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Meningokokken: Lebensgefährlich für Babys

Obwohl sich insgesamt nur wenige Kinder an Meningokokken anstecken, bergen diese Bakterien für Säuglinge, Kleinkinder und Jugendliche allerhöchstes Risiko. Die Erkrankung ist schwer und tückisch, da sie relativ harmlos beginnt, sich aber rasant zuspitzt und schwerwiegende Folgen haben kann. Schnelle Hilfe ist oft lebenswichtig.  Eltern können ihre Kinder bislang nur mit einer Impfung schützen.

Winzig klein und hochgefährlich: Meningokokken. Es handelt sich um Bakterien, die Menschen in jedem Alter anstecken können. Am häufigsten jedoch infizieren sich Säuglinge und Kleinkinder in den ersten zwei Lebensjahren sowie junge Menschen im Alter zwischen 15 und 19 Jahren. Sie können infolge der Ansteckung eine Mittelohr- oder Lungenentzündung erleiden. Häufig allerdings kommt es zu schweren Komplikationen.

So entwickeln die meisten Kinder eine Hirnhautentzündung, etwa zehn Prozent eine lebensbedrohliche Blutvergiftung, 40 Prozent beides zusammen. „Wenn die Betroffenen die Erkrankung überleben, hinterlässt diese oftmals schwere bleibende Beeinträchtigungen, erklärt Jakob Maske, niedergelassener Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin in Berlin. So können sie zum Beispiel das Gehör verlieren. Bei einigen von ihnen müssen Gliedmaßen amputiert werden, weil das Gewebe infolge einer Mangeldurchblutung im Gehirn abgestorben ist.

Waterhouse-Friedrichsen-Syndrom

Die weitaus dramatischste Folge einer Meningokokken-Ansteckung ist das sogenannte Waterhouse-Friedrichsen-Syndrom. Es kommt dabei zu einer schweren Blutgerinnungsstörung, starken Blutungen der inneren Organe und letztlich zu einem Nebennierenversagen. Die Kinder werden plötzlich blass, bekommen hohes Fieber und erbrechen sich. Ohne intensivmedizinische Betreuung sterben viele Kinder schließlich an einem Kreislaufversagen.

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Ansteckung durch engen menschlichen Kontakt

Wo Meningokokken vorkommen? „Der Mensch ist der einzige Wirt“, sagt Jakob Maske, der neben seiner Tätigkeit als Kinder- und Jugendarzt auch Bundespressesprecher des Berufsverbandes Kinder- und Jugendärzt*innen e.V. (bvkj) ist. Etwa zehn Prozent der gesunden Menschen haben diesen Krankheitserreger im Nasen-Rachenraum. Ohne zu erkranken.

Vermutlich hat ihr Immunsystem Im Laufe des Lebens einen Schutz aufgebaut. „Infizieren kann man sich nur durch eine Tröpfcheninfektion, das heißt beim Husten, Niesen, Sprechen oder Küssen übertragen, also im engen Kontakt“, so Maske. Außerhalb des Körpers sterben die Bakterien gewöhnlich schnell ab.“

Erkrankungen zurückgegangen 

In Deutschland erkranken jährlich vier Menschen pro eine Million Einwohner, am häufigsten betroffen sind Säuglinge und Kleinkinder in den ersten beiden Lebensjahren und Jugendliche zwischen 15 und 19. Die meisten Infektionen treten gegen Ende des Winters und im Frühjahr auf. Insgesamt ist die Zahl der Erkrankungen zurückgegangen. So wurden beispielsweise im Jahr 2016 dem Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin noch bundesweit insgesamt 339 Fälle einer Hirnhautentzündung oder/und Blutvergiftung aufgrund einer Meningokokken-Infektion gemeldet, im vergangenen Jahr waren es dagegen nur noch 141.

Das Bakterium dringt in die Blutbahn der frisch Infizierten ein, überrollt das Immunsystem und vermehrt sich rasant im Körper. Da das Immunsystem von Babys in den ersten sechs Monaten noch keinen ausreichenden Schutz aufgebaut hat, tragen die Kleinsten das allerhöchste Risiko, an der Erkrankung zu sterben.

