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Entgiftung? So bringen Sie Ihren Körper in Schwung!

Die Werbung lockt mit sogenannten Entgiftungskuren im Frühjahr. Doch Vorsicht: Detox ist ein Mythos. Stattdessen empfiehlt der renommierte Berliner Chefarzt für Naturheilkunde, wie man einfach und kostengünstig mit Fastentagen und Bewegung im Alltag den natürlichen Selbstreinigungsprozess in unserem Körper ankurbeln kann.

Zeit für einen Frühjahrsputz im Körper? Detox heißt das vermeintliche Zauberwort für Wohlbefinden und Gesundheit. Detox ist die Abkürzung für das englische Wort Detoxification und bedeutet Entgiftung. Aber müssen wir tatsächlich entgiften? „Der Begriff ist irreführend. Er suggeriert, dass wir vergiftet sind, und das sind wir nicht“, sagt Prof. Michalsen, Chefarzt der Abteilung Naturheilkunde im Immanuel Krankenhaus Berlin, Standort Berlin-Wannsee.

Dazu komme: Es gebe nach wissenschaftlichen Erkenntnissen gar keine Gifte oder „Schlacken“ im Körper, also schädliche Ablagerungen, die sich ansammeln würden und man ausschwemmen müsse. Die klaren Worte des renommierten Experten und Autors zahlreicher Bücher zur Naturheilkunde entlarven Detox als Mythos.

Vorsicht vor Detox-Produkten

Das Gleiche gilt für die Palette an sogenannten Kapseln, Pulvern und Tees, die den Körper von innen reinigen sollen. Sie enthalten in der Regel lediglich Bestandteile, die entwässernd wirken und oft auch gut für den Stoffwechsel oder entzündungshemmend sind – aber eben nicht entgiftend. Dazu gehören zum Beispiel Wacholderbeeren, Brennnessel, Schachtelhalm, grüner Hafer oder Löwenzahn. „Die sogenannte Entgiftung mit Detox-Produkten ist eine Marketingmasche der Anbieter“, erklärt Prof. Michalsen.

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Der Körper reinigt sich selbst

Wir benötigen kein Detox. Denn der Körper selbst übernimmt eine natürliche Reinigung von Schadstoffen, die über die Nahrung und Umwelt aufgenommen werden. Dabei laufen zwei Reinigungsprozesse im Organismus ab. Einen übernehmen im Wesentlichen die Leber, der Magen und Darm sowie die Nieren. Die wichtigste Aufgabe hat dabei die Leber. Sie wandelt alle Stoffe, die sie nicht verwerten kann, um und befördert diese mithilfe von Gallenflüssigkeit über den Darm oder die Nieren nach außen.

„Autophagie ist eine Art zellinterne „Müllabfuhr“, die essenziell ist, damit Zellen gesund sind und gut funktionieren.”

Das Säure-Basen-Gleichgewicht im Körper, das nötig ist, damit alle Prozesse gut ablaufen, regulieren Lunge und Niere. Den zweiten Prozess, die feinstofflichen Reinigungsarbeiten, übernehmen die Zellen im Körper. Der Mechanismus, mit dem sich Zellen unter anderem von Krankheitserregern, fehlerhaften Proteinen, schadhaften oder alten Zellorganellen entledigen, heißt Autophagie. Es handelt sich dabei um eine Art zellinterne „Müllabfuhr“, die essenziell ist, damit Zellen gesund sind und gut funktionieren.

So können Sie die „Müllabfuhr“ Ihrer Körperzellen unterstützen: Und zwar mit Spermidin, einer körpereigenen Substanz, die auch in vielen Nahrungsmitteln wie zum Beispiel Weizenkeimen, Soja, Erbsen oder Pilzen enthalten ist. Ein internationales Forscherteam, geleitet von der Medizinischen Universität Innsbruck, konnte vor Kurzem nachweisen, dass Menschen, die Spermidin mit der Nahrung aufnehmen, möglichweise sogar länger leben. Auch gibt es Hinweise, dass es vorbeugend gegen Demenz wirkt. Für die Einnahme von Spermidin werden Weizenkeimextrakte mit einer Tagesdosis von 3 mg Spermidin empfohlen.

