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Mit oder ohne Sprudel?
Trinken ist lebenswichtig. Ohne die kontinuierliche Zufuhr von Wasser würde der Transport von Nahrungsbestandteilen und der Abtransport von Abbauprodukten aus den Zellen unseres Körpers stillstehen. Auch das Gehirn könnte seiner Arbeit nicht nachkommen und gerade im Sommer würde der Körper ohne Wasser überhitzen. Wasserzufuhr ist also ein Muss. Aber wie viel Flüssigkeit brauchen wir und welches Wasser ist am gesündesten?
Inhaltsverzeichnis
- Wie viel sollte man trinken?
- Wer auf sein Trinkverhalten besonders achten muss
- Ist Leitungswasser ebenso gut wie Mineralwasser?
- Und was ist mit Schadstoffen?
- Was dient der Gesundheit mehr: Sprudelig oder still?
- Und welches Behältnis soll es sein? Glas oder Plastik?
- Es muss nicht zwingend immer Wasser sein
„Der Durst war so gewaltig, dass mein Mund wie Sand knirschte“, schrieb Antoine de Saint-Exupéry vor knapp 90 Jahren in seinem autobiografischen Buch „Wind, Sand und Sterne“. Von der Dringlichkeit des Bedürfnisses nach Flüssigkeit spricht auch Professor Dr. Tobias Meyer, Nephrologe am Asklepios Klinikum Barmbek. „Durst ist ein nicht zu ignorierendes Signal.“ Es stelle sich ein, wenn das Salz-Wasser Verhältnis im Blut zu Gunsten des Salzes ins Ungleichgewicht kippe. „Sie werden verrückt, wenn Sie dann nichts trinken.“
„Sie werden verrückt, wenn Sie dann nichts trinken.”
Verantwortlich dafür, dass das Alarmsystem bei Mangelerscheinungen weitgehend zuverlässig funktioniert, ist das antidiuretische Hormon ADH. Die Antidiurese ist ein Ausscheidungsstatus der Niere. Dabei sorgt das Hormon ADH dafür, dass die Nieren weniger Wasser ausstoßen. Gleichzeitig drosselt es die Speichelproduktion. Dies führt zu einer trockenen Kehle und dem quälenden Gefühl von Durst.
Wie viel sollte man trinken?
Die Sorge um eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr müsse die meisten Menschen deshalb gar nicht allzu sehr umtreiben. Zwar geistere der Rat, besser sehr viel zu trinken, immer noch durch die Köpfe der Menschen. Man müsse aber bedenken, dass der griechische Arzt Galen ihn in die Welt setzte – und das im zweiten Jahrhundert nach Christus. Für Experten wie Meyer ist es deshalb nach heutigem Stand der Forschung ausreichend, wenn Menschen so viel Wasser auffüllten, „wie unten rauskommt“. In der Regel umfasse die Menge des Urins etwa 1,5 Liter am Tag.
Auch Studien haben ergeben, dass sich die Nierenfunktion bei denjenigen, die täglich deutlich mehr, nämlich 2,5 Liter tränken, nicht verbesserten. Da auch über die Haut sowie die Atemluft Wasser verloren gehe, liege die empfohlene Trinkmenge bei heißem Wetter oder körperlicher Anstrengung aber etwas höher.
„Nach heutigem Stand der Forschung ist es ausreichend, wenn Menschen so viel Wasser auffüllen, „wie unten rauskommt“. Etwa 1,5 Liter am Tag. ”
Dass wir nicht deutlich mehr Flüssigkeit durch unsere Kehle rauschen lassen müssen, haben wir übrigens einem cleveren Trick unserer Nieren zu verdanken. 1.800 Liter filtern die Zwillingsorgane pro Tag, um Schadstoffe aus dem Blut zu schwemmen. Übrig bleiben 180 Liter dreckiges Wasser, das Mediziner Primärharn nennen. Müssten wir diese riesige Menge täglich ausscheiden und wieder nachfüllen, wäre dafür eine Trinkmenge von sieben Litern in der Stunde nötig – andere Tätigkeiten blieben bei einem derartigen Pensum auf der Strecke.
Also hat sich der Körper etwas Schlaues ausgedacht. Er resorbiert 99 Prozent des zur Spülung des Körperkreislaufs benötigten Wassers wieder aus dem Primärharn und scheidet nur die restlichen 1,5 Liter aus – die wir dann nachtrinken müssen. Eine Meisterleistung, die uns jede Menge Ärger erspart, aber auch aufwendig ist. „Der Energieverbrauch der Nieren macht rund zwanzig Prozent der täglich verbrauchten Gesamtenergie des Körpers aus und ist mit dem des Gehirns vergleichbar“, sagt Meyer.
