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Vitamin D – Wann die Einnahme von Kapseln sinnvoll ist

Wenn die Tage kürzer werden, kann unser Körper kein Vitamin D mehr produzieren. Zwar kommen wir mit einem gut gefüllten Speicher meist problemlos durch den Winter. Für Menschen, die auch im Sommer nur wenig Sonne abbekommen, kann die Einnahme von Vitamin-D-Präparaten jedoch sinnvoll sein. Ein paar Dinge gibt es dabei allerdings zu beachten.

Fast jede Zelle unseres Körpers scheint Vitamin D zu benötigen

Für starke Knochen ist Vitamin D unabdingbar. Denn Calcitriol, wie das Vitamin auch genannt wird, fördert die Aufnahme von Kalzium aus dem Darm und den Einbau des Minerals in unsere Knochen. Doch ganz offensichtlich kann Vitamin D, das medizinisch betrachtet eigentlich gar kein Vitamin, sondern ein Hormon ist, noch viel mehr.

„Fast jede Zelle des menschlichen Körpers besitzt auf ihrer Oberfläche Rezeptoren für Vitamin D“, sagt Prof. Dr. Heide Siggelkow von der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie. „Das lässt vermuten, dass Calcitriol in unseren Organen wichtige Aufgaben übernimmt, die wir zum Teil vermutlich noch gar nicht kennen.“ Aus Tierexperimenten weiß man zum Beispiel, dass Vitamin D für das Herz-Kreislauf- und das Immunsystem wichtig ist und dass es vermutlich sogar Krebs vorbeugt.

Die Vorstufe von Vitamin D wird in der Haut produziert

Anders als alle anderen Vitamine nehmen wir das fettlösliche Vitamin D nicht ausschließlich mit der Nahrung auf. Den größten Teil, immerhin mehr als zwei Drittel der benötigten Menge, produziert der Körper selbst – und zwar in den Zellen seiner Haut. Dazu benötigt er allerdings Sonnenlicht, genauer gesagt die darin enthaltenen UV-B-Strahlen. Aus der in der Haut gebildeten Vorstufe des Vitamins entsteht später in den Nieren die eigentlich wirksame Form, das Calcitriol.

„Schon eine Creme mit dem Lichtschutzfaktor 8 drosselt die körpereigene Vitamin-D-Produktion auf nur etwa zwei Prozent der gewöhnlichen Menge”
Prof. Dr. Heide Siggelkow

„Wer sich in den Sommermonaten, also etwa von Mai bis Oktober, viel im Freien aufhält, produziert in der Regel so große Mengen des Vitamins, dass seine Speicher im Fettgewebe und in der Leber gut gefüllt werden“, sagt die ärztliche Leiterin des Endokrinologikums Göttingen, Siggelkow. „Gesunde Menschen kommen damit fast immer auch problemlos durch den Winter.“ Damit die Synthese gelinge, sei es allerdings erforderlich, im Sommer einen Teil des Körpers, zum Beispiel Gesicht und Hände, mindestens für eine Stunde am Tag ungeschützt der Sonne auszusetzen.

Und da beginnt das Problem: „Schon eine Creme mit dem Lichtschutzfaktor 8 drosselt die körpereigene Vitamin-D-Produktion auf nur etwa zwei Prozent der gewöhnlichen Menge“, erklärt Siggelkow. Wer im Sommer Sonnenbrand und Hautkrebs sicher verhindern möchte, muss das Vitamin daher oft auf anderen Wegen zu sich nehmen. Das Gleiche gilt für Menschen, die sich ohnehin wenig im Freien aufhalten oder die aus kulturellen oder religiösen Gründen nur mit vollständig bedecktem Körper nach draußen gehen.

Vitamin D ist vor allem in fettem Seefisch enthalten

Den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zufolge sollten Kinder und Erwachsene, die keine nennenswerten Mengen des Vitamins selbst produzieren, täglich etwa 20 Mikrogramm mit der Nahrung oder mit Nahrungsergänzungsmitteln zu sich nehmen. Das entspricht 800 Internationalen Einheiten, kurz IE.

In den meisten Lebensmitteln ist Vitamin D jedoch nur in sehr geringen Mengen enthalten. Die einzige Ausnahme bilden fette Speisefische. „Wer jeden Tag etwa 25 Gramm Hering oder Lachs verzehrt, ist vermutlich ausreichend mit Vitamin D versorgt“, sagt Siggelkow. Auch in Eiern, Leber, Avocados, Pilzen, Margarine, Milch und Käse ist das Vitamin enthalten. Über diese Nahrungsmittel den täglichen Bedarf zu decken, ist allerdings ungleich schwieriger. Ein Hühnerei der Größe M zum Beispiel enthält gerade einmal rund 50 IE.
 

