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Frühjahrsputz – warum Ausmisten glücklich macht

Der Frühjahrsputz schafft den Schmutz des Winters aus den eigenen vier Wänden. Ihm gelingt aber noch viel mehr: Menschen, die zum Feudel greifen und sich ans Großreinemachen trauen, räumen Experten zu Folge auch in ihrer Seele auf. Sie lassen ihr Gehirn wachsen, tun etwas für die Stärkung des eigenen Glücksempfindens und machen Platz für neue Ziele und spannende Herausforderungen.

Klare Scheiben: Was beim Frühjahrsputz im Fokus steht

Die Sonne muss ins Haus! Mit den ersten Frühlingsstrahlen scheint in uns das Bedürfnis nach Klarheit und Helligkeit auch in den eigenen vier Wänden zu erwachen. Der Frühling wächst vor dem Fenster in den Blumentöpfen und auf der Wiese. Aber er muss auch rein in die Wohnung. Und deshalb ist es kein Zufall, dass die wichtigste Tätigkeit beim Frühjahrsputz für die Deutschen das Fensterputzen darstellt. 

Mehr als zwei Drittel der Menschen in diesem Land rücken – sobald die Tage länger werden – ihren verstaubten Scheiben mit Reiniger und Fensterleder zu Leibe. Das hat eine Umfrage des Statistischen Bundesamtes ergeben. Natürlich wird auch aufgeräumt, Staub gewischt, werden die Böden gereinigt und die Winterklamotten gewaschen.

Winterliches Heizen mit Kohleöfen oder offenem Feuer prägte eine Tradition

Der Frühjahrsputz kommt aus einer Zeit, in der er wahrlich von Nöten war. Als man gerade im Norden und der Mitte Europas noch mit Kohle oder gar offenem Feuer heizte, überdeckte nach einem langen Winter Ruß und Staub das Mobiliar. Sobald der Ofen aus blieb und keinen Dreck mehr in die Wohnung pustete, schien das gründliche Großreinemachen besonders effektiv zu sein. 

Aber auch ohne Kohleofen erfüllt der Frühjahrsputz seinen Sinn als symbolisch-psychologischer Begleiter, sagt der Tiefenpsychologe Jens Lönneker vom Marktforschungsinstitut Rheingold Salon. „Altes muss raus, die Reste des Winters wollen entsorgt und die Bude für den Neuanfang, die Freude am Leben vorbereitet werden.” Lönneker hat sich für seine tiefenpsychologisch-repräsentative Studie „Die neue Macht des Putzens” intensiv damit beschäftigt, was das Wischen für die Menschen bedeutet.

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Entrümpeln für den Neustart

Wer die Kellertür öffnet und dort auf ganze Berge alter Erinnerungsstücke stößt, tut laut Lönneker gut daran, das weitere jahrelange Aufbewahren zu überdenken. Das Geschenk des Ex, die alten Trikots, die Werkzeugkiste des Vaters oder die zerkratzten CDs, für die es zwar gar kein Abspielgerät mehr gibt, die uns aber an die Abi-Zeit erinnern – alles sei freilich mit Bedeutung verbunden.

„Ausmisten hat aber auch etwas Befreiendes, weil Räume für spannende Neuanfänge entstehen.”
Psychologe Jens Lönneker

„Das Leben geht aber weiter und verlangt Veränderungen“, so Lönneker. Manchmal behinderten zu viele alte Erinnerungsstücke ihre Besitzer sogar in dieser notwendigen persönlichen Fortentwicklung. Wer einen Teil dieses alten Ichs in Kisten packe und auf dem Wertstoffhof in den Schlund der Abfallcontainer werfe, der fühle dabei zwar vielleicht Trennungsschmerz. „Ausmisten hat aber auch etwas Befreiendes, weil Räume für spannende Neuanfänge entstehen.“ Für Lönneker ist das Ausmisten deshalb gar ein „psychologisches Muss“.