Wer auf sein Trinkverhalten besonders achten muss
Während der gesunde Mensch nicht zwingend die Anzahl der ausgetrunkenen Gläser zählen muss, gibt es Personengruppen, die einen abweichenden Flüssigkeitsbedarf haben und deshalb doch ihr Trinkverhalten im Blick behalten sollten. Betroffen sind:
- Akut Erkrankte, die über Fieber oder Durchfall klagen. Hier empfiehlt sich eine Trinkmenge von täglich zwei Litern.
- Seniorinnen und Senioren. Da die Nieren den Urin im Alter schlechter konzentrieren, vergrößert sich die Urinmenge, die den Körper verlässt. Auch hier empfiehlt sich, eher zwei Liter täglich zu trinken.
- Patienten mit Herzinsuffizienz. Arbeitet das Herz mit verminderter Kraft, regt das den Körper dazu an, Wasser zu speichern. Betroffene sollten deshalb weniger trinken oder sogenannte Diuretika einnehmen, die den Körper beim Ausscheiden von Flüssigkeiten unterstützen.
- Menschen mit Niereninsuffizienz. Ist die Wiederaufbereitungstätigkeit der Nieren eingeschränkt, landet zu viel Urin in der Toilette. Es ist deshalb ratsam, die Trinkmenge in diesem Fall auf zwei Liter täglich zu erhöhen.
„Bei Flüssigkeitsmangel reagiert der Körper mit verdicktem Stuhlgang, trockenem Husten und schlaffer Haut. ”
Haben wir zu wenig getrunken, teilt der Körper uns das durch verschiedene Anzeichen mit: Unser Stuhlgang ist schwergängig und verdickt, durch den Flüssigkeitsmangel in der Atemluft quält uns trockener Husten, zwickt man sich Hautfalten an Handrücken oder Unterarm, bleiben diese bestehen, auch wenn man loslässt.
Ist Leitungswasser ebenso gut wie Mineralwasser?
Ideal zum Auffüllen der täglichen 1,5 Liter ist Wasser. Gekauftes Mineralwasser wird aus unterirdischen Quellen entnommen und ist daher hervorragend vor Verunreinigungen geschützt. Es wird noch am Ort der Quelle abgefüllt. Dennoch darf es beim Durstlöschen auch die einfachste Lösung sein. Leitungswasser, das in Deutschland in jedem Haushalt aus dem Hahn sprudelt, entspricht höchster Trinkwasserqualität und wird regelmäßig und streng kontrolliert.
Im Ursprung entstammt das, was wir da ins Glas fließen lassen, dem Grundwasser sowie Flüssen und Seen. Bei bestimmten natürlich vorkommenden Schadstoffen unterliegt Leitungswasser gar strengeren Grenzwerten als Mineralwasser, zum Beispiel bei Bor. Es gebe daher wenig gute Gründe, Mineralwasser Leitungswasser vorzuziehen, so Meyer, zumal Leitungswasser deutlich günstiger ist als gekaufte Flaschen.
„Bei bestimmten natürlich vorkommenden Schadstoffen unterliegt Leitungswasser strengeren Grenzwerten als Mineralwasser. ”
„Manche Sportler möchten gerne Elektrolyte aufnehmen und kaufen Mineralwasser mit erhöhtem Calcium oder Magnesium“, schränkt Nephrologe Meyer ein. „Diese Effekte sind aber gering.“ Und auch Leitungswasser ist nicht komplett frei von Mineralien, der Gehalt unterscheidet sich aber je nach Region. Eine Studie der Stiftung Warentest belegt gar, dass viele Mineralwässer weniger Mineralstoffe enthalten als Leitungswasser.
Und was ist mit Schadstoffen?
Die allermeisten Mineralwässer im Handel sind von sehr guter und gesundheitlich unbedenklicher Qualität. Beim Versickern durch die Gesteinsschichten wird das Regenwasser schließlich mannigfach gefiltert, bis es sich in den unterirdischen Reservoirs sammelt. Wer auf den Zusatz „ursprünglich rein“ achtet, der macht wenig falsch.
Eine Untersuchung von Ökotest hat allerdings ergeben, dass selten auch auf natürlichem Weg unerwünschte Bestandteile ins Wasser geraten und diese in wenigen der getesteten Produkte zur Beanstandung führten. Darunter fallen zum Beispiel Bor, Nickel und Uran. Wie viel der natürlichen, aber in hoher Konzentration schädlichen Stoffe in verkauftem Wasser erlaubt ist, regelt die Mineral- und Tafelwasserverordnung.
