1. Startseite
  2. Magazin
  3. Gesundheit
  4. Die Gefahr von Bluthochdruck bei Frauen

Die Gefahr von Bluthochdruck bei Frauen

20 Millionen Menschen in Deutschland leiden an Bluthochdruck, knapp die Hälfte von ihnen sind Frauen. Jede zweite Frau entwickelt in den ersten Jahren nach den Wechseljahren einen Bluthochdruck. Das Problem: Da viele Frauen keinen Arzt aufsuchen, bleibt er oftmals unerkannt. Eine schleichende Gefahr, denn die Betroffenen tragen ein hohes Risiko für Schlaganfall, Herzinfarkt oder andere schwere Herz-Kreislauferkrankungen. Dabei können Frauen selbst einiges tun, damit ihr Blutdruck in der Balance bleibt.

Müde setzt sich Maria B. auf einen Stuhl. Nur ein paar Minuten Pause, denkt sie, dann mache ich weiter. Seit ein paar Wochen geht das schon so. Immer wieder fühlt sie sich erschöpft, schafft kaum noch nach der Arbeit ihren Haushalt zu versorgen. Die 57-Jährige ist halbtags als Lehrerin in einer Grundschule tätig. Ihr ist mulmig zumute, sie spürt Druck im Kopf.

Sie fährt sich mit der Hand über die kaltschweißige Stirn, ihr Gesicht ist gerötet. Seit Jahren war sie bei keinem Arzt. Ihre Frauenärztin hat sie auch nicht mehr aufgesucht, seit sie die Wechseljahre hinter sich hat. Und das ist lange her. Maria B. greift zum Telefon und vereinbart einen Termin beim Hausarzt. Eine Woche später stellt er fest: Maria B. hat einen zu hohen Blutdruck.

In den Wechseljahren verdoppelt sich das Risiko

Rund 20 Millionen Menschen in Deutschland leiden an Bluthochdruck, knapp die Hälfte von ihnen sind Frauen. Dabei sind Frauen unter 50 seltener davon betroffen als Männer. Doch das ändert sich nach den Wechseljahren. „Wenn Frauen in die Wechseljahre kommen, verdoppelt sich ihr Risiko, einen Bluthochdruck zu entwickeln“, sagt Dr. Christa M. Bongarth, Chefärztin der Kardiologie in der Klinik Höhenried, Rehabilitationszentrum am Starnberger See. Mehr als die Hälfte von ihnen, das heißt etwa jede zweite Frau, entwickelt in den ersten Jahren nach der Menopause einen Bluthochdruck. Das Problem: „Viele von ihnen wissen gar nicht, dass sie Bluthochdruck haben, denn er tut erst einmal nicht weh.“

Unerkannter Bluthochdruck ist eine große Gefahr

Da sie als jüngere Frauen meist einen niedrigen Blutdruck hatten, sehen sie auch keine Veranlassung, ihn kontrollieren zu lassen. Dazu kommt, dass für viele Frauen nach den Wechseljahren ihrer Meinung nach der Grund wegfällt, den Frauenarzt aufzusuchen. Ihr Bluthochdruck bleibt unerkannt. Genau das ist die Gefahr, denn ein nicht oder nur unzureichend behandelter Bluthochdruck birgt ein hohes Risiko für Schlaganfall, Herzinfarkt oder andere schwere Herz-Kreislauferkrankungen.

Eine 2017 publizierte Studie amerikanischer Wissenschaftler stellte fest, dass das Risiko für Frauen, eine schwere Herz-Kreislauferkrankung zu erleiden, für jede Erhöhung des oberen (systolischen) Blutdruckwertes um zehn Millimeter-Quecksilbersäule (mmHg) deutlich höher ist als bei Männern mit dem gleichen Blutdruckanstieg.

Finden Sie jetzt schnell & einfach Ihre passende ambulante Zusatzversicherung

  • Kombitarife als Rundum-Sorglos-Pakete: die wichtigsten Leistungen bei ärztlichen Behandlungen in einem Tarif
  • Zusatzleistungen, die im Alltag wichtig werden können: Brille, Zahnersatz, Heilpraktiker Leistungen
  • Abgestufte Pakete für alle Anforderungen: Konzentration aufs Wesentliche oder das Premiumpaket inkl. Vorsorgeleistungen

120/ 80 – was bedeuten diese Werte?

Der erste und höhere Wert ist der so genannte systolische Druck. Er entspricht der Kraft, die maximal vom Herzen aufgebaut wird, wenn es sich zusammenzieht, um sauerstoffreiches Blut in die Gefäße zu pumpen. Er setzt sich unvermindert in die großen Arterien fort.

Die niedrigere zweite Ziffer bezeichnet den diastolischen Druck, der entsteht, wenn der Herzmuskel entspannt. Er ist der tiefste Punkt, wenn es zu einem langsamen Abfall des Blutdruckes kommt. Der Abfall des Blutdruckes wird von der Elastizität in den peripheren Gefäßen beeinflusst.

Ein Blutdruck zwischen 120/80 mmHg und 129/84 mmHg (Millimeter-Quecksilbersäule) ist normal. Ein so genannter hochnormaler Blutdruck beträgt 130/85 bis 139/89 mmHg. Als erhöht gilt der Blutdruck, wenn er dauerhaft über 140/90 mmHg liegt. Wichtig: Diese Blutdruckwerte gelten für alle Altersgruppen.

Steigt der Blutdruck weiter an, kann es zu Symptomen kommen, muss es aber nicht. „Je höher der Blutdruck ist, desto eher können Beschwerden auftreten“, erklärt Dr. Bongarth.