„Das Tückische ist, dass eine Meningokokken-Erkrankung erst einmal gar nicht als solche zu erkennen ist.”
Kinderarzt Jakob Maske

Bei Jugendlichen vermutet man ein erhöhtes Ansteckungs-Risiko durch intensive Sozialkontakte sowie durch Diskothekenbesuche und Zigarettenrauch geschädigte Schleimhäute. „Das Tückische ist, dass eine Infektion beziehungsweise eine Meningokokken-Erkrankung erst einmal gar nicht als solche zu erkennen ist“, erklärt Maske, „sondern wie eine normale Erkältung beginnt.“

Mögliche Warnhinweise für eine Erkrankung

  • Schnelle Entwicklung von hohem Fieber
  • Starke Kopfschmerzen
  • Kalte Finger und Zehen
  • Allgemeine Schlappheit, die immer mehr zunimmt
  • Schläfrigkeit
  • Berührungsempfindlichkeit
  • Nackensteife
  • Krampfanfälle
  • Gesichtslähmungen
  • Erbrechen
  • Kleine punktförmige Hautblutungen

Die Erkrankung verschlechtert sich rasant

Das gravierende Problem aber ist, dass die Erkrankung sehr schnell fortschreitet. „Manche Kinder entwickeln morgens Fieber, die Mütter kommen mit ihnen am späten Vormittag in die Kinderarztpraxis. Da kann es aber schon zu spät sein“, warnt Maske. „Die Kinder können bereits am Abend versterben.“ Eine Infektion mit Meningokokken sei unberechenbar und der Weg vom Beginn der Erkrankung bis zur dramatischen Verschlechterung extrem kurz. Doch was können Eltern unternehmen, um bei ihrem Kind eine Meningokokken-Infektion zu erkennen und schnellstmöglich Hilfe zu suchen?

„Manche Kinder entwickeln morgens Fieber, die Mütter kommen mit ihnen am späten Vormittag in die Kinderarztpraxis. Das kann es aber schon zu spät sein.”
Kinderarzt Jakob Maske

„Eltern sollten genauestens auf den Zustand ihres erkrankten Kindes achten“, empfiehlt der Berliner Kinder- und Jugendarzt. Ein absolutes Warnzeichen ist, wenn das Kind hohes Fieber entwickelt und dieses trotz Fieberzäpfchen nicht zurückgeht, sondern es dem Kind immer schlechter geht.

Das unterscheidet die Meningokokken-Infektion von einer einfachen Erkältungserkrankung. Hegen Sie bei Ihrem Kind den Verdacht auf eine Meningokokken-Ansteckung, sollten Sie unverzüglich eine nahe gelegene Kindearztpraxis oder die Notfallambulanz eines Krankenhauses aufsuchen. Ist Ihnen das nicht möglich, rufen Sie mit dem Notruf 112 den Rettungswagen.

Stecknadelkopfgroße Flecken auf der Haut

Bei einer Hirnhautentzündung infolge einer Meningokokken-Infektion treten auf der Haut kleine stecknadelkopfgroße dunkelrote, blaue oder auch bräunliche Flecken auf der Haut an allen Körperteilen auf. Bei einer Blutvergiftung können sich diese schnell vermehren und vergrößern.

Wenn Eltern nun mit einem Glas auf einen Fleck drücken, bleibt er sichtbar. Im Gegensatz zu bloßen Hautirritationen lassen sie sich nicht wegdrücken. Das bedeutet Alarm! Das Kind muss schnellstens intensivmedizinisch behandelt werden. Rufen Sie sofort den Notruf 112 an. Es sind manchmal Minuten, die über Leben und Tod entscheiden.

„Haben die Meningokokken allerdings bereits im Immunsystem und Blutkreislauf zu viel Schaden angerichtet, kommt jede Hilfe zu spät.”
Kinderarzt Jakob Maske

Dringend: So schnell wie möglich ärztliche Hilfe aufsuchen

Je schneller ein Kind ärztlich behandelt wird, desto sicherer können schwere Folgen oder der Tod vermieden werden. In der Kinderarztpraxis treffen die Ärzte sofort die Erstmaßnahmen. So erhält das Kind noch in der Praxis eine Infusion mit Kochsalzlösung, um den Kreislauf zu stabilisieren und damit einen Zusammenbruch des Systems zu verhindern.

