Osteopathie für Kinder: die sanfte Behandlungsmethode

Babyfuß ruht in der Hand eines Erwachsenen.

Wenn Babys und Kinder unter Verdauungsstörungen, Fehlhaltungen, Schlafproblemen oder Kieferfehlstellungen leiden, ist die Osteopathie eine kindgerechte Alternative zur Schulmedizin. Sie wird als besonders schmerzfrei und sanft wahrgenommen. Denn ein Osteopath weiß, dass bereits ein leichter Druck an der richtigen Stelle heilend wirken kann. Er nimmt den Körper dabei wie ein Uhrwerk wahr: Alles steht miteinander in Verbindung und ist ständig in Bewegung. Wird dieser Fluss durch eine Erkrankung gestört, wird die Ursache mit Hilfe sanfter Berührungen gesucht. Auch Beschwerden wie Bauchschmerzen oder Anzeichen wie auffälliges Schreien, die in der Schulmedizin eine große Herausforderung darstellen und keinen eindeutigen Befund zulassen, können so gelöst werden. Erfahren Sie hier mehr über die Osteopathie und deren Möglichkeiten bei der Behandlung von Kindern.

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Wo die Osteopathie ihren Ursprung hat

Die Osteopathie gilt als die „Lehre der heilenden Hände“. Der Begriff selbst setzt sich aus den altgriechischen Worten für Knochen („osteon“) und Leiden („pathos“) zusammen. Entwickelt wurde die Heilmethode schon im 19. Jahrhundert von Andrew Taylor Still, einem Arzt aus Missouri, USA. Der Anlass für die Suche nach alternativen Heilmethoden war sehr traurig, denn Taylor hatte drei Kinder durch eine Entzündung der Rückenmarkshaut verloren.[1]

Andrew Taylor beschäftigte sich intensiv mit Muskeln und Sehnen, also den mechanischen Komponenten im Körper. Er wollte wissen, wie all diese Elemente zusammenhängen und welchen Einfluss sie auf unser Wohlbefinden haben. Schließlich fand er heraus, wie sich mit Hilfe von sanftem Druck auf Muskeln und Sehnen die körpereigene Selbstheilung aktivieren ließ. Mit der Zeit perfektionierte er seine Methode, sodass auch komplette Krankheitssymptome mit den Händen behandelt und geheilt werden konnten.

Der Körper als Einheit: So wirkt die Osteopathie bei Kindern

Heute, mehr als 100 Jahre nach Taylors Wirken, hat sich die Osteopathie in Europa als alternative und besonders sanfte Heilmethode etabliert – und zwar längst nicht nur für Erwachsene. Mittlerweile erkennt die Weltgesundheitsorganisation sie als offizielle alternative Therapieform an. Das bedeutet, die Osteopathie gilt als sicher, wirksam und von hoher Qualität.[2] Sie ist eine Therapieform, die zum Bereich der Naturheilkunde, speziell zu den Heilpraktikerbehandlungen, zählt. Traditionell gibt es drei große Anwendungsbereiche der Osteopathie:

  • Parietaler Bereich (gesamter Bewegungsapparat)
  • Cranio-sakraler Bereich (alles rund um Kopf und Rücken: Schädelknochen, Kreuzbein, Wirbelsäule)
  • Viszeraler Bereich (innere Organe)

Der Fokus liegt dabei auf der Wahrnehmung des menschlichen Körpers als untrennbare Einheit: Alle genannten Bereiche stehen in enger Wechselwirkung zueinander und sind miteinander verbunden. Das bedeutet, eine Spannung der Muskeln kann sich bei Ihrem Kind zum Beispiel negativ auf seine inneren Organe auswirken und Übelkeit verursachen. Diese ganzheitliche und intensive Betrachtung des Körpers ist vor allem bei Kleinkindern, die Ihnen nicht sprachlich mitteilen können, wo es weh tut, ein großer Vorteil.

Was macht ein Osteopath?

Der eigentlichen osteopathischen Behandlung geht immer eine ausführliche Anamnese voraus. Dabei wird die Krankengeschichte Ihres Kindes ausführlich aus allen Blickwinkeln betrachtet. Das Besondere an der osteopathischen Therapie besteht darin, dass lediglich die Hände zum Einsatz kommen. Maschinen und Geräte benötigt die Osteopathie nicht. Einzige Ausnahme: Die Behandlungsliege. Aus diesem Grund zählt diese Heilmethode auch zu den sanften Methoden.

