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Glutenfreie Ernährung bei Zöliakie

Was haben Weizen, Roggen, Gerste, Dinkel und Hafer gemeinsam? Jede dieser Getreidesorten enthält Gluten und ist damit für Zöliakie-Patienten tabu. Wie gut, dass die Lebensmittelindustrie schon seit längerer Zeit eine Lösung parat hat und glutenfreie Nahrungsmittel in allen erdenklichen Sorten und Formen anbietet. Von glutenfreien Nudeln und Keksen über Bier ohne Gluten bis hin zur Pizza mit Blumenkohl-Boden hat sich der Einzelhandel auf Zöliakie-Patienten eingestellt und das Sortiment entsprechend erweitert.

Das Geschäft mit glutenfreien Produkten steigt seit Jahren kontinuierlich an und beschert den Lebensmittelunternehmen Rekordumsätze. Paradox: In Deutschland leidet nur eine überschaubare Gruppe von etwa einem Prozent der Bevölkerung an Zöliakie und ist damit wirklich auf glutenfreie Produkte angewiesen.

Der Verzicht auf Gluten – gesunde Lebensweise oder gefährlicher Trend?

Der Siegeszug glutenfreier Lebensmittel ist dennoch ungebrochen und fügt sich nahtlos in die lange Reihe neuester Ernährungstrends von vegetarisch über vegan bis laktosefrei ein. Wir erklären Ihnen, wie viele Menschen an der Krankheit leiden, welche Bedeutung Gluten für unseren Körper hat und warum gesunde Menschen auf das Klebereiweiß nicht verzichten sollten. Erfahren Sie, warum Glutenverzicht nur für Menschen mit Zöliakie sinnvoll ist und wie die Autoimmunerkrankung bei Ihnen zuverlässig diagnostiziert werden kann.

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Wie viele Menschen leiden an Zöliakie?

Experten gehen davon aus, dass in Deutschland rund 800.000 Menschen an Zöliakie leiden. Dieser Anteil entspricht rund einem Prozent der Bevölkerung und liegt damit in etwa im internationalen Durchschnitt.

Bemerkenswert ist: Nur bei zehn bis 20 Prozent der Betroffenen liegt das volle Krankheitsbild vor. Ein Großteil der Zöliakie-Patienten zeigt untypische oder gar keine Symptome und weiß daher häufig nichts von der Erkrankung. Der Ausbruch von Zöliakie ist übrigens grundsätzlich in jedem Lebensalter möglich, wobei Fachleute zwei Peaks zwischen dem 1. und 8. sowie zwischen dem 20. und 50. Lebensjahr beobachten.

Übrigens: Die USA genießen in puncto glutenfreie Ernährung eine Sonderstellung: Obwohl auch hier nur etwa ein Prozent der Menschen an Zöliakie leidet, lebt jeder zehnte US-Haushalt glutenfrei. Sogar jeder vierte Amerikaner ist der Meinung, dass die glutenfreie Ernährungsform für jedermann gesund ist, und in amerikanischen Restaurants werden jedes Jahr rund 200 Millionen Essen glutenfrei zubereitet.

Was ist Zöliakie und wie kann die Krankheit diagnostiziert werden?

Bei der Zöliakie handelt es sich um eine Glutenunverträglichkeit, die sowohl Merkmale einer Autoimmunerkrankung als auch einer Allergie hat. Gluten ist ein natürliches Klebereiweiß, das beispielsweise in Brot, Nudeln und Kuchen vorkommt. Bei Betroffenen löst der Verzehr von Gluten meist Dünndarmentzündungen aus. Die Folgen sind teils dramatisch: Von heftigen Darmbeschwerden über Blutarmut, Blähungen und Erbrechen bis zu Osteoporose äußert sich die Krankheit in Form von unangenehmen Symptomen.

Die Entzündung der Schleimhaut im Darm wird durch eine Überempfindlichkeit gegen Bestandteile von Gluten ausgelöst und geht häufig mit einer ausgedehnten Zerstörung der Darmepithelzellen (Zellschicht an der Innenseite des Darms) einher. Die Folge: Nährstoffe können nur schlecht aufgenommen werden und bleiben zu großen Teilen unverdaut im Darm. Typische Symptome einer Glutenunverträglichkeit sind:

  • Durchfall
  • Erbrechen
  • Gewichtsverlust
  • Appetitlosigkeit
  • Müdigkeit
  • Depressionen

Bei Kindern ist Zöliakie besonders gefährlich, hier kommt es neben den genannten Symptomen auch zu einer verlangsamten körperlichen Entwicklung. Da die Schwere des Krankheitsbildes von Patient zu Patient sehr unterschiedlich ist und auch weniger bekannte Formen wie die atypische Zöliakie auftreten, ist die Diagnose nicht immer einfach.

Wie wird Zöliakie diagnostiziert?

Wenn Sie unter den typischen Symptomen der Zöliakie leiden, lässt sich ein Besuch beim Facharzt nicht vermeiden. Da bei vielen Patienten nicht das vollständige Krankheitsbild vorliegt und Symptome nicht gleichzeitig auftreten, kann die richtige Diagnostik mehrere Jahre dauern. Zur einwandfreien Feststellung einer Zöliakie führt der Facharzt einen Bluttest durch und entnimmt eine Gewebeprobe aus dem Dünndarm. Während der Bluttest bestimmte Antikörper nachweisen soll und als erster wichtiger Hinweis für Zöliakie dient, sichert die Dünndarmbiopsie die Diagnose ab. Im Zuge der Biopsie wird eine Kamerasonde über Mund und Speiseröhre bis zum Dünndarm eingeführt, um dort Gewebeproben zu entnehmen. Die Untersuchung dauert nur etwa zehn bis 15 Minuten und ist ungefährlich.

