Gesunde E-Bikes: Der Motor macht Millionen fit

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Sie galten als verstaubte Gestänge für die Rentnergeneration. Heute sind sie bei Menschen aller Altersklassen begehrt – und werden inzwischen sogar von der Wissenschaft gewürdigt. E-Bikes machen die persönliche Fortbewegung ein bisschen bequemer. Und erheblich gesünder. Diese Form der Fortbewegung oder Freizeitgestaltung ist eine gute Möglichkeit, fit zu werden oder fit zu bleiben.

von Tim Farin

Die Tour führte über 50 Kilometer, der Wind war steif, die Steigungen mitunter happig. Der abgehärtete Rennradfahrer Mitte vierzig pedalierte auf seinem robusten Sportrad, der bis dahin fast untrainierte Ex-Raucher im gleichen Alter begleitete seinen Freund auf einem Trekkingrad. Die beiden fuhren einen anspruchsvollen Kurs mit holprigem Untergrund und ordentlicher Geschwindigkeit – und blieben doch bis zum Zielpunkt immer gut gelaunt beisammen. Das Geheimnis: Der Neueinsteiger hatte Geld in ein neues Pedelec investiert. Mit der Unterstützung seines Motors zwischen den Pedalen erlebte er einen zwar anstrengenden, aber doch angenehmen Nachmittag im Sattel.

Fahrrad mit Elektromotor

Nicht nur der dreimalige Vater aus der Nähe von Köln ist überzeugter Nutzer eines Fahrrads mit Elektromotor: Im vergangenen Jahr allein wurden in Deutschland 1,36 Millionen E-Bikes abgesetzt, wie der Branchenverband ZIV berechnete. Diese neue Form der Mobilität erlebt einen gewaltigen Boom, der seit Jahren anhält. Allein im Jahr 2019 wuchs der Absatz um 39 Prozent. Fast schon jedes dritte heute verkaufte Fahrrad ist hierzulande mittlerweile ein E-Bike. Mindestens in gleichem Maße hat die Attraktivität dieser Räder zugenommen. Dafür gibt es viele gute Gründe weit jenseits der Bequemlichkeit. Besonders für den positiven Effekt auf die Gesundheit sprechen immer mehr Daten aus internationalen Untersuchungen. Das ist eine frohe Botschaft für jeden Einzelnen und die Gesundheit der Gesellschaft.

E-Bikes und Pedelecs: Einstieg in die gesunde Mobilität

Es ist noch nicht lange her, da galten die Fahrräder mit Motorunterstützung als reine Rentnerobjekte. Von Händlern hörte man: Sie verkauften die Gefährte zu einem relativ hohen Preis und sahen die Räder dann nie wieder in ihren Werkstätten. Das war nicht wegen der hochwertigen technischen Ausgereiftheit so, sondern weil die Räder einfach vor sich hinstanden. Doch das hat sich massiv verändert: „E-Bikes aller Art sind heute die Treiber im Fahrradmarkt, man kann die steigende Nachfrage seit Jahren beobachten und wird überall Menschen aller Altersklassen auf solchen Rädern sehen“, sagt Thomas Geisler vom Pressedienst Fahrrad. Wenn Menschen heute nach dem Einstieg in Fahrradmobilität suchen, greifen sie gern auf E-Bikes zurück.

Das sollte Grund zur Freude für viele Menschen sein: Für Verkehrsteilnehmer allgemein, denn Fahrräder bedeuten weniger Kfz-Stau; für die Fahrradbranche, denn natürlich steigen die durchschnittlichen Kaufpreise; und für Gesundheitspolitiker, denn mit der Verbreitung der E-Bikes wachsen tatsächlich auch gewichtige Argumente für deren gesundheitsfördernde Wirkung. Aber was genau unterscheidet das E-Bike positiv vom normalen Fahrrad ohne Elektromotor?

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Häufiger und weiter unterwegs mit dem E-Bike

Eine schon vor fünf Jahren erstellte Studie aus Norwegen gibt Aufschluss: Denn die Studie konnte erhebliche Veränderungen bei Menschen nachweisen, die ein E-Bike fuhren. Der Studienleiter vom norwegischen Institut für Transportökonomie fand heraus, dass Menschen mit einem E-Bike erheblich häufiger auf dem Rad fahren, mehr als doppelt so weit am Tag unterwegs sind und das Rad beinahe bei der Hälfte all ihrer Fahrten nutzen.