Während der Osteopath seine kleinen Patienten untersucht, wird besonders das Gewebe in all seinen Schichten „ertastet“. Durch dieses sehr feinfühlige Tasten werden die Spannungen aufgespürt, die zu Beschwerden führen oder geführt haben. Dank spezieller Berührungstechniken werden die Spannungen von Sehnen oder Muskeln gelöst. Der Osteopath führt dabei alle Bewegungen sehr langsam und bedacht aus, es ist also ein schmerzfreies und sehr angenehmes Heilverfahren für Ihr Kind. Üblicherweise dauert dieser Teil der gesamten osteopathischen Behandlung nur eine Viertelstunde.

Erwachsener tastet den Kopf eines Babys ab.

In der Regel wird davon ausgegangen, dass vier Behandlungen zu einer deutlichen Verbesserung der Symptome führen sollten.[3] Die Häufigkeit der einzelnen Behandlungen hängt jedoch davon ab, wie akut die Beschwerden sind oder ob bereits eine chronische Erkrankung vorliegt.

Die einzelnen Behandlungssitzungen erfolgen in einem Abstand von zwei bis acht Wochen. Diese Zeitspanne ist wichtig, damit der Körper Ihres Kindes ausreichend Zeit hat, um sich auf die Veränderungen einstellen zu können.

Wie Osteopathie bei Kindern und Babys helfen kann

Schreit Ihr Baby viel, obwohl es ihm scheinbar an nichts fehlt und seine Grundbedürfnisse erfüllt sind, steht die Schulmedizin oftmals vor einem Rätsel. Ein klarer Befund ist meist unmöglich, da es unzählige Gründe für das starke Schreien gibt. Aus osteopathischer Sicht liegt die Ursache jedoch oft in Spannungen am Schädel oder an der Wirbelsäule des Babys, die eine Folge der Geburt sein können. Das bedeutet, ein Osteopath kann viele Erkrankungen oder Beschwerden durch alternative Methoden lösen, da er nicht das einzelne, oftmals offensichtliche Symptom behandelt, sondern nach dem Ursprungsproblem sucht. Besonders effektiv ist dies bei Neugeborenen und Babys, da ihre Knochen noch recht biegsam und nicht fest verwachsen sind.[4] Eine Spannung kann so leicht gelöst werden. Aber auch ältere Kinder profitieren von der ganzheitlichen Behandlungsmethode: Unerklärliche Kopfschmerzen, Haltungsprobleme oder Kieferfehlstellungen können gelöst werden.

Für die ganz Kleinen: Behandlung von Babys

Säuglinge haben im Vergleich zu älteren Patienten den „Nachteil“, dass sie sich noch nicht genau äußern können. Leidet Ihr Baby zum Beispiel verstärkt an Einschlafproblemen? Während die Schulmedizin bei derart unspezifischen Beschwerden oft keine konkreten Antworten hat, sieht die Osteopathie bereits die Geburt als erstes einschneidendes Erlebnis. Denn hier wirken unglaublich große Kräfte auf den Körper Ihres Babys ein. Diese Krafteinwirkung, aber auch bereits der Druck oder die räumliche Enge im Mutterleib, können verschiedene Dysfunktionen und Beschwerden auslösen. Besonders häufig resultieren Beschwerden aus verschobenen Schädelknochen bei der Geburt. Sie sind bei Säuglingen noch sehr beweglich und an der Fontanelle (Knochenlücke am Schädel) bei Babys zunächst noch nicht zusammengewachsen.

Die Osteopathie sieht den Zusammenhang zwischen den verschobenen Schädelknochen und Beschwerden darin, dass die Knochen auf Nervenstränge drücken und dieser Druck für Schmerzen sorgt. Diese Schmerzen können schließlich häufiges Erbrechen, Schreien oder Ängstlichkeit bei Säuglingen verursachen. Die folgenden Störungsbilder sind ebenfalls typisch für das Babyalter. Sie können mit guten Ergebnissen von einem Osteopathen behandelt werden.

