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Kinder und Medikamente – Tipps für die richtige Anwendung

Bei vielen Krankheiten wie Erkältungen und anderen Virusinfektionen ist ein Griff in den Medizinschrank nicht notwendig und Eltern können auch auf Hausmittel zurückgreifen. Manchmal brauchen jedoch auch Kleinkinder und Säuglinge Medikamente – etwa bei hohem Fieber, bakteriellen Infektionen oder chronischen Erkrankungen. Doch wie bekommen wir als Eltern und Bezugspersonen die „bittere Medizin“ in die kleinen Körper? Hier geben wir einen Überblick über altersgerechte Arzneiformen, die richtige Anwendung und Tipps, wie wir es für die Kleinen sicherer und angenehmer machen können.

Arzneimittel, die Eltern zuhause am häufigsten einsetzen, sind fiebersenkende Medikamente. Bei bestimmten durch Bakterien bedingten Infektionen, wie zum Beispiel bei einer eitrigen Mittelohrentzündung oder Mandelentzündung, verschreibt der Kinderarzt oder die Kinderärztin auch Antibiotika, bei denen eine vorschriftsmäßige Einnahme besonders wichtig ist. Chronisch kranke Kinder benötigen unter Umständen auch verschreibungspflichtige Medikamente, die eigentlich nur für Erwachsene zugelassen sind.

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Was sollte man bei Fieber tun?

Hat das Kind Fieber, sollte man regelmäßig (3-mal täglich) die Temperatur messen und sich die Werte notieren. Bei einer leicht erhöhten Temperatur sind noch keine fiebersenkenden Maßnahmen notwendig. Erst ab einer Körpertemperatur von 38,5°C kann an fiebersenkende Maßnahmen gedacht werden, wenn das Kind einen deutlich kranken Eindruck macht.

TemperaturMaßnahmen
< 38,5 °CEs sind keine fiebersenkenden Maßnahmen notwendig.
> 38,5 °C

Bei solch hohem Fieber sollte immer ein Arzt/eine Ärztin kontaktiert werden und fiebersenkende Maßnahmen sind notwendig. Einfache Maßnahmen gegen Fieber sind zum Bespiel:

  • Wadenwickel
  • feuchter, lauwarmer Waschlappen auf die Stirn
  • viel trinken, damit der Körper nicht austrocknet

Fiebersenkende Medikamente: Nach der richtigen Dosierung sollte der Kinderarzt/ die Kinderärztin oder der Apotheker/ die Apothekerin gefragt werden.

Welche Verabreichungsformen gibt es, und was sind die jeweiligen Vorteile?

Tropfen und Saft

Für kleine Kinder werden viele Medikamente als Tropfen, Säfte oder Sirup angeboten. Bei dieser Verabreichungsform ergibt sich allerdings häufig das Problem, dass der unangenehme Geschmack des Wirkstoffs nicht wie bei einer Tablette umgangen werden kann, erklärt die Fachärztin für Kinderheilkunde Dr. med. Viviane Klingmann von der Uniklinik Düsseldorf.

Die Medikamente werden dann oft von den Kleinen wieder ausgespuckt oder von vornherein abgelehnt. Um das zu vermeiden, sind viele der Präparate zusätzlich gesüßt oder enthalten andere Geschmacksstoffe. Trotzdem kann es oft schwierig sein, die Flüssigkeiten mit einem Löffel zu verabreichen, wenn der Geschmack die kleinen Patienten Reißaus nehmen lässt oder sogar zum Würgen veranlasst.

Ein Nachteil von Saft, der nicht wie Tropfen direkt mit der Pipette abgemessen und verabreicht werden kann, ist die erschwerte Dosierung, da bei dickflüssigem Saft Reste im Messbecher verbleiben können und die Striche auf dem Messbecher oder -löffel nicht immer eindeutig erkennbar sind. In Studien hat sich gezeigt, dass es bei sehr vielen Anwendungen von Saft oder Sirup zu Dosierungsfehlern kommt, sagte Dr. Klingmann.

