Behandlung – Verdacht auf Behandlungsfehler

Vermutet der Patient, dass bei der OP ein Fehler passiert ist, so kann er unter Umständen Schadensersatzansprüche geltend machen. Dabei liegt die Beweislast beim Patienten. Er muss den Behandlungsfehler und den ihm daraus entstandenen Schaden beweisen.

Generell hat der Patient nach einer Behandlung, die in seinen Augen fehlerhaft abgelaufen ist, zwei Möglichkeiten:

  • Die Krankenkasse kann damit beauftragt werden, kostenlos ein medizinisches, unabhängiges Gutachten beim Medizinischen Dienst anzufordern.
  • Auch Schlichtungsstellen und Gutachterkommissionen bei den Ärztekammern können ein medizinisches Gutachten erstellen. In diesem Fall muss allerdings das Krankenhaus einwilligen.

Bestätigt das medizinische Gutachten einen Behandlungsfehler, kann der Patient an das Krankenhaus herantreten und eine außergerichtliche Einigung anstreben. „Allerdings sind die Gutachten der Krankenkasse oder der Ärztekammer nicht rechtsverbindlich, die Haftpflichtversicherung der Klinik muss darauf also nicht eingehen“, sagt Lehmann.

In diesem Fall bleibt dem Patienten nur der Weg der Klage. An dieser Stelle sollte man sich an einen Anwalt wenden. An die Unabhängige Patientenberatung Deutschland können sich die Patienten schon viel früher wenden, nämlich kurz nach der Behandlung, wenn sie einen Behandlungsfehler vermuten und noch gar nicht wissen, welche Möglichkeiten sie haben.

Hier bekommen Sie Hilfe

Die Unabhängige Patientenberatung Deutschland, die über Fördergelder finanziert wird und unabhängig agiert. Hier beraten Experten kostenfrei auf deutsch, türkisch, russisch oder arabisch.

Ist eine Klage der einzige Ausweg, kann man einen Prozess theoretisch auch ganz ohne Einkommen oder eigene finanzielle Mittel anstreben. Wenn man sich eine anwaltliche Beratung nicht leisten kann, kann man beim Amtsgericht einen Beratungshilfeschein beantragen. Damit kann man sich zunächst kostenfrei von einem Anwalt beraten lassen.

Sollte der Anwalt dann die Erfolgsaussichten eines Prozesses als hoch einstufen, kann man Prozesskostenhilfe beantragen. Dann werden Gerichts- und Anwaltskosten zunächst von der Staatskasse übernommen. Sollten sich die Einkommensverhältnisse nachträglich verbessern, kann es sein, dass man die Kosten im Nachhinein erstatten muss.

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Claudia Lehnen

Autorin

Claudia Lehnen wollte als Jugendliche Ärztin werden, entschied sich dann aber dafür, lieber über Medizin und Menschen und ihre Krankheits- und Genesungsgeschichten zu berichten. Die in Köln niedergelassene Journalistin, die im Tageszeitungs-Journalismus zu Hause ist, ist unter anderem auf das Themengebiet Gesundheit spezialisiert.