Fasten regt „Müllabfuhr“ der Zellen an

Das Problem: Die Autophagie wird durch ständiges Essen gehemmt. Durch den Überfluss an Nahrungsmitteln und die hektische Lebensweise heutzutage essen viele Menschen nicht mehr nur zu den Mahlzeiten – wenn sie diese überhaupt regelmäßig einnehmen –, sondern andauernd auch zwischendurch. „Doch unser Stoffwechsel ist mit der permanenten Nahrungszufuhr hoffnungslos überfordert“, betont Prof. Michalsen, der auch als Professor für klinische Naturheilkunde der Charité – Universitätsmedizin Berlin tätig ist.

„Unser Stoffwechsel ist mit der permanenten Nahrungszufuhr hoffnungslos überfordert.”
Prof. Michalsen

„Längere Essenspausen dagegen regen die Zellen zur Selbstreinigung an.“ Fasten ist der Schlüssel, um den Körper besonders effektiv zu reinigen und die Selbstheilungskräfte zu stärken.

Drei- bis viermal im Jahr fasten

Viele denken beim Fasten gleich an wochenlange Hungerkuren. Aber das ist gar nicht der Fall. Es gibt verschiedene Fasten-Methoden, die leicht in den Alltag zu integrieren sind. „Ich empfehle drei- bis viermal im Jahr mindestens fünf Tage zu fasten“, erklärt der Berliner Naturheilmediziner, „entweder als Schleim- oder Suppenfasten oder nach der Buchinger- oder der F.X.-Mayr-Methode.“ Und keine Sorge, beim Fasten rutscht man weder in einen Vitamin- noch in einen Nährstoffmangel.

Wichtig ist, beim Fasten ausreichend Flüssigkeit, also Wasser oder ungesüßten Kräutertee, zu trinken. Für welche Fastenart man sich entscheidet, ist individuellen Vorlieben überlassen.

Vorsicht beim Fasten: Betroffene mit chronischen Erkrankungen sollten vor dem Fasten ihre Hausärztin beziehungsweise ihren Hausarzt fragen. Menschen mit Essstörungen, Untergewicht, Gicht oder Gallenproblemen sollten nicht fasten, ebenso wenig Kinder und Jugendliche sowie schwangere oder stillende Frauen.

Methoden von Heil- bis Scheinfasten

Das Heilfasten nach Buchinger bedeutet, dass man jeden Tag eine gewisse Kalorienmenge als flüssige Nahrung, zum Beispiel als Suppen, Brühen, Obst- oder Gemüsesäfte, zu sich nimmt. Traditionell sind es 200 bis 300 Kilokalorien (kcal), maximal 500 Kilokalorien. Auf feste Nahrung wird verzichtet. Bei der F.X.-Mayr-Methode geht es darum, etwas hartes Brot oder Brötchen aus Weiß- oder Dinkelmehl vom Vortag achtsam und gut im Mund zu kauen und einzuspeicheln und sofort mit dem Essen aufzuhören, wenn man das Gefühl hat, satt zu sein.

Auch schonend gegartes Gemüse und Tee können zu sich genommen werden. „Kuhmilch würde ich heute nicht mehr beim Mayr-Fasten empfehlen“, betont Prof. Michalsen, „Neuere wissenschaftliche Daten zeigen, dass tierische Eiweiße einen Teil der Fasteneffekte zunichtemachen. Ich empfehle stattdessen Soja-, Mandel- oder Hafermilch.“

Fastenmethoden im Buchhandel: Hier erhalten Sie Ratgeber mit Anleitungen zu den verschiedenen Methoden. So beschreibt Prof. Michalsen in seinem im April 2024 erscheinenden neuen Buch „Ernährung – meine Quintessenz“ ebenfalls diverse Arten zu Fasten. Im Internet finden sich auch Online-Kurse und Apps zum Herunterladen.

Eine neuere Möglichkeit des Fastens ist die Fasten-imitierende Diät, auch Scheinfasten genannt. Hier kann man etwas üppigere Fastenspeisen, täglich bis zu 650 Kilokalorien, in Form von Suppe oder leichten Speisen zu sich nehmen. Die Fastenspeisen sind vegan und zuckerarm und es wird 80 Prozent des klassischen Fasteneffektes erzielt. Dieses Fasten ist dabei aber leichter durchzuhalten, gerade beim Fasten zu Hause.