Minitabletten

Eine alternative Verabreichungsform für Kinder sind sogenannte Minitabletten, die 2 bis 3 mm groß sind. Diese können gewöhnlich auch schon von ganz kleinen Kindern und selbst von Neugeborenen völlig problemlos geschluckt werden. Das macht nicht nur die Dosierung einfacher, genauer und sicherer, sondern auch der unangenehme Geschmack kann dabei umgangen werden. Die Kinder können die kleinen Tabletten einfach mit ihrem Lieblingsgetränk, Joghurt oder Brei schlucken – oder auch Muttermilch hinterher trinken.

Zurzeit wird intensiv daran gearbeitet, möglichst viele in der Kinderheilkunde eingesetzte Medikamente in dieser leicht anzuwendenden Verabreichungsform anzubieten, die von vielen Eltern als vorteilhaft angesehen wird.

Granulat

Einige wenige Medikamente für Kinder werden auch in Form eines Granulats angeboten, das direkt auf die Zunge oder mit einem Löffel in den Mund gegeben werden kann. Im Anschluss wird dann etwas Flüssigkeit gegeben (beispielsweise Wasser oder Muttermilch), mit der das Granulat zusammen geschluckt wird.

Alternativ kann das Granulat auch in Brei eingerührt werden. Wichtig dabei ist es, sich immer an den Kinderarzt oder die Kinderärztin zu wenden, um sicherzugehen, dass die jeweilige Anwendung und Kombination die Wirkung des Medikamentes nicht beeinträchtigt.

Zäpfchen

Viele Medikamente, zum Beispiel Schmerzmittel oder fiebersenkende Mittel, werden für Kleinkinder als Zäpfchen angeboten. Diese Verabreichungsform bietet sich an, da sie den Weg über Mund und Magen umgeht und die Wirkstoffe direkt über die Darmschleimhaut in das Blut aufgenommen werden. Häufig ist die Anwendung allerdings für die Kleinen eher unangenehm.

Um die Gabe von Zäpfchen zu erleichtern, ist es besonders wichtig, dass die Eltern oder Bezugspersonen dabei entspannt und routiniert sind. Außerdem kann das Zäpfchen noch in der Verpackung etwas in den Händen angewärmt werden, damit es leichter eingeführt werden kann und das Kind es weniger spürt. Auch ein wenig Creme auf der Spitze erleichtert das Einführen.

Auch zu beachten ist, dass Zäpfchen immer mit der spitzen Seite zuerst in den Enddarm eingeführt werden müssen, da sie sonst leichter wieder herausrutschen können. Die Pobacken sollten nach dem Einführen etwas zusammengehalten werden, damit das Zäpfchen nicht gleich wieder herausgedrückt wird.

Tipps und Tricks: Wie kann man die Verabreichung für Eltern und Kinder erleichtern?

Die Dosierspritze

Mit einer nadellosen Dosierspritze lassen sich flüssige Medikamente sehr gut an Kleinkinder und Säuglinge verabreichen. Dabei wird nicht nur der unangenehme Geschmack umgangen, sondern auch die Dosierung ist einfacher und genauer.

Und so geht es am besten:

  1. Das Kind zuerst aufgerichtet im Arm halten oder hinsetzen
  2. Ein Streicheln über die Wange hilft, damit das Kind den Mund öffnet
  3. Die Spritze langsam in den Mund einführen und das Medikament in die untere Wangentasche hinter die Backenzähne spritzen
  4. Um das Schlucken nach der Medikamentengabe zu fördern, kann zusätzlich ein sanftes Streicheln unterm Kinn helfen

Mischen mit Saft oder Pudding

Einige Medikamente können auch mit Tee, Saft oder Muttermilch – oder bei älteren Kindern auch mit Joghurt und Pudding o.ä. – vermischt werden, um den Geschmack abzumildern. Auch hier sollte immer mit der Kinderärztin oder dem Kinderarzt abgesprochen werden, ob so ein Vorgehen für das jeweilige Medikament geeignet ist oder womöglich die Wirkung beeinträchtigt.

