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Dickmacher Schokolade? Dunkle Tafeln sollen sogar heilsam sein

Schokolade gilt als Dickmacher und Zuckerbombe. Mit einem gesunden Lebensstil scheint sie geradezu unvereinbar zu sein. Wer zu dunkler Schokolade greift, kann mit der kulinarischen Sünde aber durchaus einen Beitrag zu seinem körperlichen Wohlbefinden leisten. Kakaopulver und Co. sollen unter anderem das Herz schützen und den Körper mit stimmungsaufhellenden Stoffen versorgen. So macht dunkle Schokolade nicht nur gesund, sondern auch glücklich.

Wem früher Blase oder Niere schmerzten, der schleppte sich zur Apotheke und verlangte nach Kakao. Das kostbare Gut aus der südamerikanischen Bohne galt als apothekenpflichtig, schmeckte eher sauer und bitter und wurde als Heilmittel bei diversen Leiden eingesetzt. Schon die Mayas und Azteken brauten daraus den würzigen und stärkenden Trank Xocoatl.

Der positive Schwenk zum Genussfaktor deutete sich beim spanischen Adel im 16. Jahrhundert an. Hier vermischte man die Bohne mit Honig und servierte sie als Modegetränk für die Reichen. Nur die obersten Schichten konnten sich diesen Luxus leisten. Auch am Hof von Versailles ließ man sich den süßen Trunk schon schmecken.

Der Durchbruch zur essbaren Süßigkeit gelang erst im 19. Jahrhundert. Der niederländische Apotheker Coenraad van Houten erfand 1828 eine hydraulische Presse, mit der er die Kakaobutter von der Bohne trennen konnte. Damit legte er den Grundstein für die erste Tafelschokolade, die 1847 in England gegossen wurde. Der Apotheken-Kakao wurde mit reichlich Zusatz von raffiniertem Zucker zum Genussmittel. Die beigemischte Süße verwandelte den eigentlich gesunden Grundstoff aber auch in einen Dickmacher.

Dunkle Schokolade enthält vergleichsweise wenig Zucker

Die heilende Wirkung hat die Kakaobohne dennoch bis heute erhalten. Die gute Nachricht: Schlauen Konsumenten gelingt es, den Gesundheitseffekt mitzunehmen, ohne auf den Genuss verzichten zu müssen. Am besten klappt der Spagat durch den Griff zu dunkler Schokolade, wie Julia Moser (www.chocolia.de), Chocolatier und Schokoladensommelière aus dem Bergischen Land, zu berichten weiß.

„Dunkle Schokolade mit einem hohen Kakaoanteil enthält viel gesunden Kakao und weniger ungesunden Zucker als Milchschokolade.”

Und Bitterschokolade wird immer beliebter. Zwar ist Deutschland immer noch ein Milchschokoladeland. Aber der Anteil der verkauften Bitterschokoladenprodukte wuchs in den vergangenen Jahren laut Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie auf knapp 20 Prozent an. Das liegt auch daran, dass dunkle Schokolade häufig aus höherwertigem Kakao hergestellt wird, das Aroma dadurch vielfältiger und anspruchsvoller ist.

Der Clou: Dunkle Schokolade mit einem hohen Kakaoanteil enthält viel gesunden Kakao und weniger ungesunden Zucker als Milchschokolade. Gerade bei dunkler Schokolade ist der Zuckeranteil außerdem gut zu berechnen, da sie oft nur zwei Zutaten enthält: Kakao und Zucker. „Eine dunkle Schokolade mit 80 Prozent Kakao enthält also den vergleichsweise niedrigen Zuckergehalt von 20 Prozent“, sagt Moser. Der tägliche Genuss von ein oder zwei Stücken sei deshalb aus Mosers Sicht gesundheitlich unbedenklich.

Freilich macht auch bei der dunklen Süßigkeit die Menge den Unterschied. Dunkle Schokolade schmeckt durch den niedrigen Zuckergehalt leicht bitter und intensiv aromatisch. Und: Sie hat einen gesundheitsfördernden Effekt. Denn sie bringt nicht das riskante Geschmacks-Karussell in Gang, anders als süße Milchschokolade. „Wer stark zuckerhaltige Süßigkeiten isst, der isst davon nicht nur zu viel, sondern braucht danach als Ausgleich auch oft wieder etwas Salziges“, sagt Moser. Und anschließend wieder etwas Süßes.

„Dunkle Schokolade bringt nicht das riskante Geschmacks-Karussell aus süß, dann salzig, dann wieder süß in Gang.”

Die Spirale sei geeignet, sich immer höher und höher zu schrauben. Das Ergebnis: Völlerei mit viel zu hoher Kalorienzufuhr und nicht selten auch ein verdorbener Magen. Der Genuss von dunkler Schokolade befriedige dagegen den Appetit auf Süßes vergleichsweise schnell: „Während Milchschokolade durch den hohen Zuckergehalt und die cremige Textur oft zum übermäßigen Stressessen verleitet, reicht unserem Gaumen bei dunkler Schokolade oft der Genuss von zwei oder drei Stücken.“