In der Klinik erhalten die erkrankten Kinder unter anderem Medikamente gegen die Krampfanfälle, Arzneien, um die Blutgerinnungsstörungen zu beheben sowie mehrere Antibiotika zur Bekämpfung der Bakterien. Haben die Meningokokken allerdings bereits im Immunsystem und Blutkreislauf zu viel Schaden angerichtet, kommt jede Hilfe zu spät. Deswegen ist es so dringend, schnellstens zu handeln.

„Hören Sie auch auf Ihr Bauchgefühl und gehen Sie im Zweifelsfall lieber zum Arzt.”
Kinderarzt Jakob Maske

Meningokokken-Typ B am riskantesten für Kinder

Bislang gibt es eine von der Ständigen Impfkommission (STIKO) zugelassene Impfung gegen Meningokokken vom Serotyp C. Sie wird von der STIKO standardmäßig ab dem vollendeten zwölften Lebensmonat empfohlen und von den Krankenkassen bezahlt.

Kurz zur Erklärung: Serotypen sind Varianten von Bakterien oder Viren, die jeweils einen eigenen „Fingerabdruck“ auf der Oberfläche haben, an dem sie von Immunzellen erkannt werden. Von Meningokokken gibt es weltweit insgesamt 12 Serotypen. In Deutschland rufen derzeit vier Erregervarianten eine Erkrankung hervor, und zwar die Serotypen B, C, W, und Y.

Das Problem: 60 Prozent der Erkrankungen hierzulande verursacht die Serogruppe B, und nur rund zehn bis 15 Prozent die Gruppen C, W und Y. „Es gibt zwar eine Impfung gegen die bei uns relevante Variante B“, so Maske, „allerdings hilft diese unter Umständen nur etwa 30 Prozent der Kinder.“ Aktuell prüfe die STIKO die Studie eines neuen Impfstoffes, der einen 70-prozentigen Schutz gegen Serotyp B biete. Daneben gibt es auch eine Kombinationsimpfung gegen A-C-W-Y.

Die meisten Krankenkassen erstatten die Kosten der Impfung

Zweifelsohne eine schwierige Entscheidung für Eltern, ihre Kinder trotz des geringeren Schutzes gegen den in Deutschland häufigeren Meningokokken Serotyp B impfen zu lassen. Dennoch: „Es spricht nichts gegen diese Impfung“, betont Jakob Maske, „im Gegenteil, sie ist dringend und bietet immerhin eine Hilfe.“ Die Kosten für die Impfung von insgesamt zirka 450 Euro müssen die Eltern zunächst selbst tragen, werden dann aber von den meisten Krankenkassen erstattet.

„Rufen Sie, bevor Sie ihr Kind gegen „B“ impfen lassen, bei Ihrer Krankenkasse an und fragen, ob die Kosten im Nachhinein übernommen werden.”
Kinderarzt Jakob Maske

Je früher man impft, desto eher sind Babys geschützt

Die Impfung erfolgt dreimal. „In einem Alter von zwei Monaten kann die erste Impfung erfolgen“, rät der Berliner Kinder- und Jugendarzt. „Je früher man anfängt, desto schneller haben die Kinder einen Schutz.“ Schulkinder und Jugendliche können sich ebenfalls impfen lassen. Als Nebenwirkungen können Fieber, Gliederschmerzen und Unwohlsein auftreten. „Das ist eine Immunreaktion, die wir ja erzeugen wollen.“

Die zweite Injektion kann einen Monat später und die dritte Infektion nach einem halben Jahr gegeben werden. Jakob Maske bietet Eltern in seiner Praxis diese Impfung an. „Wir fragen uns bei jedem an Meningokokken erkrankten Kind, das zu uns kommt, ob ihm eine Impfung nicht geholfen hätte.“

Ute Wegner

Medizinjournalistin

Ute Wegner hat ihr Handwerk an einer der führenden Journalistenschulen Deutschlands gelernt und schreibt seit vielen Jahren als Medizinredakteurin über Medizin, Wissenschaft und Biologie. Sie legt Wert auf eine eingängige Sprache und hat als Fachlektorin die bekannten Kinderbücher vom kleinen Medicus von Prof. Dietrich Grönemeyer lektoriert.