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Schmerztabletten: Wie Ibuprofen, Paracetamol u.a. wirken

Wenn es im Rücken zieht oder der Schädel raucht, sind Schmerzmittel für viele die letzte Rettung. Ob Ibuprofen oder Paracetamol, ist dann oft egal. Allerdings gibt es Unterschiede in der Wirkweise. Manche Schmerzmittel lassen mit der Zeit nach, in Einzelfällen schlagen sie gar nicht an. Mehr bringt nicht immer mehr – und Schmerzmittel können sogar neue Schmerzen hervorrufen. Der Experte Professor Hans-Raimund Casser erklärt auch, warum der Magenschoner dazu nicht immer sinnvoll ist und wieso man Medikamente am besten vor dem Essen nimmt.

Welche Funktion hat der Schmerz im menschlichen Körper?

Schmerzen sind eine Art Alarmanlage: Sie weisen darauf hin, dass irgendetwas mit dem Körper nicht stimmt. Diese Alarmanlage funktioniert über komplexe biochemische Vorgänge. Schmerzmittel schalten sie aus. Sie verhindern, dass der Schmerzreiz, wo auch immer er auftritt, ans Gehirn weitergesendet wird.

In Envivas.Puls erklärt der renommierte Schmerztherapeut Professor Hans-Raimund Casser, ärztlicher Direktor des DRK-Schmerz-Zentrums in Mainz, die wichtigsten Wirkprinzipien und erklärt, was Sie bei der Einnahme beachten sollten. Sein vielleicht wichtigster Ratschlag: Viel helfe nicht immer viel und unter Umständen können Schmerzmittel gar zum Auslöser von Schmerzen werden. Sein Mainzer Schmerz-Zentrum ist eine interdisziplinär arbeitende Spezialklinik zur Abklärung und Behandlung akuter und chronischer Schmerzen.

„Generell gilt: so viel wie nötig, so wenig wie möglich.”

Wie lange sollte eine Schmerz-Therapie andauern?

Generell gilt für die Einnahme von Schmerzmitteln: so viel wie nötig, so wenig wie möglich. Anders als etwa bei Antibiotika sollte eine verschriebene Packung nicht zwingend aufgebraucht werden.

Während einer laufenden Behandlung sollte man nicht von einem zum anderen Schmerzmittel wechseln. Im Zweifelsfall beraten Arzt und Apotheker. Über Art und Anwendung von Medikamenten informiert grundsätzlich die Packungsbeilage, weitere Fragen beantworten auch hier Arzt und Apotheker.

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Wie wirken Schmerzmittel und welche Unterschiede gibt es?

Schmerzmittel lassen sich in zwei Gruppen einteilen: in solche, die eher zentral wirken, also über Rückenmark oder Gehirn. Und solche, die eher peripher wirken, also dort, wo der Schmerz entsteht, erklärt Professor Casser. Schmerzen entstehen durch die Aktivierung bestimmter Rezeptoren – diese spezialisierten Nervenfasern werden auch Nozizeptoren genannt.

Die einen Medikamente setzen tendenziell da an, wo der Schmerz entsteht, die anderen verhindern, dass der Schmerz das Gehirn erreicht, erklärt der Experte. Tendenziell heißt, eine komplette Einseitigkeit gibt es nicht: „Es gibt kein Medikament, von dem man sagen kann, es wirkt nur peripher oder nur zentral.“


 

„Schmerzmittel teilt man generell in solche ein, die zentral wirken, und solche, die peripher wirken.”

Was sind die wichtigsten rezeptfreien Schmerzmittel?

Besonders starke Schmerzmittel müssen vom Arzt verschrieben werden, andere gibt es rezeptfrei. Manche sind nur in geringer Dosierung rezeptfrei, die höhere Dosierung muss verschrieben werden. Die größte Gruppe rezeptfreier Schmerzmittel trägt einen komplizierten Namen: nichtsteroidale Antirheumatika. Der Name rührt daher, dass sie früher vor allem zur Behandlung von rheumatischen Schmerzen eingesetzt wurden und – anders als andere Rheumamittel – keine Steroide enthalten. Der Begriff wird meist in der abgekürzten Form – NSAR – verwendet.

