- Startseite
- Magazin
- Gesundheit
- Den Heißhunger überlisten: So gelingt es
Den Heißhunger überlisten: So gelingt es
Eben ist Max B. nach Hause gekommen: Er stürzt in die Küche, reißt den Kühlschrank auf und greift zur restlichen Fertigpizza von gestern und dem Glas Wiener Würstchen. Er hat Stress im Büro gehabt und den ganzen Tag so gut wie nichts gegessen. Der 46-Jährige arbeitet in der Abteilung für Unternehmenskommunikation einer großen Berliner Firma. Während sich Max B. über seinen Chef und die Kollegen ärgert, stopft er ein Würstchen nach dem anderen in sich hinein. Das Stück Pizza ist ebenfalls schnell verschlungen. Max B. hat Hunger, großen Hunger. Er hat Heißhunger.
Nachts mit Heißhunger zur Tankstelle
„Heißhunger geht über normalen Hunger hinaus“, erklärt Susanne Schmidt-Tesch, Ernährungsberaterin am Institut für Ernährungsmedizin des Universitätsklinikums rechts der Isar in München. „Es besteht ein starkes Verlangen, etwas zu essen, und zwar schnell.“ Max B. zum Beispiel nimmt sich nicht einmal mehr die Zeit, sich ein Abendessen zuzubereiten. Das erhöht die Gefahr, dass er mehr isst, als er eigentlich braucht.
Heißhunger ist ein Phänomen, das sich bei jedem Menschen anders äußert. Die einen haben wie Max B. den Tag über kaum etwas gegessen, andere verspüren am späten Abend plötzlich den Drang auf einen Snack, ja, manche wachen nachts auf, haben Lust auf Süßes, ziehen sich an und fahren zur nächsten Tankstelle und kaufen ein.
Heißhunger in der Nacht:
- Neigen Sie dazu, über viele Stunden nichts zu essen, bevor Sie Heißhunger überfällt, achten Sie ganz besonders darauf, über den Tag verteilt drei- bis fünfmal etwas zu essen. Zwischen den Mahlzeiten sollten – je nach Heißhunger – mindestens drei, maximal fünf bis sechs Stunden liegen.
Finden Sie jetzt schnell & einfach Ihre passende ambulante Zusatzversicherung
- Kombitarife als Rundum-Sorglos-Pakete: die wichtigsten Leistungen bei ärztlichen Behandlungen in einem Tarif
- Zusatzleistungen, die im Alltag wichtig werden können: Brille, Zahnersatz, Heilpraktiker Leistungen
- Abgestufte Pakete für alle Anforderungen: Konzentration aufs Wesentliche oder das Premiumpaket inkl. Vorsorgeleistungen
Wie es zum Heißhunger kommen kann
Dabei kann Heißhunger verschiedene Gründe haben. Die wichtigsten Ursachen sind:
- Stress, Ärger und Frust
- Lange Essenspausen
- Müdigkeit und Schlafmangel
- Fast-Food-Ernährung, viel Weißmehlprodukte und Süßigkeiten
- Crash-Diäten
- Starke körperliche oder geistige Beanspruchung
- Psychopharmaka
Doch hinter Heißhunger können auch ernsthafte Erkrankungen wie zum Beispiel eine Störung der Schilddrüse oder Diabetes stecken. „Bei immer wiederkehrenden Heißhunger-Attacken besteht die Gefahr der Gewichtszunahme und damit das Risiko, an Typ-2-Diabetes zu erkranken“, betont die Münchener Ernährungsspezialistin. Regelmäßiger Heißhunger kann auf eine Ess-Störung hinweisen.
Wenn der Heißhunger zu häufig wird:
- Überfällt Sie immer wieder Heißhunger, den Sie nicht beherrschen können, sprechen Sie offen mit Ihrem Hausarzt darüber, um mögliche krankhafte Ursachen aufzudecken. Versuchen Sie beispielsweise seelische Belastungen zu kompensieren, können Sie mit therapeutischer Hilfe Ihrem Heißhunger auf die Schliche kommen und dies ändern.