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Und auch am Institut für Sportmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) wird zum Thema „E-Bikes“ geforscht. Uwe Tegtbur, Professor und leiter des Instituts für Sportmedizin fasst zusammen:„Es lässt sich mittlerweile gut belegen, dass Menschen mit Pedelecs deutlich regelmäßiger und weiter unterwegs sind als Fahrer klassischer Fahrräder“.Er arbeitet mit einem Team an der größten Studie zur Gesundheit des E-Bike-Fahrens in Deutschland.

Weil die Arbeit von großer Relevanz ist, wird sie vom Bundesverkehrsministerium gefördert. „Natürlich müssen fitte und geübte Radfahrer nicht auf ein E-Bike umsteigen. Aber dieses Angebot spricht ja auch vor allem Menschen an, die vorher eben kaum körperlich aktiv waren“, erklärt Tegtbur. Das Kernargument: Beim Pedelec-Fahren kombiniert man auf angenehme Weise körperliche Leistungsfähigkeit mit der Unterstützung durch einen Motor. „Wenn Sie etwa eine Arthrose im Knie haben, werden Sie dann bei kritischen Stellen, etwa bergauf, entscheidend entlastet“, erklärt Tegtbur, „zugleich bleiben sie aber körperlich aktiv.“

E-Bike macht insbesondere die Älteren fitter

Das Erstaunliche am neuen Motorvolkssport: Der Fitness- und Gesundheitseffekt von E-Bikes ist ebenso gut wie der von klassischen Fahrrädern. Das konnte unter anderem 2018 eine Studie der Universität Basel belegen. Die Forscher fanden heraus, dass E-Biker einen vergleichbaren Fitnesseffekt haben wie nicht motorisierte Velofahrer und bereits innerhalb von vier Wochen eine verbesserte Ausdauer erlangten. Die Wissenschaftler hatten Probanden mit Übergewicht auf E-Bikes und herkömmlichen Rädern fahren lassen – ohne weitere Vorgaben. Die Resultate waren ähnlich gut.

Im vergangenen Jahr belegten dann Forscher in einer paneuropäischen Studie den Effekt: E-Bike-Fahrer legen deutlich längere Distanzen zurück als jene mit reiner Körperkraft, ihre körperliche Aktivität dabei ist der von klassischen Radlern ähnlich. Interessanterweise sind die E-Biker im Schnitt etwa sieben Jahre älter als die Vergleichsgruppe – das motorisierte Fahrrad macht also ältere Menschen fitter. Gerade für Menschen, die zuvor viel im Auto oder in Bussen und Bahnen gesessen haben, ist das Pedelec ein Fitnessfaktor.

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Der Alltag und die Fitness

Uwe Tegtbur von der MHH sagt: „Wir reden ja hier nicht von Leistungstraining, sondern von Fitness und Gesundheit.“ Diese gewünschten Ziele ließen sich mit einem E-Bike erreichen, auch die Gesundheits-Vorgabe der Weltgesundheitsorganisation WHO von 150 Minuten moderater sportlicher Aktivität pro Woche ließe sich mit einem Pedelec bequem umsetzen. „Indem diese Räder zu mehr Aktivität motivieren, längere Fahrten ermöglichen und häufiger andere Verkehrsmittel ersetzen, haben sie einen erheblichen positiven Effekt“, beobachtet Tegtbur. Als besonders wirkungsvoll sieht er das Verkehrsmittel nicht nur bei Ausflugsfahrten an, sondern wenn es in den Alltag integriert wird. „Für das Herz-Kreislaufsystem zahlt es sich natürlich aus, wenn man nicht mit dem Auto zur Arbeit fährt und im Stau steht, sondern das E-Bike für dieselbe Strecke nutzt.“

Checkliste E-Bikes

  • Motivieren zu mehr Aktivität
  • Ermöglichen längere Fahrten
  • Ersetzen häufiger andere Verkehrsmittel
  • Haben positive Effekte auf das Herz-Kreislaufsystem
  • Bieten alle Vorzüge des klassischen Radfahrens
  • Tragen zum aktiveren Lebensstil bei und können dadurch das „biologische Alter“ senken
  • Stärken das Immunsystem
  • Verbrennen Kalorien
  • Verbessern die Funktion der Atemwege
  • Fördern die Schlafqualität
  • Und machen einfach Spaß!

Für den Einzelnen ist das eine positive Nachricht: Auch wenn die Intensität auf einer motorgestützten Runde vielleicht in den meisten Momenten nicht so hoch ist, die Herzfrequenz unter der Belastung womöglich ein bisschen geringer ausfällt – auf lange Sicht geht man einer gesunden Aktivität nach. Zwar sei die Belastung im Durchschnitt zehn bis 15 Prozent niedriger als bei Fahrten ohne Motor, doch die gesundheitlichen Boni ließen sich dokumentieren, sagt Tegtbur. Das Positive am Pedelec sei eben, dass die Unterstützung durch den Motor angepasst werden kann. Somit bleibe man eben immer bemerkbar aktiv. 