NSAR werden heute bei ganz unterschiedlichen Schmerzen eingesetzt, etwa bei Kopf- und Zahnschmerzen oder Regelbeschwerden. Von den besonders häufig eingesetzten NSAR hat fast jeder schon gehört, bei vielen findet sich mindestens eins der Mittel im Medizinschrank: Sei es Diclofenac, Ibuprofen, Naproxen oder Acetylsalicylsäure (auch bekannt als Aspirin). Weit verbreitet und ebenfalls rezeptfrei erhältlich ist das Schmerzmittel Paracetamol.

Früher galten die NSAR als typische Schmerzmittel, die peripher ihre Wirkung tun, Paracetamol hingegen wirke zentral. „Heute weiß man, NSAR wirken auch ein bisschen zentral“, sie haben etwa eine zentrale Wirkung auf das Temperaturzentrum, senken also das Fieber, sagt Casser. „Und Paracetamol hat ebenfalls eine periphere Wirkung, da haben wir also auch beides.“

„In den Medizinschränken am weitesten verbreitet sind: Diclofenac, Ibuprofen, Naproxen, Acetylsalicylsäure (Aspirin) und Paracetamol.”

Wie lange hält die Wirkung an?

„Ein handelsübliches Schmerzmittel wirkt nicht länger als vier bis sechs Stunden“, so könne man laut Casser ungefähr sagen. Im Durchschnitt gelte diese Wirkungsdauer gleichermaßen etwa für eine „Paracetamol 500“ (also mit 500 mg Wirkstoff pro Tablette) wie für Ibuprofen. Sei es eine „Ibuprofen 400“ oder eine „Ibuprofen 800“. Die Wirkungszeit liegt bei einem halben Tag.

Ausnahmen seien sogenannte retardierte Formen von Medikamenten, das steht dann auch auf der Packung. Bei ihnen sorgen Trägersubstanz und Tablettenhülle dafür, dass der Wirkstoff verlangsamt abgegeben wird. „Die können dann auch mal zwölf Stunden wirken, manchmal bis zu 24 Stunden.“ Retardierte Präparate lohnen sich insbesondere bei chronischen Schmerzen. Im Idealfall sorgen sie dafür, dass der Wirkstoffspiegel im Blut ohne große Schwankungen gleichgehalten wird. Ganz genau lasse sich das allerdings nicht immer berechnen.

Grundsätzlich gilt: Menschen reagieren sehr subjektiv auf Schmerzmittel, ihre Wirkung kann entsprechend unterschiedlich ausfallen. „Jedes der Medikamente hat einen anderen chemischen Aufbau“, sagt der Schmerztherapeut. Deshalb gebe es auch Unterschiede in der Wirkweise, den möglichen Nebenwirkungen und den Anwendungsgebieten. Auch können Medikamente in verschiedenen Darreichungsformen angeboten werden, dabei kommt es nicht nur auf den Wirkstoff an.

„Ein handelsübliches Schmerzmittel wirkt nicht länger als vier bis sechs Stunden.”

Wie schnell schlagen Schmerzmittel an?

Wann die Wirkung bei Ibuprofen eintritt und wie schnell Paracetamol wirkt, da gibt es prinzipiell keine großen Unterschiede. Im Durchschnitt erfolgt der Wirkungseintritt von Schmerzmitteln nach etwa einer halben Stunde. Zumindest, wenn man sie – wie es am häufigsten geschieht – in Tablettenform schluckt, sie also über den Magen aufgenommen werden. Bei retardierten Medikamenten dauert es länger, bis sie anschlagen (ein bis zwei Stunden).

Nimmt man das Mittel direkt über die Zunge auf, etwa in Tropfenform, kann es auch schon nach zehn bis 15 Minuten wirken. Genauere Angaben zu „Wirkeintritt und Wirkdauer von Analgetika“, also Schmerzmitteln, bietet eine gleichnamige Übersicht des Universitätsspitals Basel.

„Alle über den Magen verarbeiteten Medikamente wirken nach etwa 30 Minuten.”

Kann ich die Wirkung beliebig erhöhen?

Erst einmal ja. Eine höhere Dosis an Wirkstoff sorgt – ob man nun mehr Tabletten schluckt oder zu stärkeren Pillen greift – für eine höhere analgetische Wirkung. Allerdings lässt sich das nicht unbegrenzt ausreizen.

Irgendwann ist eine Sättigung erreicht, die Dosis-Wirkungs-Kurve stößt an die Decke, man spricht auch vom Ceiling-Effekt. Das bedeutet dann nicht, dass die Schmerzmittel nicht wirken – im Gegenteil. „Wenn einmal alle Schmerzrezeptoren vom Schmerzmittel blockiert sind, lässt sich das nicht mehr steigern“, so Hans-Raimund Casser, „Viel hilft nicht immer viel!“

„Viel hilft nicht immer viel!”
Prof. Hans-Raimund Casser

Was hilft bei chronischen Kopfschmerzen?