Medikamente gekühlt einnehmen

Auch das Aufbewahren der Medikamente im Kühlschrank ist ein guter Trick, um den bitteren Schluck erträglicher zu machen. Durch die Kälte werden die Geschmacksnerven leicht betäubt und die Intensität des Geschmacks gemildert.

Kinder sind keine halben Erwachsenen – mögliche Fehlerquellen

Bei der Gabe von Saft oder Sirup ist es vor allem die fehlerhafte Dosierung, so Dr. Klingmann. Spuckt das Kind den Saft wieder aus, darf keinesfalls noch einmal die gesamte Dosis gegeben werden, da ein Teil meist schon geschluckt wurde. Zäpfchen sollten niemals durchgebrochen und halbiert werden, da keine gleichmäßige Wirkstoffverteilung gewährleistet werden kann.

Ein weiterer Fehler wäre es, Tabletten für Erwachsene einfach zu zerbrechen und den Kindern in halber Dosierung zu geben. Die Dosierung der Wirkstoffe erfolgt bei Kindern nach Körpergewicht und folgt nicht der Regel „halbe Größe – halbe Tablette“.

Zudem können einige bei Erwachsenen harmlose Medikamente wie zum Beispiel Acetylsalicylsäure (ASS) bei Kindern schwerwiegende Nebenwirkungen hervorrufen. Auch bei Säften für Erwachsene (z.B. Hustensaft, pflanzliche Mittel) ist Vorsicht geboten, da sie häufig für Kinder schädliche Zusatzstoffe wie zum Beispiel Alkohol enthalten.

Als weiteren Fehler nennt Frau Dr. Klingmann, den Kindern die Medikamente als „Leckerei“ verkaufen zu wollen. Schon kleinen Kindern sollte klargemacht werden, dass es sich um Medikamente handelt, die sie wieder gesund machen sollen und die man nur zu diesem Zweck einnimmt.

Natürlich müssen auch alle Medikamente außerhalb der Reichweite von Kindern aufbewahrt werden, um eine versehentliche Einnahme mit Vergiftung auszuschließen.

Studien zu Kinderarzneien

Seit 2007 gilt eine EU-Verordnung, nach der die Zulassung von Arzneimitteln auch für Kindern erforderlich ist. Langfristiges Ziel ist es, alle in der Kinderheilkunde relevanten Medikamente auch in dieser Altersgruppe zu prüfen und kindgerechte Verabreichungsformen zu entwickeln. Trotzdem sind zurzeit noch viele bei Kindern eingesetzte Medikamente eigentlich nur für Erwachsene zugelassen. Dies gilt vor allem für Neugeborene und für im Kindesalter eher seltene Erkrankungen.

Ist die Gabe eines „Erwachsenenmedikaments“ dringend erforderlich, kontaktieren die verschreibenden Kinderärzte/Ärztinnen oft eine Apotheke, die dieses Medikament dann in kindgerechter Dosierung (z.B. als Saft oder Pulver) zubereitet und an die Patienten abgibt. Ansonsten müssen sich die Eltern hier bei der Dosierung streng nach den ärztlichen Anweisungen richten.

Quellen:

Dieser Artikel wurde von Dr.med. Viviane Klingmann als Expertin unterstützt.

Dr.med. Viviane Klingmann

Maria Weiß

Medizinjournalistin

Maria Weiß hat ihr Medizinstudium 1984 mit der Approbation abgeschlossen. Seitdem arbeitet sie freiberuflich als Medizinjournalistin für verschiedene Fachverlage. Mit ihrer 30-jährigen Berufserfahrung deckt sie im Prinzip alle medizinischen (und zum Teil auch gesundheitspolitischen) Themen ab. Dennoch haben sich im Laufe der Jahre einige Spezialgebiete herauskristallisiert. Dazu gehören Endokrinologie/Diabetes, Gynäkologie, Gastroenterologie, Rheumatologie, Chirurgie und Kardiologie. Teil ihrer Arbeit ist der regelmäßige Besuch von Kongressen und damit verbunden die Kongressberichterstattung, so dass sie sich bei allen begleiteten Themen immer auf dem neuesten Stand hält.