  • KISS-Syndrom (Kopfgelenk-induzierte Symmetrie-Störung): Bauchkoliken, starkes Schreien und ein schiefer Hals zählen zu den Symptomen des KISS-Syndroms. Besonders auffällig ist die asymmetrische Neigung des Babys: Es möchte oft nur auf einer Seite liegen. Meist sind beengte Verhältnisse im Mutterleib die Ursache hierfür.
  • Rumpfasymmetrie: Hat Ihr Baby einen asymmetrischen Rumpf? Das kann sich auf alle Gelenke, die Muskulatur und auf die inneren Organe auswirken. Die Folge sind schmerzhafte Blockaden, die ein Osteopath ertasten und lösen kann.
  • Dreimonatskoliken: Hierbei handelt es sich um starke Bauchkrämpfe, die vor allem in den ersten drei Lebensmonaten auftreten können. Eine Blockade im Bereich der Brustwirbel kann der Übeltäter sein. Durch den sanften Druck einer osteopathischen Behandlung wird sie beseitigt.
  • Spucken oder Saug- und Schluckprobleme sind weitere Symptome, die durch eine ungünstige Lage im Mutterleib oder übermäßigen Druck auf den Kopf Ihres Babys entstehen können. Die Osteopathie kann auf sanfte Weise Abhilfe schaffen.

Osteopathie gegen Haltungsschäden

Auch bei älteren Kindern bietet die Osteopathie viele Behandlungsmöglichkeiten: Gerade wenn sich Ihr Kind im Wachstum befindet, kann das Gleichgewicht zwischen Muskeln und Sehnen durcheinander geraten und Haltungsschäden hervorrufen. Auch die Wirkung einer Geburt auf den gesamten Knochenapparat des Säuglings kann eine konstante Fehlhaltung hervorrufen. Spätfolgen bis ins Erwachsenenalter sind die Folge. So können zum Beispiel Migräne, chronische Rückenschmerzen oder Nervenschäden aus osteopathischer Sicht die Ursache frühkindlicher Traumata sein.

Im Rahmen einer osteopathischen Therapie können Traumata bei der Geburt oder schon entstandene Haltungsschäden im Kindesalter schonend behoben werden. Die Schulmedizin steht bei Befunden wie

  • einer Wirbelsäulenasymmetrie,
  • einem Schiefhals,
  • einer Schädelasymmetrie,
  • einer Skoliose (Wirbelsäulenverkrümmung),
  • oder einer Hüftdysplasie (Fehlstellung der Verknöcherung des Hüftgelenks)

vor großen Herausforderungen. Es gibt zwar vielversprechende Behandlungsansätze, aber aktuell ist in den meisten Fällen keine Heilung möglich, da die eigentliche Ursache nicht bekannt ist. Die Osteopathie kann Ihrem Kind bei diesen Befunden jedoch frühzeitig und nachhaltig helfen und viele Beschwerden lindern.

Die Hände einer Frau halten den Hinterkopf eines liegenden Mädchens.

Hilfe bei kieferorthopädischen Befunden

Der Kiefer von drei- bis zehnjährigen Kindern verändert sich sehr stark. In diesem Zusammenhang und auch als Folge kieferorthopädischer Behandlungen können die Spannungen an Bändern und Muskeln im Kieferbereich ansteigen. Das kann bei Ihrem Kind letztlich zu Kopfschmerzen und Nackenverspannungen führen. Durch die ganzheitliche Betrachtung des Körpers im Sinne der Osteopathie können direkte Zusammenhänge zwischen kieferorthopädischer oder zahnärztlicher Behandlung hergestellt werden. Als Begleitbehandlung, also in Ergänzung zur schulmedizinischen Betreuung bei einem Kieferorthopäden oder Zahnarzt, kann die Osteopathie schon früh Spannungen lösen, die später zu starken Schmerzen oder letztlich sogar zu Fehlstellungen oder Konzentrationsproblemen führen können.

Bauchschmerzen & Co: Osteopathie bei Krankheiten der inneren Organe

Leidet Ihr Kind oft an Bauchschmerzen? Für Schulmediziner sind derartige Beschwerden häufig eine sehr große Herausforderung, sodass sich meist kein eindeutiger Befund definieren lässt. Im Rahmen einer osteopathischen Sitzung können die inneren Organe ebenfalls untersucht werden (viszeraler Bereich). Dabei lassen sich häufig mögliche Ursachen für Bauchschmerzen finden. Durch das Animieren des Bindegewebes (Faszien) kann ein Osteopath schließlich die Beweglichkeit der inneren Organe verbessern und die Schmerzen Ihres Kindes lindern. Anwendung findet die Osteopathie hier bei Koliken, Untergewicht, häufigem Übergeben oder Verstopfung (Obstipation).

Was kostet eine osteopathische Behandlung meines Kindes?