Es klingt paradox: Mittel gegen Schmerzen können Schmerzen auslösen! Beim medikamenteninduzierten Kopfschmerz passiert eben das. Es ist ein Teufelskreis: Aus Angst vor Schmerzattacken werfen Betroffene immer häufiger (oder immer stärkere) Schmerzmittel ein. Das kann sich auf den Stoffwechsel im Gehirn auswirken. Reize, die das Schmerzzentrum toleriert hat, werden dann als schmerzhaft bewertet, die Kopfschmerzen werden chronisch.

Schmerzexperte Casser spricht gar davon, dass das Überschreiten einer gewissen Wirkstoffdosis gar einen ganz neuen, also zusätzlichen Kopfschmerz auslösen kann. „Zu einer Migräne entwickelt sich etwa noch ein ganz anderer Kopfschmerz, der sich fast wie ein Spannungskopfschmerz äußert.“ Dieses Medikament müsse man dann entziehen und gegebenenfalls auf ein anderes Präparat umstellen, dann fühlten sich die Patienten wieder besser. Interessanterweise komme dieses Phänomen nicht bei Rückenschmerzen vor. „Das kann keiner so genau erklären.“


 

„Suchen Sie Ihren Arzt auf, bevor Sie die Wirkstoffdosis unkontrolliert in die Höhe schrauben.”

Was kann ich tun, wenn Schmerzmittel nicht wirken?

Eine Geschichte, dass nach einer Mandel-OP Schmerzmittel überhaupt nicht geholfen hätten, kann durchaus stimmen. Zumindest könne es vorkommen, sagt Schmerzfachmann Casser, dass auch ein seit vielen Jahren etabliertes Schmerzmittel im Einzelfall wirkungslos ist. Dass das Medikament ohne Wirkung bleibt, habe mit den großen individuellen Unterschieden bei der Verarbeitung der Medikamente zu tun.

Viel wahrscheinlicher aber ist es, dass Schmerzmittel nicht dauerhaft helfen, weil sie die falsche Therapieform sind, beispielsweise bei Rückenschmerzen. „Wenn ich eine Schwäche in der Muskulatur habe, übertünche ich das Problem mit einem Schmerzmittel nur.“ Medikamente könnten zwar den akuten Schmerz unterdrücken und für Entspannung sorgen – mit dem Ziel, besser physiotherapeutisch mit dem Patienten arbeiten zu können. „Aber in erster Linie wirken Schmerzmittel gegen die Folgen einer Krankheit, nicht gegen ihre Ursachen.“

Ein Spezialfall ist das verklemmte Iliosakralgelenk im unteren Rückenbereich, wenn sich Darmbein und Kreuzbein zueinander verschieben. Dieses sogenannte ISG-Syndrom kann sehr schmerzhaft sein. Und es kann sein, dass Schmerzmittel-Tabletten nicht reichen, um nachhaltig zu helfen. Die Blockade lasse sich aber oft mit einer medizinischen Behandlung lösen, indem man etwa die Beweglichkeit durch langsames Dehnen verbessert.

„Aber manchmal ist das Gelenk derart verklemmt – und vielleicht auch schon recht lange – dass man dem Patienten erst einmal ein lokales Betäubungsmittel spritzen muss, um ihn zu lockern“, so Casser. Und oft funktioniert danach dann das Einrenken.

Schmerzmittel für Kinder? Und wie anwenden?

Besondere Vorsicht sollte man walten lassen, wenn die Schmerzmittel an Kinder und Kleinkinder gegeben werden sollen. Die Packungsbeilage gibt Dosierungsangaben, die nach Alter und Körpergewicht variieren können. Paracetamol etwa ist auch für die ersten Monate zugelassen, Ibuprofen erst ab dem sechsten Lebensmonat.

Ein Problem kann auftreten, wenn schon das Einnehmen eines Präparats nicht funktioniert. Auch Paracetamol wird üblicherweise in Tablettenform verabreicht. Kinder und Säuglinge aber spucken Tabletten oft wieder aus – auch weil sie sie noch nicht mit einem Schluck Wasser einnehmen können.

Gerade beim Baby bieten sich dann Schmerzmittel-Zäpfchen an, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Alternativ bietet sich Paracetamol-Saft an. Für jede Altersgruppe gibt es speziell niedrig dosierte Präparate.

