Retainer: Arten, Kosten und Pflege

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Die Zahnspange nach der Zahnspange: Wer den Erfolg einer kieferorthopädischen Behandlung nicht gefährden will, muss den Retainer bis an sein Lebensende tragen – zumindest nachts. Früher wurde die Nachbehandlung gerne mal vernachlässigt. Kieferspezialist Professor Wilmes erklärt, warum lebenslange Retention so wichtig ist, was Retainer kosten und wann die Krankenkasse die Kosten übernimmt.

Von Markus Düppengießer

Was ist ein Retainer?

Der Retainer kommt im Anschluss an eine kieferorthopädische Behandlung zum Einsatz. Zwar ist es nicht so, dass die Zähne zurückschnellen würden, sobald man die Spange aus dem Mund nimmt. Aber auf lange Sicht besteht das Risiko, dass die Zähne, die man in jahrelanger Therapie aus dem Schiefstand herausgeführt hat, langsam zurückwandern und der Aufwand zumindest teilweise für die Katz war. Die Retention wird eingesetzt, um das zu verhindern.

Wer braucht einen Retainer?

Jede und jeder, der eine Klammer getragen hat, sollte im Anschluss auch einen Retainer tragen. „Denn es besteht immer die Gefahr, dass die Zähne sich zurückbewegen. Meistens nicht hundertprozentig in den Ausgangszustand, aber in diese Richtung“, sagt Professor Benedict Wilmes, stellvertretender Direktor der Poliklinik für Kieferorthopädie an der Universität Düsseldorf.

Zumindest sieht man diese Gefahr heute. Lange Zeit sei die Notwendigkeit einer Retentionsphase von den Kieferorthopäden diskutiert worden, schreiben Kartal & Kaya dazu im Turkish Journal Of Orthodontics. Inzwischen sei man sich allerdings darin einig, „dass eine Retentionsphase für die Stabilität der kieferorthopädischen Behandlungsergebnisse unerlässlich ist“.

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Welche Arten von Retainern gibt es?

Ähnlich wie bei Zahnspangen unterscheidet man zwischen herausnehmbaren und festsitzenden Modellen. Spangen allerdings werden als aktive Hilfsmittel eingesetzt: Sie sollen die Position von Zähnen ändern, um eine Fehlstellung zu beheben. Deswegen hat die Art der Fehlstellung einen Einfluss darauf, zu welcher Spange man greift. Lesen Sie dazu auch unseren Artikel „Zahnspangen – verschiedene Arten im Vergleich“.

Das ist bei Retainern anders. Ihre Aufgabe ist eine vollständig passive. Statt eine Veränderung zu bewirken, sollen sie den erreichten Status quo erhalten. Dass etwas für die Retention getan wird, ist deutlich wichtiger als die Frage, wie das geschieht, sagt Professor Wilmes. Das gilt schon für die Wahl zwischen einem festen Retainer, der mit einem Kunststoffkleber an den Zähnen festgeklebt wird, und einem losen Retainer.

„Beides hat Vor- und Nachteile“, so Wilmes. Will man etwas Dauerhaftes im Mund, an das man sich hoffentlich bald gewöhnt hat? Oder kann man mit der Freiheit (und der Eigenverantwortung) umgehen, die eine flexible Lösung mit sich bringt? Was allerdings für den herausnehmbaren Retainer spricht, ist die Tatsache, dass man diesen nur nachts tragen muss. „Ansonsten ist das auch ein wenig Geschmackssache des Patienten.“

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Acrylschiene oder Zahnspange?

Ähnlich sei das mit der Frage, für welche Kategorie man sich gegebenenfalls bei den herausnehmbaren Retainern entscheidet: für eine Acrylschiene oder für eine klassische Zahnspange, die jetzt als Retainer genutzt wird. Es kann sich nämlich durchaus anbieten, seine Spange nach der aktiven Behandlung weiterzutragen, um die Position zu halten. Nachjustiert werden muss sie dann natürlich nicht mehr.

Die herausnehmbare Alternative aus durchsichtigem Acrylkunststoff wird auch Tiefziehschiene genannt. Äußerlich erinnert sie an sogenannte Aligner, die in den vergangenen Jahren populär geworden sind; allerdings sind sie keineswegs so teuer (siehe auch „Was kostet eine Zahnspange – für Kinder und für Erwachsene?“).

Tiefziehschienen haben kleine Unterschnitte, sodass die Schiene stabil im Mund liegt. Der Unterschied zwischen einer solchen Schiene und einer – passiv genutzten – Spange sei minimal, so Benedict Wilmes.

Wie pflegt man Retainer?

Bei der Pflege von Retainern sollte man ähnlich vorgehen wie bei Zahnspangen. Herausnehmbare Retainer sind leichter zu reinigen: Man hält sie unter Wasser, bestreicht die Zahnbürste mit Zahnpasta und schrubbt den Retainer sorgfältig ab – freilich ohne ihn zu zerbrechen.

Bei festen Retainern ist das schwieriger: Retainer wie Zähne lassen sich deutlich schlechter putzen. Kartal & Kaya machen im Turkish Journal Of Orthodontics sogar die Tendenz aus, „durch eine Schwächung der Mundhygiene parodontale Probleme zu verursachen“. Umso wichtiger ist hier der Einsatz von Zahnseide und Interdentalbürsten.