Die Basis für die Höhe der Gebühren einer osteopathischen Behandlung bildet in der Regel das Gebührenverzeichnis für Heilpraktiker (GebüH). Das GebüH listet empfohlene Höchstsätze für alle gängigen Behandlungen der Naturheilkunde auf. Es handelt sich hierbei um das Ergebnis einer Umfrage, bei der in Deutschland niedergelassene Heilpraktiker nach ihrem Honorarrahmen gefragt wurden. Deshalb ist das GebüH auch nicht verpflichtend, sondern lediglich eine Orientierungshilfe: Im Gegensatz zu einem Schulmediziner kann ein Heilpraktiker unabhängig von den Richtlinien ein frei gewähltes Honorar für seine Behandlung verlangen. Das GebüH ist dennoch eine hilfreiche Orientierung und erleichtert Ihnen die Einschätzung der Kosten. Ein gängiger Satz für eine osteopathische Behandlung des Unterkiefers liegt zum Beispiel bei 7,50 bis 15,50 Euro. Eine Behandlung der Schultergelenke würde dagegen meistens zwischen 15,40 und 26,00 Euro kosten.[5]

Eine Behandlungssitzung besteht jedoch nicht nur aus der osteopathischen Behandlung – auch das ausführliche Anamnesegespräch und die Untersuchung vor der Behandlung gehören dazu und müssen bei den Kosten berücksichtigt werden. Das Honorar für eine Beratung einschließlich einer kurzen Untersuchung kann beispielsweise bei 8,20 bis 20,50 Euro liegen.[6]

Grundsätzlich kann keine allgemeine Aussage darüber getroffen werden, ob Krankenkassen die Leistungen eines Osteopathen erstatten. Es gibt hier keinen Standard. Dies liegt in erster Linie daran, dass es kaum wissenschaftliche Studien gibt, die den Erfolg alternativer Heilmethoden belegen. Allerdings haben Sie vor allem bei privaten Krankenkassen oder privaten Zusatzversicherungen die Möglichkeit, eine teilweise Übernahme der Kosten in Anspruch zu nehmen. Diese Leistungen sind jedoch immer tarifabhängig, eine standardisierte Heilpraktiker-Versicherung gibt es nicht. Die private Zusatzversicherung der Envivas im Tarif StarterPlus für Kinder trägt beispielsweise bis zu 80 Prozent der Kosten für osteopathische Behandlungen bis zu einer Höhe von 1.000 Euro im Zeitraum von zwei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren, wenn ein Heilpraktiker die Behandlung durchführt.

Auf die Wahl des Arztes achten

Der Begriff Osteopath ist in Deutschland außerhalb von Hessen nicht gesetzlich geschützt. Letztlich darf sich jeder Heilpraktiker oder Physiotherapeut so nennen, auch wenn er nur einen Lehrgang dazu absolviert hat. Empfehlenswert ist es deshalb, auf die geschützte Bezeichnung „Diplomierter Osteopath“ (D.O.) zu achten. Dieses Zertifikat erhalten nur Osteopathen, die eine fünfjährige Ausbildung an der Internationalen Akademie für Osteopathie in Gent, Belgien, durchlaufen haben.

Sinnvolle Anlaufstellen zum Auffinden guter Osteopathen sind folgende Organisationen:

Besonders auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für Kinderosteopathie finden Sie hilfreiche Informationen und weiterführende Links, wenn Sie auf der Suche nach einer passenden Behandlungsmöglichkeit für Ihr Kind sind.

Quellennachweise

  1. Alle Angaben vgl. Christoph Newiger, Sanftes Heilen mit den Händen, Georg Thieme Verlag 2005.
  2. Vgl. Benchmarks der WHO bzgl. Qualitätsstandards einer osteopathischen Ausbildung sowie Bewertung der Osteopathie als alternatives medizinisches Verfahren, http://apps.who.int/iris/bitstream/10665/44356/1/9789241599665_eng.pdf, abgerufen am 13.03.2018.
  3. Bundesvertretung der Osteopathen in Deutschland, Behandlung, http://www.osteopathie.de/osteopathie-behandlung, abgerufen am 13.03.2018.
  4. WOHO, Osteopathic Treatment for Baby, http://www.woho.org/reasons-to-consider-cranial-osteopathic-treatment-for-your-baby/, abgerufen am 13.03.2018.
  5. Vgl. Heilpraktikergebührenordnung, http://www.heilpraktiker.org/files/seiteninhalt/inhaltsseiten/c_fuer_heilpraktiker/cf-fuer-mitglieder-intern/cf-02-versicherungsfragen/cf-02-01-01-gebueh-85-2002-final.pdf, abgerufen am 13.03.2018.
  6. Ebd.