Längere Essenspausen im Alltag einbauen

Gut in den Alltag integrieren lässt sich zum Beispiel das sogenannte Intervallfasten, auch intermittierendes Fasten (IF) genannt. Dabei wird optimalerweise eine tägliche Essenspause von 14 bis 16 Stunden eingehalten. So liegt bei der sogenannten 14:10- oder 16:8-Methode zwischen der letzten Mahlzeit vom Vortag und der ersten Mahlzeit am Folgetag eine 14- beziehungsweise 16-stündige Pause, in der gefastet wird. Das heißt, es wird nichts gegessen.

Kaffee, wenn Sie auf das Frühstück verzichten? Sie können morgens getrost Kaffee und Tee ohne Milch und Zucker zu sich nehmen. Kaffee fördert sogar die Autophagie, egal ob Sie ihn mit oder ohne Koffein trinken, aber ohne Milch.

„Ob Sie früh zu Abend essen und frühstücken oder aber das Abendessen auf später legen und auf das Frühstück verzichten, bleibt Ihren Gewohnheiten und Ihrem Biorhythmus überlassen“, sagt Prof. Michalsen. Als Basisempfehlung gilt, die letzte Mahlzeit drei Stunden vor dem Schlafengehen einzunehmen. Das Intervallfasten ist allerdings an mindestens fünf Tagen vorzunehmen, um die guten Effekte auf die Gesundheit zu erzielen. Am besten essen Sie beim Intervallfasten in den „Essenszeiten“ gesunde, weitgehend pflanzliche Nahrungsmittel.

Intervallfasten stärkt auch das Immunsystem

Prof. Michalsen empfiehlt das 14:10-Intervallfasten an den meisten Tagen in der Woche in Kombination mit einem Entlastungstag alle ein bis zwei Wochen, an denen man ausschließlich Reis oder Vollkornhaferflocken und zum Beispiel etwas Obst oder gedünstetes Gemüse esse. „Das Fasten regt nicht nur die Selbstreinigung der Zellen an“, unterstreicht der Facharzt für Naturheilkunde, „sondern stärkt auch das Immunsystem, verbessert den Zucker- und Fettstoffwechsel und normalisiert die Darmflora.“

Ausreichende Bewegung unterstützt die Regeneration

Eine weitere Möglichkeit, die Autophagie anzukurbeln, ist Bewegung. Dreimal die Woche Ausdauertraining wie Nordic Walking, Wandern oder einfach flotten Schrittes an der frischen Luft spazieren gehen, ist ideal. „Jede Art von Sport ist gut“, betont Prof. Michalsen. „Ob Krafttraining im Fitness-Studio, einfache Übungen mit Hanteln oder Thera-Band zu Hause, Tanzen oder Seilspringen. Hauptsache, es macht Freude.“

Auch Schwitzen in der Sauna, kalte Wassergüsse oder Wassertreten nach Kneipp, viel Trinken und Entspannung unterstützen den Regenerationsprozess im Körper. Wie wäre es also, im Frühjahr ein paar Fastentage einzulegen und sich in der prachtvollen Natur zu bewegen und damit der Gesundheit Gutes zu tun? Sie müssen nur damit anfangen.

Quellen

Icon, das einen Experten/eine Expertin symbolisiert. Symbol für die Envivas Fach-Experten.

Prof. Andreas Michalsen

Experte

Chefarzt der Abteilung Naturheilkunde im Immanuel Krankenhaus Berlin, Standort Berlin-Wannsee, und Inhaber der Stiftungsprofessur für klinische Naturheilkunde, Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie

Ute Wegner

Medizinjournalistin

Ute Wegner hat ihr Handwerk an einer der führenden Journalistenschulen Deutschlands gelernt und schreibt seit vielen Jahren als Medizinredakteurin über Medizin, Wissenschaft und Biologie. Sie legt Wert auf eine eingängige Sprache und hat als Fachlektorin die bekannten Kinderbücher vom kleinen Medicus von Prof. Dietrich Grönemeyer lektoriert.