„Für Kinder eignen sich Säfte oder Zäpfchen besser, weil Kinder Tabletten oft nur schwer schlucken können.”

Häufige Fragen zu Schmerztabletten

Was sind rezeptfreie Schmerztabletten und wie sicher sind sie?
Rezeptfreie Schmerzmittel, wie Ibuprofen und Paracetamol, sind in Apotheken erhältlich und können akute Schmerzen wirksam lindern. Ihre sichere Anwendung erfordert jedoch die Beachtung von Dosierung und möglichen Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten.

Welche rezeptfreien Schmerzmittel gibt es?
Die größte Gruppe rezeptfreier Schmerzmittel sind nicht steroidale Antirheumatika (NSAR), darunter Acetylsalicylsäure (ASS), Diclofenac, Ibuprofen und Naproxen. Paracetamol ist ein weiteres weit verbreitetes rezeptfreies Schmerzmittel.

Wie wirken diese Schmerzmittel?
NSAR hemmen bestimmte Enzyme, die Cyclooxygenasen oder COX-Enzyme genannt werden, und wirken entzündungshemmend und fiebersenkend. Paracetamol hat eine schmerzlindernde und fiebersenkende Wirkung, ohne jedoch entzündungshemmend zu sein.

Wie sollten Schmerzmittel dosiert werden?
Die richtige Dosierung ist entscheidend, um das Risiko von Nebenwirkungen und Komplikationen zu minimieren. Es ist wichtig, die Tages-Höchstdosen nicht zu überschreiten. Die empfohlene Dosierung variiert je nach Wirkstoff.

Welche Nebenwirkungen und Komplikationen können auftreten?
Häufige Nebenwirkungen von NSAR sind Magenprobleme, während Paracetamol bei hoher Dosierung das Risiko für Leberschäden erhöhen kann. NSAR wie Diclofenac erhöhen auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Das Risiko von Komplikationen kann durch zusätzliche Medikamente, die den Magen schützen, reduziert werden.

Wer hat ein erhöhtes Risiko für Komplikationen?
Menschen über 65 Jahren, die bereits Magengeschwüre, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen oder Herzerkrankungen haben, sowie Personen, die mehrere Medikamente einnehmen, haben ein höheres Risiko für Komplikationen. Menschen mit Nierenschwäche sollten die Schmerzmittel besonders vorsichtig anwenden.

Wann sollte man auf bestimmte Schmerzmittel verzichten?
Personen mit fortgeschrittener Nierenerkrankung, Magengeschwüren, schwerer Herzschwäche oder Asthma sollten bestimmte Schmerzmittel vermeiden. In der Schwangerschaft und bei Lebererkrankungen gelten ebenfalls spezielle Vorsichtsmaßnahmen.

Welche Anzeichen deuten auf Komplikationen hin?
Bei Anzeichen wie schwarzen Stühlen, Blutarmut oder starken Magenschmerzen sollten ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden. Erbrechen von Blut und Durchbruch der Magenwand sind seltene, aber lebensbedrohliche Komplikationen.

Wie können Komplikationen vermieden werden?
Die Risiken können durch Beachtung des Beipackzettels, niedrige Dosierung, begrenzte Anwendungsdauer und das Abwägen von Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten reduziert werden. Bitte besprechen Sie eine längerfristige Medikamenten-Einnahme immer mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin.

Was passiert bei Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten?
Schmerzmittel können mit anderen Medikamenten Wechselwirkungen haben, die die Wirkung verstärken, abschwächen oder aufheben können. Es ist wichtig, mögliche Wechselwirkungen zu beachten und sich bei Unsicherheit von einem Arzt oder Apotheker beraten zu lassen.

Hinweis: Die hier angegebenen Inhalte dienen ausschließlich der allgemeinen Information und können eine erforderliche medizinische Beratung, Diagnose oder Empfehlung nicht ersetzen. Bei Fragen oder Symptomen im Zusammenhang mit Knieschmerzen sollte immer ein Arzt oder eine Ärztin konsultiert werden.

Markus Düppengießer

Autor

Markus Düppengießer, Journalist und Lektor, lebt in Köln. Früher schrieb er vor allem für Tageszeitungen, heute für verschiedene Fachmedien (on- und offline) aus den Bereichen Gesundheit und Personalwesen, für ein Straßenmagazin und eine Kinderzeitung. Zudem ist er Dozent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.