Wie lange sollte man Retainer tragen?

Die Antwort in der Kurzfassung: lebenslänglich. Früher kamen gelegentlich Faustformeln zum Einsatz wie: Retainer sollten mindestens so lange getragen werden, wie die aktive kieferorthopädische Behandlung gedauert hat. Das gilt nicht mehr. Ines Graf, Kieferorthopädin aus Köln, sagt: „Im optimalen Fall dauert die Retention ein Leben lang.“ Übrigens: Mehr zu dem Thema Kieferorthopädie bei Kindern finden Sie auch in unserem Beitrag „Problemzone Kiefer“.

Professor Wilmes sieht es genauso: „Die Retention dauert so lange, wie die Patientin und der Patient wollen, dass ihre Zähne gerade bleiben.“ Leider werde nie der Punkt erreicht, an dem man sagen könnte: Das bleibt jetzt so. Früher habe die Fachwelt das anders gesehen: „Man hat den Leuten irgendwann gesagt: Ihr braucht keine Retainer mehr. Das war ein Fehler.“ Zwar sinke mit der Dauer der Retention die Wahrscheinlichkeit, dass geradegerückte Zähne in die Ausgangsstellung zurückwandern. „Aber wir wissen aus Studien: Sie ist nie gleich null. Es gibt keine Regel, die besagt, dass drei, fünf oder zehn Jahre reichen.“

„Da die Kieferorthopädie nicht vorhersagen kann, welche Patienten rückfallgefährdet sind, welche stabil bleiben und in welchem Ausmaß es langfristig zu einem Rückfall kommen wird, muss der Behandler alle Patienten so behandeln, als ob sie ein hohes Rückfallrisiko hätten“, schreiben etwa Littlewood, Kandasamy und Huang. „Um dieses Risiko zu verringern, wird eine langfristige Beibehaltung der Behandlung empfohlen.“

Dies könne für Patientinnen und Patienten eine erhebliche Belastung darstellen, heißt es im Australian Dental Journal weiter, „weshalb die Retention und das Rückfallpotenzial ein wesentlicher Bestandteil des Einwilligungsprozesses vor einer kieferorthopädischen Behandlung sein müssen“. Die Behandelten trügen eine große Verantwortung: „Wenn Patienten nicht in der Lage oder nicht willens sind, sich an die Vorschriften zu halten, müssen sie sich damit abfinden, dass es nach der Behandlung zu Veränderungen der Zahnstellung kommen wird.“

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Was kosten Retainer?

Egal ob es sich um einen festsitzenden oder um einen herausnehmbaren Retainer handelt: Die durchschnittlichen Kosten liegen bei 200 bis 400 Euro, sagt Professor Wilmes. Wo in diesem Spektrum, darüber entscheiden Material, Art und Form der Apparatur. Ein einzelner Retainer ist damit deutlich preisgünstiger als eine „aktive“ Zahnspange.

Zu bedenken bleibt allerdings, dass Retainer kaputtgehen können. Das trifft zwar auch auf Zahnspangen zu. Aber je länger man den Retainer trägt, desto wahrscheinlicher wird es, dass er mal repariert oder ersetzt werden muss: „In der Mundhöhle herrschen raue Sitten“, so Wilmes. Retainer kommen schließlich mit Heißem wie Kaltem in Kontakt, mit unterschiedlichen Säuren und natürlich wird auf ihnen herumgebissen. Wenn es auch keine Faustformel für ihre Haltbarkeit gebe: Man muss damit rechnen, Retainer gelegentlich auszutauschen.

Wann zahlt die Krankenkasse den Retainer?

Hier kommt ein weiterer Unterschied zwischen herausnehmbaren und festsitzenden Retainern zum Tragen. Die gesetzliche Krankenversicherung übernimmt die Kosten der Behandlung mit einem losen Retainer – bis zum 18. Lebensjahr von Patient oder Patientin. Mit Erreichen der Volljährigkeit wird der Retainer eine Privatleistung, die der gesetzlich Versicherte selbst zu tragen hat.

Bei festen Retainern muss man unterscheiden. Ein fester Retainer im Oberkiefer wird nicht übernommen. Ein fester Retainer im Unterkiefer wird nur dann übernommen, wenn dort ein Engstand der Zähne von mindestens Grad 3 vorliegt, also mindestens eine „ausgeprägte Zahnfehlstellung“. Auch in diesem Fall gilt: nur bis zum 18. Lebensjahr.

Es können also Kosten entstehen, die selbst bezahlt werden müssen. Bei Kindern und Jugendlichen kommen dafür ja in der Regel die Eltern auf. Eine Möglichkeit, Kosten abzufedern, ist mit dem Tarif ZahnFlex.Kind eine private Zahnzusatzversicherung, die speziell auf die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen zugeschnitten ist.

Quellen:

  • Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen für die kieferorthopädische Behandlung (https://www.g-ba.de/richtlinien/28/)
  • Retention and relapse in clinical practice. Littlewood SJ, Kandasamy S, Huang G. Aust Dent J. 2017 Mar;62 Suppl 1:51-57. doi: 10.1111/adj.12475.
  • Fixed Orthodontic Retainers: A Review. Kartal Y, Kaya B. Turk J Orthod. 2019 Jun; 32(2): 110-114. doi: 10.5152/TurkJOrthod.2019.18080. Epub 2019 Jun 1. PMID: 31294414