Der Frühjahrsputz als Chance für seelische Klärung

Aber mit dem Ausmisten ist es nicht getan. Hernach geht es ans Dreckentfernen. Das Schrubben der Badezimmerarmaturen oder die Reinigung der Fliesenfugen kläre den Geist, könne gar meditative Kraft entwickeln. „Die Monotonie beim Putzen bildet die Basis für eine reichhaltige seelische Tätigkeit“, sagt Lönneker. Tagträumereien und Fantasien stellten sich gerade bei Arbeiten wie dem Fliesenwischen ein. „Sie kommen und gehen, bleiben oft vorbewusst. Dadurch können seelische Reste Raum bekommen und bearbeitet werden, die in hochkonzentrierten Alltagsverfassungen nicht zum Zuge kommen“, sagt Lönneker.

Gründliches Großreinemachen lasse so gesehen am Ende nicht nur Spiegel und Fenster im Sonnenlicht erstrahlen, sondern biete auch eine wichtige Voraussetzung für die „seelische Klärung“. Schon der Guru Maharishi, Begründer der Transzendentalen Meditation, empfahl seinen Anhängern aus diesem Grund in den 1960er Jahren, sehr viel zu putzen und sauberzumachen.

Deshalb ist der Frühjahrsputz unverzichtbar

  • Psychische Reinigung und Glück: Frühjahrsputz fördert Glücksempfinden durch Aufräumen.
  • Klarheit und Erneuerung: Fensterputzen symbolisiert Klarheit und Neuanfang.
  • Loslassen und Platz schaffen: Entrümpeln ermöglicht seelisches Loslassen und Raum für Neues.
  • Aktivierung und Zufriedenheit: Putzen aktiviert das Gehirn und steigert die Zufriedenheit.
  • Persönliches Engagement: Eigene Anstrengung beim Putzen fördert das Glücksempfinden und reduziert Depressionen.

Mit dem alten Dreck auch überkommene Gedankenmuster loswerden

Passend zum Wiedererwachen des Lebens im Frühling befreit das Putzen laut Lönneker auch in übertragenem Sinne von den Spuren des Alltags, die der lange Winter in unserer Seele hinterlassen hat und die vielleicht nicht mehr so recht in unser Leben passen wollen: „Indem der Keller entrümpelt wird, alte Möbel entsorgt oder die Fenster geputzt werden, wird Ordnung geschaffen und das Leben neu ausgerichtet.“ Bei dieser Gelegenheit räume man auch die Seele auf.

Überkommene Gedankenmuster oder schlechte Gewohnheiten können über Bord geworfen werden. Lönneker verweist in diesem Zusammenhang auf das griechische Wort Katharsis, das Reinigung bedeutet und gern verwendet wird, „wenn sich jemand im therapeutischen Umfeld etwa von seelischem Ballast befreien kann“. So gesehen ist der Frühjahrsputz auch die ideale Tätigkeit, um Altes loszulassen und im eigenen Leben Platz für neue Ziele und Herausforderungen zu machen.

Die Böden wienern, sich selbst rausputzen

Der Neustart in den Frühling mit aufgeräumten Küchenschränken und frisch gewaschenen Gardinen bewegt Menschen zuweilen auch dazu, sich hernach selbst herauszuputzen. Es geht nicht nur um frischen Zitronenduft in den eigenen vier Wänden, sondern laut Lönneker auch um „Lebendigkeit, Attraktivität und Fruchtbarkeit“.

„Schmutz einerseits sowie Putzen andererseits sind zwei Seiten einer Medaille, die sich gegenseitig herausfordern und uns auf Trab halten.”
Psychologe Jens Lönneker

Auch die Reinigungsriten verschiedener Religionen haben ihren Ursprung in derlei lustvollen seelischen Regungen, die aus religiöser Sicht als „verwerflich und schmutzig bewertet“ und einer „reinen Seele“ gegenübergestellt werden, die eben nicht sündigt. Lönneker sieht in diesen Auffassungen aber auch das Wissen darum widergespiegelt, „dass ein komplett lustfreies, reines Leben keine wirkliche Freude macht.“ Leben bedeute eben auch, Abfall und Dreck zu produzieren. „Schmutz einerseits sowie Putzen andererseits sind zwei Seiten einer Medaille, die sich gegenseitig herausfordern und uns auf Trab halten.“