Wenn Sie den Verdacht haben, an Zöliakie zu leiden, ist von einer Selbsttherapie in Form einer glutenfreien Ernährung unbedingt abzuraten. Die glutenfreie Ernährung ist für gesunde Menschen aus verschiedenen Gründen nicht empfehlenswert und erschwert sogar die Diagnose der Krankheit, wenn Sie einen Arzt aufsuchen.

Die Untersuchung durch den Facharzt bringt Gewissheit, ob eine Zöliakie vorliegt.

Wie wird Zöliakie behandelt?

Zöliakie kann als Krankheit nicht behandelt werden, es gibt keine Medikamente gegen die Glutenunverträglichkeit. Betroffene Menschen können nur durch eine lebenslange glutenfreie Ernährung beschwerdefrei bleiben. Meist erfahren Zöliakie-Patienten schon wenige Wochen nach der Umstellung auf eine glutenfreie Ernährung eine deutliche Besserung: Die Schleimhaut des Dünndarms regeneriert sich, die Nahrungsaufnahme normalisiert sich und die unangenehmen Symptome verschwinden. Doch Vorsicht: Selbst kleinste Mengen an Gluten können erneut zu Entzündungen und Beschwerden führen.

Die richtige Ernährung bei Zöliakie

Die einzige Behandlungsmöglichkeit bei Diagnose Zöliakie ist also eine lebenslang glutenfreie Ernährung. Für Betroffene bedeutet diese Vorgabe in der ersten Zeit nach der Diagnose eine erhebliche Umstellung. Gluten ist als Klebereiweiß in Getreide wie Weizen, Dinkel, Roggen, Hafer, Gerste, Grünkern und weiteren Sorten enthalten. Auch wenn diese Getreidesorten nur in Spuren in Lebensmitteln enthalten sind, sind diese bei Zöliakie nicht geeignet.

Für Betroffene haben wir eine Reihe von Tipps zusammengestellt, die in den ersten Tagen nach der Diagnose helfen, sich ohne Probleme auf eine glutenfreie Ernährung einzustellen:

  • Informieren Sie sich darüber, welche Lebensmittel Gluten oder Spuren von Gluten enthalten können und welche glutenfrei sind. Die Deutsche Zöliakie Gesellschaft e.V. (DZG) stellt auf ihrer Website beispielsweise umfangreiche Lebensmittel-Listen zur Verfügung und empfiehlt leckere glutenfreie Rezepte.
  • Prüfen Sie Ihre Lebensmittelvorräte sorgfältig und sortieren Sie glutenhaltige Lebensmittel kompromisslos aus. Die Lebensmittelaufstellung der DZG kann beim Aussortieren hilfreich sein. Auf der Homepage der Gesellschaft können Sie sich auch über Ersatzprodukte für glutenhaltige Lebensmittel informieren.
  • Besondere Vorsicht ist geboten, wenn in einem Haushalt nicht-betroffene Familienmitglieder weiterhin mit Gluten kochen und backen. Hier ist auf eine sorgfältige Trennung der Produkte zu achten, um eine Kontamination zu vermeiden. Kleinste Mengen an Gluten können bei Zöliakie-Patienten erhebliche Beschwerden hervorrufen, weshalb selbst Arbeitsflächen, Arbeitsgeräte und Küchenutensilien absolut glutenfrei sein sollten.  
  • Probieren Sie verschiedene glutenfreie Ersatzprodukte und Rezepte, um Ihre persönliche Geschmacksrichtung zu finden. Die Umstellung auf Spezialprodukte ohne Gluten ist zu Beginn nicht einfach, mit ein wenig Übung zaubern Sie aber schon bald einen leckeren Kuchen aus glutenfreiem Mehl.

Mittlerweile führen auch größere Einzelhandelsketten verschiedene glutenfreie Mehle im Angebot. Gut eignen sich zum Beispiel Mandel- oder Reismehl.

Warum glutenfreie Ernährung für gesunde Menschen keine Vorteile hat

Hersteller und Händler erwecken häufig den Eindruck, dass glutenfreie Lebensmittel das Wohlbefinden steigern, das Herz stärken und allgemein gesund sind. Kein Wunder, denn glutenfreie Lebensmittel gehen häufig für das Zwei- bis Dreifache des Preises vergleichbarer Produkte mit Gluten über die Theke.

Eine kürzlich erschienene US-Langzeitstudie belegt hingegen, dass eine glutenfreie Ernährung keinerlei positive Effekte auf die Herzgesundheit hat. Im Gegenteil: Der Verzicht auf Gluten ist häufig mit einer Reduzierung des Konsums von Vollkorn verbunden. Vollkorn gilt aufgrund seiner B-Vitamine als schützend für das Herz, weist wichtige Polyamine auf und reguliert darüber hinaus die Darmflora – ein Verzicht darauf ist bei gesunden Menschen daher nicht zu empfehlen.

Eine umfangreiche Untersuchung der Harvard University zeigt zudem, dass das Auftreten einer Diabetes-Erkrankung vom Typ 2 bei glutenfreier Lebensweise höher ist.

Bei Kindern ist besondere Vorsicht geboten

Für den Nachwuchs ist der Verzicht auf Gluten in der Nahrung besonders gefährlich. Wenn Familien ihre Kinder ohne Bedenken in die Gluten-Diät mit einbeziehen, droht eine Unterversorgung mit Nährstoffen, die insbesondere im jugendlichen Alter wichtig für den Körper sind. Die fehlende Vielfalt in der Darmflora ist „wiederum ein Risikofaktor für die Entstehung von vielen Erkrankungen“, sagt Martin Raithel, Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen (DGVS).