So erhöhen Sie Ihren Vitamin-D-Spiegel auf natürliche Weise

  • Halten Sie sich so oft wie möglich unter freiem Himmel auf. Schon im Schatten eines Baumes oder Daches ist die Vitamin-D-Produktion der Haut stark reduziert.
  • Je dunkler Ihre Haut ist, desto mehr Sonne benötigt sie, um Vitamin D zu produzieren. Verwenden Sie nur so viel Sonnenschutzmittel, wie Sie persönlich brauchen, um sich vor einem Sonnenbrand sicher zu schützen.
  • Gesicht und Hände sollten im Sommer tagsüber möglichst eine Stunde lang ungeschützt der Sonne ausgesetzt sein. Eine halbe Stunde ist ausreichend, wenn zum Beispiel auch Arme und Beine unbekleidet bleiben.
  • Je höher die Sonne tagsüber steht, desto größer ist die Vitamin-D-Produktion der Haut. Ein kurzer Spaziergang in der Mittagspause kurbelt die Herstellung bereits kräftig an.
  • Essen Sie, so oft Sie mögen, fetten Seefisch, gerne mehrmals in der Woche. Große Mengen Vitamin D enthalten zum Beispiel Hering, Lachs, Aal, Makrele und Thunfisch.

Ein leichter Mangel kommt hierzulande häufig vor

Um einen Vitamin-D-Mangel zu erkennen, ist es möglich, beim Arzt im Blutserum die Konzentration von 25-Hydroxyvitamin-D, einer Vorstufe des aktiven Vitamins, bestimmen zu lassen. Gesunde Menschen müssen die Kosten dafür, meist sind es rund 40 Euro, allerdings selbst tragen. In der Apotheke und im Internet werden zudem Schnelltests für zuhause angeboten, die oft etwas günstiger, vermutlich aber auch weniger zuverlässig sind.

Nach Angaben des Berliner Robert Koch-Instituts (RKI) und der Deutschen Gesellschaft für Ernährung liegt ein Mangel vor, wenn der gemessene Wert von 25-Hydroxyvitamin-D, kurz 25(OH)D, im Serum weniger als 20 ng/ml oder 50 nmol/l beträgt – je nachdem, in welcher Einheit die Konzentration angegeben wird.

„Bei bestimmten Erkrankungen, etwa einer Osteoporose, sollten sich die Werte zudem möglichst im oberen Bereich befinden.”

„Anzustreben sind Werte, die zwischen 20 und 50 ng/ml beziehungsweise zwischen 50 und 125 nmol/l liegen“, erklärt Siggelkow. „Diese Konzentrationen werden wahrscheinlich aber nur von etwa der Hälfte der Bevölkerung erreicht.“ Bei bestimmten Erkrankungen, etwa einer Osteoporose, im Volksmund auch Knochenschwund genannt, sollten sich die Werte zudem möglichst im oberen Bereich befinden.

Zu große Mengen des Vitamins sind ebenfalls schädlich

Mit Nahrungsergänzungsmitteln ist es allerdings auch möglich, zu große Mengen an Vitamin D aufzunehmen. Von einer möglichen Überversorgung, die für den Körper negative gesundheitliche Folgen haben kann, spricht das RKI bei Serumkonzentrationen von mehr als 50 ng/ml oder 125 nmol/l. Sie führen im Körper zu einem erhöhten Kalziumspiegel, der sogenannten Hyperkalzämie.

Diese kann unter anderem zu Übelkeit, Appetitlosigkeit, Bauchkrämpfen und Erbrechen führen. In schweren Fällen könne eine Hyperkalzämie sowohl bleibende Nierenschäden als auch lebensgefährliche Herzrhythmusstörungen hervorrufen, warnt das RKI. Da Vitamin D im Körper gespeichert wird, ist neben einer akuten auch eine schleichende Überdosierung möglich.

„Von Präparaten, die zum Teil 20.000 oder noch mehr IE enthalten, kann ich ohne eine entsprechende ärztliche Empfehlung nur abraten.”
Prof. Dr. Heide Siggelkow.

„Von Präparaten, wie sie im Internet leicht erhältlich sind, die zum Teil 20.000 oder noch mehr IE enthalten, kann ich ohne eine entsprechende ärztliche Empfehlung daher nur abraten“, sagt Siggelkow. Diese seien nur bei bestimmten Erkrankungen, etwa des Magen-Darm-Trakts, der Leber oder der Niere, notwendig. Auch manche Medikamente, zum Beispiel Kortison und Antiepileptika, oder Operationen im Verdauungstrakt erfordern zuweilen die begleitende Einnahme höherer Dosen Vitamin D.

