Naturheilkunde: Welche Verfahren wirklich helfen

Kräuter und Globuli auch Holzoberfläche angeordnet.

Immer mehr Menschen interessieren sich für naturheilkundliche Therapien. Sie wünschen sich eine natürliche und sanfte Alternative zur klassischen Schulmedizin – ohne Chemie und Nebenwirkungen. Der Besuch beim Hausarzt verläuft dann aber meist ernüchternd: Viele Ärzte rümpfen die Nase, wenn es um alternative Therapieverfahren geht. Doch es gibt naturheilkundliche Behandlungen, die bei bestimmten Krankheiten nachweislich helfen – und mittlerweile selbst von Schulmedizinern empfohlen werden.

Eine unter Ärzten gern zitierte Redewendung lautet: Eine Therapie, die keine Nebenwirkungen hat, kann auch keine Wirkung haben. Der oft nebenwirkungsarmen Naturheilkunde stehen Mediziner entsprechend häufig skeptisch gegenüber. Aber wann gilt eine Therapie eigentlich als wirksam? Um vom Arzt verschrieben und von den Krankenkassen bezahlt zu werden, müssen Therapien und Arzneimittel in wissenschaftlichen Studien an vielen Patienten untersucht werden.

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Wirksam ist, was besser als Placebo ist

Üblicherweise erhält in diesen Studien eine Gruppe von Patienten die fragliche Therapie, während eine andere Gruppe nur ein Placebo – oft eine Zuckerpille – bzw. eine Scheintherapie bekommt. Anschließend werden die Reaktionen der beiden Gruppen miteinander verglichen. Nur wenn die angewandte Therapie die Beschwerden deutlich besser lindert als das Placebo, ist sie nachweislich wirksam.

Aber wozu die Mühe mit dem Placebo bzw. der Scheinbehandlung? Es hat sich gezeigt, dass auch bei der Behandlung körperlicher Krankheiten die Psyche eine wichtige Rolle spielt. Menschen, die eine Tablette gegen ihre Beschwerden einnehmen, fühlen sich oft schon alleine dadurch besser – selbst wenn die Tablette nur eine Zuckerpille und damit völlig unwirksam ist. Man nennt dieses Phänomen Placebo-Effekt. In klinischen Studien müssen Arzneimittel und Therapien deshalb beweisen, dass sie besser sind als das Placebo.

Naturheilkunde: Mehr als nur Placebo-Effekt?

Es ist genau dieser Placebo-Effekt, woran sich die Geister von Schulmedizinern und Heilpraktikern scheiden. Naturheilkundlichen Verfahren wird häufig vorgeworfen, sie hätten gar keine echte Wirkung. Kritiker argumentieren, dass die Verbesserung, die viele Patienten spüren, nur auf den Placebo-Effekt zurückgehe.

Um das Gegenteil zu beweisen, müssen auch zu naturheilkundlichen Arzneimitteln und Therapien wissenschaftliche Studien durchgeführt werden. Lange Zeit waren solche Studien Mangelware. Aber mittlerweile ist die Wirksamkeit einiger naturheilkundlicher Verfahren bei bestimmten Krankheiten wissenschaftlich bewiesen.

Akupunktur: Energieströme und Glückshormone

Ein gutes Beispiel ist die Akupunktur. Bei diesem Therapieverfahren werden dünne Nadeln an bestimmten Punkten des Körpers platziert. Was genau die Akupunktur im Körper bewirkt, ist wissenschaftlich noch nicht restlos aufgeklärt. Die traditionelle Vorstellung ist, dass die Punkte, an denen die Nadeln platziert werden, entlang von Energiebahnen – den sogenannten Meridianen – liegen. Die traditionelle chinesische Medizin, aus der die Akupunktur stammt, geht davon aus, dass Krankheiten entstehen, wenn der Energiefluss gestört ist. Durch Akupunktur soll er wieder ins Gleichgewicht gebracht werden.