Der ewige Heißhunger auf Fett und Zucker
Eine große Rolle für die große Lust auf Essen spielt natürlich auch, dass man heutzutage an jeder Ecke von verlockenden Speisen umgeben ist. Es entstehen immer mehr Imbissläden, in den Regalen der Supermärkte häufen sich die Fertiggerichte. Das Problem: Sie enthalten oft zu viel Fett und Zucker – aber man wird nicht so schnell satt. Man muss viel mehr energiereiche Lebensmittel essen, um ein Sättigungsgefühl im Magen zu erreichen.
„In einem kleinen Volumen stecken viele Kalorien“, sagt Expertin Susanne Schmidt-Tesch. Zum Vergleich: 100 Gramm Kartoffeln enthalten gerade mal 70 Kilokalorien, 100 Gramm Pommes frites dagegen 291 Kilokalorien, also mehr als das Vierfache an Energie. Weißmehlprodukte und Haushaltszucker sind ebenfalls „leere Kalorienlieferanten“, die schnell abgebaut sind und den Blutzuckerspiegel geschwind in die Höhe treiben. Es kommt zu einer überschießenden Reaktion von Insulin, einem Hormon der Bauchspeicheldrüse, das im Körper den Blutzuckerspiegel reguliert. Es regt die Zellen an, Zucker – Glucose – aus dem Blut aufzunehmen.
Der Kreislauf, der zu Heißhunger führt
„Vor allem ein ,Zu-Viel‘ an Süßigkeiten und ein ,Zu-Wenig‘ oder ,Gar-Nicht‘ an anderen Speisen kann zu einer heftigen Insulinausschüttung führen“, erklärt die Münchener Ernährungsexpertin. Süßigkeiten, Kuchen, Weißmehlprodukte und Haushaltszucker, aber auch Obst, enthalten so genannte kurzkettige Kohlenhydrate. Das sind die Makronährstoffe, die dem Körper Energie liefern.
Sie werden im Darm zu dem Einfachzucker Glukose, sprich Traubenzucker abgebaut und gelangen durch die Darmwand ins Blut. Benötigen die Zellen sie nicht sofort zur Energiegewinnung, wird sie vor allem in der Leber und Muskulatur als energiereiches Glycogen gespeichert. Sind auch diese Speicher voll, erfolgt der Umbau zu Fett. Das ist die eine Crux. Die andere: Kurzkettige Kohlenhydrate werden ruckzuck abgebaut, der Insulinspiegel sinkt dabei schnell ab und signalisiert wieder Hunger. Die Folge davon ist: „Der Körper verlangt schon nach kurzer Zeit mehr“, so die Münchener Expertin.
Das kann zu einem Kreislauf führen, man ist nie wirklich satt, bekommt Heißhunger auf Nachschub. Langkettige Kohlenhydrate dagegen, die vor allem in Vollkornprodukten, Haferflocken, Kartoffeln, Gemüse, Hülsenfrüchten vorhanden sind, werden wesentlich langsamer abgebaut. Die Folge davon ist: Der Blutzuckerspiegel steigt nur langsam an, man ist länger satt.
Gesunde Ernährung bremst Heißhunger
Die Basis, um den Heißhunger zu besiegen ist eine gesunde, ausgewogene Ernährung. Es sollten vermehrt Getreide, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Obst und Gemüse auf dem Speiseplan stehen. Sie enthalten Vitamine, Eiweiße, Fette, Kohlenhydrate, Ballaststoffe und Mineralstoffe. Ratsam ist es, täglich 400 Gramm Gemüse zu essen, davon 250 Gramm gekocht und 150 Gramm als Rohkost.
Ballaststoffe halten die Darmbakterien in Schwung
Die Empfehlung für Erwachsene lautet: Mindestens 30 Gramm Ballaststoffe pro Tag. Das lässt sich mit drei Scheiben Vollkornbrot oder -brötchen, einer Portion Früchtemüsli, zirka zwei bis drei Kartoffeln, zwei Möhren, zwei Kohlrabi, einem Apfel und einer Portion Roter Grütze aus Beeren leicht erreichen.
Wer seinen Darm stärken und schützen will, kann auch lebende Mikroorganismen in Form von probiotischen Lebensmitteln wie Joghurt, Buttermilch und Kefir täglich zu sich nehmen. Fisch, mageres Fleisch, Milchprodukte und Eier liefern wertvolles Eiweiß. Statt süßen Säften und Limonaden eignen sich Wasser und ungesüßter Tee zum Trinken.