Wie sich Staubwischen auch auf das Gehirn auswirkt

Feudeln hilft aber nicht nur der Seele, es kann auch klüger machen. Eine Studie der University of British Columbia hat ergeben, dass Putzen das Gehirn wachsen lässt. Das liegt laut Forscher erstmal daran, dass Haushaltstätigkeiten einer gewissen Form von kognitiver Anstrengung bedürfen. Häufig konfrontiert uns das Aufräumen, Ausmisten und anschließende Reinigen mit Problemen, die gelöst werden wollen. Wohin mit den Winterklamotten? Mit welcher Essenz den Flecken auf dem Sofa zu Leibe rücken? Wohin mit dem ganzen Krimskrams, der immerzu den Esszimmertisch unter sich begräbt?

Beim Erledigen von Reinigungsaufgaben stellt sich den Forschern zufolge aber auch das Gefühl der Befriedigung ein. Das Selbstwertgefühl steigt, die Laune ebenso, was sich wiederum positiv auf die Gesundheit auswirkt – auch auf die des Gehirns. Andere Studien haben zudem bewiesen, dass das Gefühl, Kontrolle über die eigene Umgebung zu haben, zu einer höheren psychischen Gesundheit führen kann. Verkürzt gesagt: Wer seine Besteckschublade sortiert hat, der könnte dabei auch das Gefühl erlangen, das eigene Leben im Ganzen wieder besser im Griff zu haben.

Nur wer selbst den Wischmopp schwingt, macht sich damit auch glücklich

Glücksforscher und Psychologe Tobias Rahm von der Technischen Universität Braunschweig sieht im Frühjahrsputz eine Möglichkeit, das persönliche Glücksgefühl zu steigern. Das liege nicht nur daran, dass sich der Hausmann oder die Hausfrau am Ergebnis, nämlich der vom Staub befreiten Umgebung erfreut. Das könnte man auch, wenn eine Putzkraft die Arbeit für einen erledigt hat. Ein richtiger Glücksbringer werde der Frühjahrsputz aber nur für denjenigen, der ihn selbst erledigt.

„Wesentlich ist, dass Sie sich bewusst machen, durch eigene Anstrengung dazu beigetragen zu haben. Wer den Zusammenhang zwischen eigenem Krafteinsatz und positiver Stimmung verinnerlicht, wird häufiger das Gefühl haben, des eigenen Glückes Schmied zu sein“, sagt Tobias Rahm.

Forschende am University College in London haben in diesem Zusammenhang sogar herausgefunden, dass diejenigen, die mindestens einmal in der Woche zum Wischmopp greifen, ihr Risiko, an einer Depression zu erkranken, um 20 Prozent senken. Aber damit nicht genug der guten Argumente: Eine saubere Wohnung setzt anderen Studien zu Folge darüber hinaus eine ganze Kaskade der Lebensverbesserung in Gang. Schließlich könne man sich in einem sauberen Umfeld besser konzentrieren.

Icon, das einen Experten/eine Expertin symbolisiert. Symbol für die Envivas Fach-Experten.

Jens Lönneker

Experte

Tiefenpsychologe vom Marktforschungsinstitut Rheingold Salon

Icon, das einen Experten/eine Expertin symbolisiert. Symbol für die Envivas Fach-Experten.

Tobias Rahm

Experte

Glücksforscher und Psychologe an der Technischen Universität Braunschweig

Claudia Lehnen

Autorin

Claudia Lehnen wollte als Jugendliche Ärztin werden, entschied sich dann aber dafür, lieber über Medizin und Menschen und ihre Krankheits- und Genesungsgeschichten zu berichten. Die in Köln niedergelassene Journalistin, die im Tageszeitungs-Journalismus zu Hause ist, ist unter anderem auf das Themengebiet Gesundheit spezialisiert.