Aus Studien weiß man inzwischen: Die Wirkung der Akupunktur kommt unter anderem dadurch zustande, dass der stimulierende Reiz der Nadelstiche im Gehirn eine vermehrte Ausschüttung schmerzlindernder und stimmungsaufhellender Substanzen („Glückshormone“) auslöst.

Heilpraktikerin setzt Akupunkturnadeln im Schulterbereich einer Frau.

Beweis aus Deutschland: Besser als Medikamente und Massagen

Obwohl die Akupunktur ursprünglich ein Heilverfahren aus China ist, wurden die weltweit größten Untersuchungen zur Akupunktur in Deutschland durchgeführt. Im Auftrag verschiedener gesetzlicher Krankenkassen untersuchten Forscher der Charité – Universitätsmedizin Berlin an mehreren Tausend Patienten, ob Akupunktur gegen Schmerzen hilft.

Sie zeigten, dass drei von vier Patienten mit chronischen Kopf-, Rücken- und Gelenkschmerzen (z. B. infolge einer Arthrose) von einer Akupunkturbehandlung profitieren. Akupunktur wirkt den Studien zufolge bei diesen Patienten sogar besser als herkömmliche Therapien wie Medikamente, Krankengymnastik oder Massagen.

Außerdem ergaben die Studien, dass Akupunktur auch bei Spannungskopfschmerzen, Heuschnupfen, allergischem Asthma und Menstruationsbeschwerden hilfreich sein kann.

Osteopathie: Sanfte Handgriffe gegen Schmerzen

Der Osteopathie liegt die Vorstellung zugrunde, dass sich alle Körperstrukturen gegenseitig beeinflussen. Ist ein bestimmtes Gelenk oder Organ erkrankt, kann sich dies auf ganz andere Bereiche des Körpers auswirken. Und da es das Bindegewebe ist, das alle Organe und Strukturen im Körper miteinander verbindet, ist es in der Osteopathie von besonderer Bedeutung.

Der Osteopath tastet mit den Händen nach Bewegungseinschränkungen, Verhärtungen, Verspannungen und anderen Gewebeveränderungen. Mit verschiedenen Dehn-, Massage- und Grifftechniken versucht er anschließend diese zu lösen. Dies soll außerdem die Selbstheilungskräfte anregen und den Blutdruck und Lymphfluss normalisieren.

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Gutachten: Linderung bei Wirbelsäulenbeschwerden

Ob eine osteopathische Behandlung tatsächlich wirkt, hat die Bundesärztekammer wissenschaftlich untersuchen lassen. Demnach gibt es verschiedene Studien, die zeigen, dass Osteopathie bei einer Reihe unterschiedlicher Erkrankungen wirksam sein kann, speziell bei chronischen Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule.

Außerdem gibt es dem Gutachten zufolge Hinweise auf positive Effekte bei der Schmerzerkrankung Fibromyalgie, wiederkehrenden Mittelohrentzündungen, Asthma bei Jugendlichen, Dreimonatskoliken und älteren Menschen, die funktionell eingeschränkt sind.

Heilpraktikerin setzt Hände am Gesicht einer entspannt liegenden Patientin an.

Pflanzliche Arzneimittel: Wirksam bei vielen Beschwerden

Pflanzliche Arzneimittel, die auch als Phytopharmaka bezeichnet werden, werden aus ganzen Pflanzen, einzelnen Pflanzenteilen (z. B. Blüte, Wurzel, Rinde) oder Bestandteilen von Pflanzen (z. B. ätherische Öle) hergestellt. Homöopathische und anthroposophische Arzneimittel zählen nicht zu den Phytopharmaka.

Auf Grünes Rezept: Frei verkäuflich, aber empfehlenswert

Die Wirksamkeit pflanzlicher Arzneimittel ist bei vielen Erkrankungen und Beschwerden auch wissenschaftlich bewiesen. Für die meisten pflanzlichen Arzneimittel braucht man kein Rezept, sondern kann sie in der Apotheke frei kaufen. Oft stellen Ärzte ihren Patienten ein „Grünes Rezept“ für pflanzliche Arzneimittel aus, die sie als medizinisch empfehlenswert erachten.

