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Welt-AIDS-Tag: Wie medizinische Forschung eine Krankheit beherrschbar gemacht hat

In den 1980er und frühen 1990er Jahren kam die Diagnose HIV/AIDS einem Todesurteil gleich, da es keine wirksame Therapie gab. Heute gilt eine Infektion mit dem Humanen Immundefizienz-Virus (HIV) als chronische, effektiv behandelbare Erkrankung, und HIV-positive Menschen haben bei rechtzeitiger Diagnose und Therapie eine fast normale Lebenserwartung. Damit zählt die HIV-Therapie mit hochaktiven Medikamenten zu den großen Erfolgen der modernen Medizin. Wir nehmen den Welt-AIDS-Tag am 1. Dezember zum Anlass, auf die Geschichte der HIV-Infektion und die Entwicklung wirksamer Arzneimittel gegen HIV zurückzublicken und aktuelle Herausforderungen zu skizzieren.

Das Krankheitsbild AIDS (Acquired Immune Deficiency Syndrome bzw. erworbenes Immundefizienz-Syndrom) wurde 1981 als neu auftretendes Krankheitsbild unbekannter Ursache beschrieben. Zwei Jahre später gelang es Wissenschaftlern, das HI-Virus Typ 1 erstmals bei einem Patienten nachzuweisen, 1986 wurde das verwandte HI-Virus Typ 2 entdeckt.

Die sich ausbreitende HIV-Epidemie sorgte in den ersten Jahren für Angst und Schrecken und forderte zahlreiche Todesopfer. Gleichzeitig begannen lebhafte Forschungsaktivitäten, um Medikamente gegen das Virus zu finden. 1987 erteilte die amerikanische Arzneimittelbehörde Food and Drug Administration (FDA) dem ersten antiretroviralen Medikament Zidovudin (AZT) die Zulassung. Studien ergaben, dass das Medikament das Leben der Patienten verlängern, aber die Virusvermehrung nicht komplett unterdrücken konnte.

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In den folgenden Jahren wurden neue Wirkstoffe gegen HIV entwickelt, und es zeigte sich, dass wesentlich bessere Behandlungserfolge erzielt werden konnten, wenn man zwei oder mehr Substanzen mit unterschiedlichem Wirkmechanismus kombinierte: Die hochaktive antiretrovirale Therapie (HAART) war geboren und bewirkte in den Jahren 1994 bis 1998 in Europa einen starken Rückgang der AIDS-Fälle. Heute steht eine Vielzahl von Arzneimitteln gegen HIV zur Verfügung, die sehr häufig in einer Drei- oder Vierfachkombination – oft in einer einzigen Tablette – verabreicht werden.

HIV und ADIS - Was bedeutet das genau?

HIV ist ein Virus, das zur Gruppe der Retroviren zählt und insbesondere Zellen des menschlichen Abwehrsystems befällt. Eine nicht behandelte HIV-Infektion schädigt das Immunsystem immer mehr, so dass es nicht mehr in der Lage ist, andere Krankheitserreger (Bakterien, Viren, Pilze) abzuwehren. Diese Krankheitskeime können dann zu schweren Erkrankungen führen. Der Prozess dauert oft Jahre – das Fortschreiten der HIV-Erkrankung lässt sich aber mit Medikamenten erfolgreich aufhalten. Von einer HIV-Infektion ist die Rede, wenn eine Person das Virus in sich trägt – unabhängig davon, ob das Abwehrsystem noch weitgehend funktioniert oder ob das Fortschreiten der Erkrankung mit HIV-Medikamenten gebremst wird. Wer mit HIV infiziert ist und sich nicht behandeln lässt, kann andere Menschen mit dem Virus anstecken.

AIDS steht für die Abkürzung Acquired Immune Deficiency Syndrom (erworbenes Immunschwäche-Syndrom). Von AIDS spricht man erst, wenn nach einer HIV-Infektion für AIDS typische Erkrankungen auftreten. Dazu zählen beispielsweise eine bestimmte Form der Lungenentzündung und andere schwere Infektionskrankheiten, so genannte opportunistische Infektionen.

HIV wird durch Blut und andere infektiöse Körperflüssigkeiten (Sperma, Vaginalsekret, Flüssigkeitsfilm auf der Darmschleimhaut) übertragen. Häufigster Übertragungsweg sind ungeschützte Sexualkontakte.

HIV in Deutschland: Einige Zahlen, Fakten und Herausforderungen

Etwa 88.000 Menschen leben in Deutschland mit HIV. Dank moderner Medikamente haben die meisten von ihnen eine fast normale Lebenserwartung. Sie können in jedem Beruf arbeiten und ihre Freizeit gestalten wie andere auch.