Den Heißhunger in den Griff bekommen
Steckt keine ernsthafte Krankheit hinter dem Heißhunger, helfen oft kleine Tricks im Alltag, ihn zu überlisten. Um sich selbst auf die Schliche zu kommen und die passenden Strategien für sich herauszufinden, um den Heißhunger in den Griff zu bekommen, sollte man sein Essverhalten beobachten.
Was esse ich? Neige ich dazu, in emotional schwierigen Lebenslagen heißhungrig über Schokolade herzufallen, nachts den Kühlschrank zu plündern, nach dem Essen schnell wieder Hunger auf Süßes oder Fettes zu haben oder hungrig aus dem Büro nach Hause zu kommen? Dann gibt es für jeden persönlich diverse Möglichkeiten, den Heißhunger zu überlisten.
Tipps gegen den Heißhunger
Wenn Sie der Hunger zwischendurch plagt, essen Sie etwas Eiweißreiches wie z.B. ein Stück Käse oder mageren Schinken. Sie lassen den Blutzuckerspiegel nur wenig ansteigen.
- Nehmen Sie Vollkornbrot und Nüsse als Reserve mit ins Büro. Gehen Sie bei Stress und Hunger z.B. einen Kaffee trinken. Das lenkt ab und lindert den Hunger.
- Halten Sie für den Fall, dass Sie hungrig von der Arbeit kommen, vorgeschnittenes Gemüse bereit, dass Sie knabbern können, während Sie sich eine Mahlzeit zubereiten.
- Kochen Sie vor. Bereiten Sie z.B. gleich eine größere Menge Essen zu und frieren Tages-Portionen ein, die Sie morgens auftauen.
- Kleben Sie ein Stopp-Schild an Ihren Kühlschrank.
- Gewöhnen Sie sich an, regelmäßig drei- bis fünfmal am Tag eine Mahlzeit zu essen. Speisen Sie langsam und bewusst. Langen Sie wieder einmal mehr zu als nötig, hinterfragen Sie, ob und warum Sie Nachschub benötigen.
- Neigen Sie zum Heißhunger aus Frust, suchen Sie sich andere Glücksmomente. Was macht Ihnen Freude? Lösen Sie Glücksgefühle aus, die machen nämlich auch satt!
- Reduzieren Sie energiereiche „leere Lebensmittel“ wie z.B. Zucker, Süßigkeiten, Kuchen, Fast Food, Limos.
- Versuchen Sie sich, mit einer Sache, die Sie brennend interessiert, abzulenken. Das kann ein spannender Film sein, ein tolles Konzert oder Buch, die Montage der Eisenbahn für Ihr Kind…
In der bevorstehenden Adventszeit und den Weihnachtstagen stehen in den meisten Familien gut gefüllte Naschteller auf den Tischen. Schokoladenkringel und Zuckerherzen sind zwar lecker, aber ungesund und machen es besonders schwierig, Heißhungerattacken zu entgehen. Orangen, Vollkornkekse, eiweißreiche Anisplätzchen und Nüsse – aber auch dies in Maßen – sind eine gute Alternative.
Max B. hat es geschafft, seinen abendlichen Heißhunger zu stoppen. Er kommt nicht mehr hungrig nach Hause. Jeden Morgen nimmt er zwei belegte Vollkornbrote und Walnüsse mit ins Büro. Kommen ihm der Chef und Kollegen wieder einmal quer, holt er tief Luft, macht eine kleine Pause, trinkt einen Kaffee und isst sein Vollkornbrot.
Quellen
- Link von der Expertin empfohlen: com/Ernaehrungsmedizin
- Susanne Schmidt-Tesch, Ernährungsberaterin am Institut für Ernährungsmedizin des Universitätsklinikums rechts der Isar in München.
- netdoktor.de/symptome/heisshunger/
- https://www.apotheken-umschau.de/krankheiten-symptome/symptome/heisshunger-741287.html
Ute Wegner
Medizinjournalistin
Ute Wegner hat ihr Handwerk an einer der führenden Journalistenschulen Deutschlands gelernt und schreibt seit vielen Jahren als Medizinredakteurin über Medizin, Wissenschaft und Biologie. Sie legt Wert auf eine eingängige Sprache und hat als Fachlektorin die bekannten Kinderbücher vom kleinen Medicus von Prof. Dietrich Grönemeyer lektoriert.