Ohne Fett kann der Körper Vitamin D nicht verwerten

Auf der sicheren Seite sollten die meisten Menschen mit Vitamin-D-Präparaten sein, die 400 bis 800 IE enthalten und täglich eingenommen werden. Angeboten werden unterschiedliche Darreichungsformen, am häufigsten sind Tropfen, Kapseln und Tabletten. Tropfen und Kapseln haben den Vorteil, dass sie in aller Regel auch Öle enthalten, ohne die der Körper das fettlösliche Vitamin D nicht verwerten kann.

„Tabletten sollten demnach stets zusammen mit einer Mahlzeit eingenommen werden, die zumindest etwas Fett enthält“, rät Siggelkow. Nahrungsergänzungsmittel mit größeren Mengen Vitamin D, die nur einmal wöchentlich geschluckt werden müssen, sind ebenfalls auf dem Markt. Solche Depotpräparate hält die Göttinger Hormonspezialistin allerdings für weniger sinnvoll.

Ihrer Ansicht nach ist es auch nicht erforderlich, Vitamin D stets mit Vitamin K zu kombinieren, wie es gelegentlich empfohlen wird. „Zwar unterstützt Vitamin K in vielen Fällen die Wirkung von Vitamin D“, sagt Siggelkow. „Die allermeisten Menschen sind mit Vitamin K, das der Körper ebenfalls im Fettgewebe speichern kann, aber ohnehin gut versorgt.“

Vitamin-D-Werte im Blut und ihre möglichen Folgen

25(OH)D in ng/ml25(OH)D in nmol/lFolgen
< 12< 30Mangelhafte Versorgung mit einem erhöhten Risiko für Krankheiten wie Rachitis und Osteoporose
12 – < 2030 – < 50Suboptimale Versorgung mit möglichen Folgen für die Knochengesundheit
20 – < 3050 – < 75Ausreichende Versorgung in Bezug auf die Knochengesundheit
30 – < 5075 – < 125Ausreichende Versorgung in Bezug auf die Knochengesundheit ohne weiteren Zusatznutzen für die Gesundheit
≥ 50≥ 125Mögliche Überversorgung, die für den Körper negative gesundheitliche Folgen wie Nierensteine oder Herzrhythmusstörungen haben kann

Quelle: RKI

Vitamin-D-Präparate nutzen nur manchen Menschen

Zudem profitiert nicht jeder gesunde Mensch von einer Vitamin-D-Einnahme in künstlicher Form. „Sinnvoll ist die Supplementierung in erster Linie für Personen, die entweder einen nachgewiesenen Vitamin-D-Mangel oder ein erhöhtes Risiko für Osteoporose haben“, sagt Siggelkow.

Auch für Säuglinge und ältere Menschen könne eine ergänzende Einnahme ratsam sein. Denn Babys sollten aufgrund des noch fehlenden Eigenschutzes ihrer Haut der Sonne möglichst gar nicht ausgesetzt werden. Und die Muttermilch enthält meist nur geringe Mengen Vitamin D. Im Alter lässt die körpereigene Vitamin-D-Produktion zudem oft nach. „Für alle anderen Personengruppen ließ sich hingegen in guten wissenschaftlichen Studien kein zusätzlicher Nutzen einer Vitamin-D-Supplementierung bei gesunden Menschen nachweisen“, sagt Siggelkow.

Generelle Empfehlungen zur Einnahme des Vitamins sind schwierig

Wird mit der Einnahme begonnen, sollten die 25(OH)D-Werte im Blut nach zwei bis drei Wochen anfangen zu steigen. Nach zwei bis drei Monaten sind die Speicher dann meist gut gefüllt. „Was man zuletzt allerdings beobachtet hat, ist die Tatsache, dass es drei Gruppen von Menschen gibt, die Vitamin D unterschiedlich gut aufnehmen und verwerten können“, sagt Siggelkow. „Diese Gruppen verfügen über jeweils andere Enzyme, die am Vitamin-D-Stoffwechsel beteiligt sind“, erläutert die Medizinerin.

„Schaden kann es daher nicht, zumindest einmal im Leben, am besten am Ende eines Sommers oder Winters, seinen Vitamin-D-Status im Blut überprüfen zu lassen.”
Prof. Dr. Heide Siggelkow

Auch aus diesem Grund sei es schwer, Empfehlungen zur Vitamin-D-Supplementierung zu geben, die für alle Menschen gültig seien. „Schaden kann es daher nicht, zumindest einmal im Leben, am besten am Ende eines Sommers oder Winters, seinen Vitamin-D-Status im Blut überprüfen zu lassen“, sagt Siggelkow. „So erhält man zumindest einen Hinweis darauf, zu welcher Gruppe man vermutlich gehört – und ob die Einnahme des Vitamins tatsächlich nötig oder ratsam ist.“