Das vielfältige Aroma führt zu Genuss statt Stressessen

Und auch der Zeitfaktor spiele beim Genuss der dunklen Schokolade eine Rolle. Denn der wahre Luxus, so sagt Moser, sei ja weniger der Wert des Schokoladenprodukts an sich. Es ist die Zeit, die man sich selbst schenkt, um das Essen zu zelebrieren. „Bei dunkler Schokolade mit ihrem sehr intensiven Aroma nehmen wir uns häufiger mehr Zeit, setzen uns gemütlich für zehn Minuten hin und genießen ganz bewusst den Geschmack, statt eine Tafel Milchschokolade nebenbei und achtlos bei der Arbeit am Rechner zu verschlingen.“

„Es ist gar nicht so, dass sie nur Milchschokolade mögen. Sie sind diese nur gewohnt, weil die allermeisten Kinderprodukte daraus bestehen”
Moser

Es gibt aber auch für die Liebhaber von zuckrigem Schmelz eine Rettung aus dem Geschmacks-Karussell, denn auch sie sind für die Geheimnisse dunkler Schokolade keineswegs verloren, sagt Moser. Wer bislang stark gesüßte Noisette-Varianten bevorzuge, der könne nach und nach Schokolade mit immer etwas höherem Kakaogehalt in seine Süßigkeitenroutine integrieren, den Zuckergehalt also langsam herunterfahren. Auch Kinder könne man so gut an die gesündere Variante der dunklen Schokolade gewöhnen.

„Es ist gar nicht so, dass sie nur Milchschokolade mögen. Sie sind diese nur gewohnt, weil die allermeisten Kinderprodukte daraus bestehen“, sagt Moser. Dabei müsse man es auch nicht übertreiben und am Ende bei 90-prozentiger Backschokolade landen. „Meine Lieblingssorte hat 70 Prozent Kakao. Mit diesem Anteil ist der Schmelz noch sehr zart, ab 80 bis 90 Prozent wird das Produkt schon etwas trocken und rauer“, sagt Moser.

In Maßen genossen ist Schokolade auch heute noch geeignet, Körper und Geist gesund zu halten. „Die Kakaobohne ist ein regelrechtes Superfood“, sagt Moser. Und das liegt nicht nur daran, dass sie neben Fett und Kohlenhydraten auch Magnesium, Kalium, Eisen, Zink, Kupfer und Mangan enthalte. Die Chemie des Gesundmachers Kakao ist weit komplexer.

Kakaobohne als Stärkungsmittel für das Herz

Chemiker im 19. Jahrhundert entschlüsselten die Struktur der Bohne erstmals genauer und fanden heraus, dass der Genuss von Kakao den Körper auch mit Theobromin versorgt. Ein Stoff, der entwässernd wirkt, die Gefäße erweitert und das Herz stärkt. Zudem wird ihm laut Moser ein aufputschender und euphorisierender Effekt ähnlich dem von Koffein zugeschrieben. Nach einer amerikanischen Studie kann der Genuss von Schokolade dadurch das Risiko von Präeklampsie, also Schwangerschaftsvergiftung, senken.

„Kakaobutter enthält erhebliche Mengen an Vitamin D. Es wird deshalb auch als UV-Schutz in Kosmetikprodukten verwendet.”

Aber auch wer an Asthma oder Husten leidet, könnte von Theobromin profitieren. Da es die glatte Bronchialmuskulatur entspannt und die Schleimsekretion fördert, wurde es früher Experten zu Folge auch zur Asthmatherapie eingesetzt. Es besitzt zudem eine den Hustenreiz unterdrückende Wirkung.

Trennt man Kakao in seine Bestandteile, so erhält man Kakaobutter und Kakaopulver. Die Kakaobutter enthält laut Studien erhebliche Mengen an Vitamin D. Es wird deshalb auch „als UV-Schutz in Kosmetikprodukten verwendet“, sagt Moser.

Weniger stark gerösteter Kakao enthält mehr gesunde Inhaltsstoffe

Kakaopulver, also der trockene Anteil der Bohne, enthalte zudem Polyphenole, die antioxidativ wirken, den Blutdruck senken und somit vor Herz-Kreislauferkrankungen schützen. Am günstigsten sei der Anteil der Polyphenole im Edelkakao, der schonender geröstet ist als Industriekakao.

Teure Schokolade sei deshalb aus gesundheitlichen Gründen der günstigen Supermarktware vorzuziehen. „Industriekakao wird häufig sehr stark geröstet, um die Haltbarkeit zu steigern und Lagerschäden und Fehlaromen auszugleichen. Dabei werden aber auch gesunde Inhaltsstoffe zum Teil zerstört“, sagt Moser.

„Etwas Schokolade hebt die Stimmung, verbessert die Gedächtnisleistung und kann sogar gegen Schlafstörungen helfen.”

Glücklichmacher Schokolade

Aber nicht nur der Körper profitiert vom Schokoladengenuss. Auch die Seele hat etwas vom gelegentlichen Naschen der zartbitteren Sorte. „Das liegt daran, dass Kakao ebenso wie zum Beispiel Cashew-Kerne Tryptophan enthält, das ist eine essenzielle Aminosäure, die den Ausstoß des Glückshormons Serotonin im Körper auslöst“, sagt Moser. Die Folge: Etwas Schokolade hebt die Stimmung, verbessert die Gedächtnisleistung und kann sogar gegen Schlafstörungen helfen.

Generell könne Genuss an sich ein Gesundheitsbooster sein, sagt Moser. „Die Freude, die man mit dem Essen eines Stücks Schokolade verbindet, macht uns glücklich und trägt zu einer höheren Lebensqualität bei.“