Kalorienverbrauch wie beim Fahrradfahren

So bietet das E-Biken auch all die Vorzüge, die für das klassische Radfahren sprechen: Ein Ergebnis des umgestellten Lebensstils hat Tegtbur mit Kollegen bereits vor einigen Jahren festgehalten. Das „biologische Alter“ lässt sich durch einen aktiveren Lebensstil um bis zu 15 Jahre senken. Die Wissenschaftler konnten positive Veränderungen an Zellen nachweisen. Viele andere Aspekte sind gut dokumentiert: Radfahren stärkt neben dem Kreislauf auch das Immunsystem, verbessert die Funktion der Atemwege, schützt Gelenke, verbessert die Schlafqualität und hilft beim Fettabbau. Und es macht einfach Spaß.

Spaß in vielen Varianten

„Wenn wir uns die Bandbreite an E-Bikes heute anschauen, ist wirklich für jeden etwas dabei“, sagt Thomas Geisler vom Pressedienst Fahrrad. Der Einstieg in die schonend-gesunde Bewegung sei daher für jeden interessant, aber eben auch Typfrage: Vom komfortablen Tourenrad für die lange Wanderfahrt über das gefederte Mountainbike für Gerölltouren bis hin zu motorisierten Rennrädern gibt es heute viele Varianten. „Da ist es sicher ratsam, eine intensive Beratung und Testfahrt zu machen, damit man den Spaß an der Sache wirklich voll entdecken kann“, sagt Geisler.

Beugen Sie Beschwerden beim Radeln vor

„Radfahren ist eine enorm schonende Aktivität, aber es kann durchaus zu Problemen und Schmerzen kommen“, sagt Sebastian Klaus, studierter Sportwissenschaftler. Er leitet in Köln das Unternehmen Komsport, das sich unter anderem auf die Anpassung von Fahrrädern an die körperlichen Eigenheiten der Fahrer spezialisiert hat. „Kein Körper gleicht dem anderen – daher sollte man aufmerksam sein und das Material an den eigenen Körper anpassen, wenn es Probleme gibt.“ Grundsätzlich geht es darum, das Zusammenspiel der Kontaktpunkte Sattel, Lenker und Pedalen so zu harmonisieren, dass keine Überstreckungen auftreten.

Klassische Stellen, an denen es beim Radeln wehtun kann:

Schultern, oberer Rücken: „Häufig sitzen Radfahrer in einer überstreckten Position, weil der Lenker zu weit vorne ist“, erklärt Klaus. Das Ergebnis: Man zieht die Schulterköpfe hoch, überspannt die Schultern. „Die meisten Tourenradfahrer sitzen zu gestreckt“, beobachtet Klaus – und das lasse sich etwa vom Partner leicht beurteilen. Je nach Verstellmöglichkeiten am Rad lässt sich diese Haltung schnell korrigieren.

Kniegelenke und Muskelansätze: Eine falsche Sitzposition führt oft zu beidseitigen Knie- oder Muskelproblemen. Ist der Sattel zu hoch, treten die Schmerzen oft unterhalb des Knies auf; bei zu niedriger Sitzeinstellung erlebt man Schmerzen eher oberhalb des Knies oder hinter der Kniescheibe. „Den Schmerz merkt man relativ schnell“, sagt Klaus, „und um ihn zu beseitigen, reicht oft eine Korrektur um 3 bis 5 Millimeter.“

Karpaltunnel am Handgelenk: Oft haben Radfahrer eine Sitzposition, bei der sie die Handgelenke abknicken oder überstrecken. Das führt nicht selten zum schmerzhaften Karpaltunnelsyndrom, bei dem Nerven gereizt werden. Hier ist eine Anpassung der Lenkerposition geboten: „Ziel ist es, dass die Hand locker aufliegt und das Gelenk beim Fahren nicht abknickt“, sagt Klaus.

Einseitige Kniebeschwerden: Treten die Leiden nicht symmetrisch auf, dann ist etwas mit der Lastverteilung im Körper nicht in Ordnung. Hier lohnt sich der Gang zu einem Experten, der sich die Bewegungen anschaut und die Winkel des Fahrrads anpasst. „Es geht dann darum, das Rad an die individuelle Rotation anzupassen“, erklärt Klaus, „man sollte nicht davon ausgehen, dass sich der Körper schon dem Rad anpassen wird.“

Quellen