Rund 71.400 Menschen nahmen 2018 HIV-Medikamente. Etwa 2.400 Menschen haben sich im Jahr 2018 mit HIV infiziert – diese Zahl ist im europäischen Vergleich sehr niedrig und seit mehreren Jahren fast konstant. Generell funktioniere die Versorgung von Menschen mit HIV-Infektion in Deutschland sehr gut, so Dr. Viviane Bremer, Leiterin des Fachgebiets HIV/AIDS am Robert Koch-Institut (RKI) Berlin.

Dennoch gibt es einige Herausforderungen. So erfahren rund 1.000 Menschen jedes Jahr erst von ihrer HIV-Infektion, wenn sie bereits AIDS oder einen schweren Immundefekt haben. Vor allem bei Menschen, die sich durch heterosexuelle Kontakte angesteckt haben, wird die HIV-Infektion oft erst spät diagnostiziert. Problematisch ist es auch, wenn Menschen nicht krankenversichert sind. Sie hätten nur einen sehr beschränkten Zugang zur Gesundheitsversorgung, was ebenfalls zu einer späten Diagnose und einer unzureichenden Versorgung der HIV-Infektion führen könne, erklärt Dr. Bremer.

Rund 10.600 Menschen in Deutschland wissen nicht, dass sie HIV-infiziert sind – viele leben schon Jahre unwissentlich mit HIV. „Diese Menschen müssen wir frühzeitiger erreichen und zum HIV-Test beraten. An diesem Punkt muss die Versorgung besser werden“, fordert Dr. Volker Mertens von der Deutschen AIDS-Stiftung.

HIV/AIDS und Corona: Auswirkungen und Umgang

Die COVID-19-Pandemie hat seit dem Frühjahr 2020 unseren Alltag erheblich verändert. Wie hat sich die Pandemie auf Menschen mit HIV/AIDS ausgewirkt? „Anekdotische Berichte zeigen, dass es auf lokaler Ebene zu zeitweisen Einschränkungen der Versorgung kam“, berichtet Dr. Bremer vom RKI.

„Ältere HIV-positive Menschen, die den Beginn der HIV-Epidemie in den 1980er Jahren erlebt haben, fühlten sich im Frühjahr 2020 stark an die damalige Zeit erinnert. „Das führte zu Ängsten und seelischen Belastungen,“ sagt Dr. Mertens. HIV/AIDS-Beratungsstellen waren während des Corona-Lockdown teilweise schwer erreichbar, so dass persönliche Gespräche und soziale Kontakte für Betroffene schwierig waren. Diese akute Phase liegt hinter uns. Aber das Corona Virus wird nicht verschwinden. Wir müssen alle lernen, damit zu leben und umzugehen. Und so ist es unsere Aufgabe, in der HIV/AIDS-Beratung genau wieder das Unterstützungsniveau zu bieten, das vor der Pandemie vorherrschte.

Expertenempfehlungen: Links und Videos

Dr. Volker Mertens von der Deutschen AIDS-Stiftung nennt folgende Tipps:

Holger Wicht von der Deutschen Aidshilfe empfiehlt:

Weitere Informationen gibt es unter www.welt-aids-tag.de.

Quellen

  1. Hafner J et al. 30 Jahre ART: Vom Todesurteil zur chronischen Erkrankung. MMW Fortschr Med 2020; 162 (S2): 16-19
  2. Aidshilfe.de: 20 Jahre HIV-Therapie: Ein langes und erfülltes Leben ist möglich. Online verfügbar unter: https://www.aidshilfe.de/meldung/20-jahre-hiv-therapie-langes-erfuelltes-leben-moeglich (abgerufen am 29.03.2023)
  3. RKI Ratgeber HIV-Infektion/AIDS. Online verfügbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_HIV_AIDS.html
  4. Mehr Wissen über HIV und AIDS. Broschüre der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Online verfügbar unter: https://shop.bzga.de/alle-kategorien/hiv-sti-praevention/ (abgerufen am 29.03.2023)
  5. Deutsch-österreichische Therapieempfehlungen. Zusammenfassung der DAIG (Deutsche AIDS-Gesellschaft e.V.). Online verfügbar unter: https://daignet.de/leitlinien-und-empfehlungen/hiv-leitlinien/ (abgerufen am 29.03.2023)
  6. Daten und Fakten zum Welt-AIDS-Tag. Online verfügbar unter: https://www.welt-aids-tag.de/media/presse/mediathek/Hintergrundinformationen/191122_Daten_und_Fakten_um_Welt-AIDS-Tag.pdf (abgerufen am 29.03.2023)