Im Wasserkreislauf können aber auch Süßstoffe oder Pestizide vorhanden sein. Gerade wer Kinder und Säuglinge versorgt, sollte deshalb einen Blick auf die Ökotest- oder Stiftung-Warentest-Tabelle werfen.
Was dient der Gesundheit mehr: Sprudelig oder still?
Fragt man Ärzte, halten die meisten das Thema für eine Geschmacksfrage, die jeder individuell für sich beantworten könne – ohne dabei Abstriche für die Gesundheit in Kauf nehmen zu müssen. Häufig sorgten sich Patienten, durch die zugesetzte Kohlensäure ihren Körper zu übersäuern – gänzlich unbegründet, sagt Nephrologe Tobias Meyer: „Die Kohlensäure wird im Körper sofort zu CO2 und Wasser abgebaut und ausgeschieden.“
„Die Kohlensäure wird im Körper sofort zu CO2 und Wasser abgebaut und ausgeschieden.”
Auch wer auf sein Gewicht achten will oder muss, kann beruhigt zum prickelnden Erfrischer greifen. „Es gab einmal die Idee, dass der Appetit durch Sprudel gesteigert wird und das Gewicht daher sekundär ansteigen könnte. Das konnte aber nicht bestätigt werden“, gibt Meyer Entwarnung. „Im Gegenteil, Sprudelwasser kann durch das Gas mehr Völlegefühl auslösen und daher eher zum Abnehmen führen.“ Patienten mit Magen- und Darmerkrankungen mögen dies als zusätzlich störend empfinden und deshalb lieber beim stillen Wasser zugreifen.
Und welches Behältnis soll es sein? Glas oder Plastik?
Die allermeisten Menschen können ihr Wasser bedenkenlos aus beiden Behältnissen genießen, sagt Nephrologe Meyer. „Allerdings gibt es ein geringes Risiko für die Ablösung von Mikroplastik in alten oder heißen Plastikflaschen.“ Auch Nutzer von sogenannten Soda-Streamern sollten auf eine längere Lagerung oder Erhitzung des Wassers in genutzten Plastikflaschen deshalb verzichten.
Vor allem Säuglinge und schwangere Frauen sollten nach Meyers Ratschlag besser Wasser aus Glasflaschen trinken. Aus Plastikflaschen könnten nämlich geringe Mengen Acetaldehyd freigesetzt werden. „Die wären für das Baby oder Ungeborene ungünstig. Für alle anderen ist das zu vernachlässigen“, sagt Meyer.
Es muss nicht zwingend immer Wasser sein
Wem der Durstlöscher Wasser zwar gesund, aber auch weitgehend geschmacklos vorkommt, für den gibt es gute Nachrichten. Denn natürlich wird der Flüssigkeitshaushalt nicht nur durch Wasser ausgeglichen. Sogar Essen kann helfen: Wassermelone oder ein Salat aus Gurken, Tomaten und Kopfsalat bestehen laut Bundeslebensmittelschlüssel aus mehr als 90 Prozent Wasser.
„Mit Früchten versetztes Wasser sollte gekühlt aufbewahrt werden, da sich bei Hitze Keime bilden können. ”
Aber auch isotonische Getränke nach dem Sport, ungesüßter Eistee, Schorlen oder mit Früchten oder Kräutern aromatisiertes Wasser können eine willkommene Abwechslung darstellen. Wichtig dabei: Mit Früchten versetztes Wasser sollte auch tagsüber im Kühlschrank stehen. Gerade bei warmen Sommertemperaturen besteht sonst die Gefahr, dass sich im stehenden Wasser Keime entwickeln. Auch besondere Kühlkaraffen können eine gute Lösung sein.
Quellen
- Interview mit Prof. Dr. Tobias Meyer, Asklepios Klinikum Barmbek
- Mineralwasser im Test: Still bis spritzig – die besten Durstlöscher | Stiftung Warentest
- Mineralwasser - Beliebteste Marken in Deutschland 2020| Statista
- Variation in human water turnover associated with environmental and lifestyle factors | Science

Professor Dr. Tobias Meyer
Experte
Nephrologe am Asklepios Klinikum Barmbek

Claudia Lehnen
Autorin
Claudia Lehnen wollte als Jugendliche Ärztin werden, entschied sich dann aber dafür, lieber über Medizin und Menschen und ihre Krankheits- und Genesungsgeschichten zu berichten. Die in Köln niedergelassene Journalistin, die im Tageszeitungs-Journalismus zu Hause ist, ist unter anderem auf das Themengebiet Gesundheit spezialisiert.