Leitlinien empfehlen Phytopharmaka

In zahlreichen medizinischen Leitlinien, die Therapieempfehlungen für die Behandlung von Erkrankungen geben, spielen pflanzliche Arzneimittel eine Rolle. Voraussetzung für die Aufnahme einer Therapie in die Leitlinienempfehlungen ist, dass sie ihre Wirksamkeit in wissenschaftlichen Studien bewiesen hat.

Johanniskrautpräparate können demnach bei Depressionen helfen und Flohsamen und Flohsamenschalen werden bei Verstopfung und verschiedenen Darmerkrankungen empfohlen. Leitlinienempfehlungen gibt es aber auch für Hustensaft mit Thymian oder Efeublätterextrakt und für Baldrian bei Schlafstörungen.

Gefühlte Verbesserung – deshalb wirkt die Behandlung beim Heilpraktiker trotzdem

Für viele andere naturheilkundliche Therapien wurde die Wirksamkeit dagegen nie nachgewiesen. Dennoch machen viele Patienten positive Erfahrungen damit. Viele Menschen berichten von einem verbesserten Wohlbefinden, nachdem sie bei einem Heilpraktiker in Behandlung waren. Und auch Studien zeigen: Subjektiv gesehen nehmen die Patienten einen positiven Effekt wahr, auch wenn die Therapie objektiv gesehen unwirksam ist.

Irrt sich die Wissenschaft?

Woran liegt das? Irrt sich die Wissenschaft in diesen Fällen einfach? Tatsächlich gibt es naturheilkundliche Therapien, die schlicht noch nicht ausreichend untersucht wurden. Doch oft spielen ganz andere Faktoren eine Rolle.

Wenn Patienten begeistert von ihrer heilpraktischen Behandlung berichten, wird häufig der bereits genannte Placebo-Effekt als Hauptgrund gesehen. Wer glaubt, er würde eine wirksame Therapie erhalten, bei dem stellt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch ein Effekt ein. Die Patienten fühlen eine Verbesserung ihrer Beschwerden und führen diese auf das Therapieverfahren zurück.

Das Gespräch – Balsam für die Seele

Inzwischen weiß man aber auch, dass es oft das ausführliche Gespräch mit dem Heilpraktiker oder dem naturheilkundlichen Arzt ist, das sich positiv auf das Wohlbefinden auswirkt. In der klassischen Arztpraxis ist die Zeit, die der Arzt für jeden Patienten zur Verfügung hat, knapp bemessen. Deshalb ist der Termin beim Heilpraktiker, der sich Zeit nimmt und sich kümmert, oft Balsam für die Seele – und verbessert so das Wohlbefinden.

Autorenbox

Nadine Eckert arbeitet als freiberufliche Wissenschaftsredakteurin in Köln. Sie schreibt für verschiedene medizinische Zeitschriften, darunter das Deutsche Ärzteblatt. Die studierte Biologin ist seit 15 Jahren als Journalistin tätig.

Quellennachweise:

  1. Modellvorhaben Akupunktur: überragende Wirksamkeitsnachweise für die Akupunktur
    https://link.springer.com/article/10.1078%2F0415-6412-00125
  2. Wie wirkt Akupunktur?
    https://www.daegfa.de/PatientenPortal/Akupunktur.Wie_wirkt_Akupunktur.aspx
    Wissenschaftliche Bewertung osteopathischer Verfahren
    https://www.aerzteblatt.de/archiv/66809/Wissenschaftliche-Bewertung-osteopathischer-Verfahren
  3. Phytotherapie in den medizinischen S3-Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften – eine systematische Übersichtsarbeit
    https://www.karger.com/Article/Pdf/370079