Dabei sind viele Symptome eher diffus und bei den Betroffenen sehr unterschiedlich:

  • Kopfschmerzen
  • Schwitzen
  • Schwindel
  • Herzklopfen
  • mangelnde Leistungsfähigkeit
  • Ängste
  • Druck auf der Brust/Brustschmerzen
  • Luftnot bei körperlicher Anstrengung
„Kehren einige der aufgeführten Anzeichen immer wieder auf, gehen Sie am besten zu Ihrem Hausarzt. Sind die Symptome akut und stark, rufen Sie sofort den Rettungsdienst über 112 an.”

Mehr als die Hälfte der Frauen über 60 hat Bluthochdruck

Ursache für das erhöhte Risiko für Frauen, mit den Wechseljahren, in der Regel ab 50, schleichend einen Bluthochdruck zu entwickeln, ist der sinkende Östrogenspiegel im Blut. Das weibliche Geschlechtshormon sorgt für elastische Blutgefäße, einen niedrigen Blutdruck und schützt so vor Herz-Kreislauferkrankungen. Gleichzeitig steigt der Spiegel des Hormons Testosteron.

Als Folge davon nehmen die Frauen an Bauchfett zu. Eine Crux, denn das Bauchfett selbst produziert Hormone und Entzündungsbotenstoffe, die wiederum den Blutdruck ansteigen lassen. In den Wechseljahren können sich außerdem Ängste, erhöhte Anfälligkeit für Stress, ein veränderter Stoffwechsel, Gewichtszunahme und weniger körperliche Bewegung negativ auf die Blutdruckwerte auswirken.

Die Folge davon ist: Fast 55 Prozent der Seniorinnen hierzulande leidet an Bluthochdruck, das ist mehr als die Hälfte der 60- bis 69-Jährigen.

„Lassen Sie ab dem 45. Lebensjahr regelmäßig den Blutdruck in der Apotheke oder beim Arzt kontrollieren oder messen Sie ihn selbst mit einem Blutdruckmessgerät. Sie erhalten es in der Apotheke. Wählen Sie ein Gerät mit Oberarmmanschette, da es genauer misst.”

Therapie des Bluthochdrucks bei Frauen weniger erforscht

Doch auch Frauen mit bereits bekanntem Bluthochdruck stehen vor einem Problem. „Viele von ihnen werden nicht effektiv genug behandelt“ sagt Dr. Bongarth. Denn die optimale Therapie des Bluthochdrucks ist bei Frauen sehr viel weniger erforscht als bei Männern. Frauen werden in klinische Studien entweder nicht einbezogen oder sind unterrepräsentiert. Die Ergebnisse jedoch fließen in die Normwerte und Empfehlungen für Medikamente zur Blutdrucksenkung ein, die für beide Geschlechter gelten. „Dabei weiß man, dass Medikamente bei Männern und Frauen nicht genauso wirken“.

Lebensstiländerungen helfen, den Blutdruck zu senken

Maria B. hat einen Blutdruck von 160/100 mmHg. Eindeutig zu hoch. Der Arzt verschreibt ihr ein blutdrucksenkendes Medikament. Die Therapie des Bluthochdrucks richtet sich nach den Werten und individuellen Risikofaktoren des Patienten. Dazu gehören Diabetes mellitus, erhöhte Cholesterinwerte, starkes Rauchen und Übergewicht.

Haben Betroffene so genannte hochnormale Werte von 130/85 bis 139/89 mmHg werden zunächst Lebensstilmaßnahmen empfohlen, um einen niedrigeren Blutdruck zu erlangen. Beim Grenzwert von 140/90 mmHg richtet es sich nach den zusätzlichen Risikofaktoren des Patienten, ob der Arzt zusätzlich eine Arznei verschreibt. Liegt der Blutdruck dagegen über 160/100 wird eine sofortige medikamentöse Therapie eingeleitet. Die empfohlenen Lebensstilfaktoren, mit denen alle Betroffenen ihren Blutdruck selbst günstig beeinflussen können, sind:

  • normales Körpergewicht anstreben
  • regelmäßige körperliche Bewegung
  • salzarme Kost, viel Obst und Gemüse zu sich nehmen
  • Fleisch, Fett und Zucker reduzieren
  • Stressreduktion durch Pausen, Entspannung und genügend Schlaf
  • auf Alkohol und Zigaretten verzichten

Hoher Blutdruck in der Schwangerschaft gefährdet Mutter und Kind

Auch junge Frauen sind nicht vor einem Bluthochdruck gefeit. So entwickeln fünf bis zehn Prozent der Schwangeren im Laufe der Schwangerschaft einen Bluthochdruck. Er ist der Hauptgrund von schweren Erkrankungen und Sterblichkeit sowohl der Mutter als auch des ungeborenen und neugeborenen Kindes. Einige Schwangere haben schon vor ihrer Schwangerschaft einen hohen Blutdruck, der sich dann eventuell noch verschlechtert, andere wiederum entwickeln ihn erst während der Schwangerschaft.

So oder so ist er ein Risiko für Mutter und Kind. Die Folge können Wachstumsstörungen beim Kind sein, es kann zu einer Frühgeburt oder gar Fruchttod (Fetus stirbt während der Schwangerschaft) kommen. Die Gefahren für die Mutter sind Schlaganfall, Organversagen oder eine so genannte Präeklampsie, eine ernste Erkrankung schwangerer Frauen. Sie führt zu Eiweißansammlungen im Urin, die eine Nierenschädigung anzeigen, Wasseransammlungen im Gewebe von Gesicht, Händen und Füßen sowie Blutgerinnungsstörungen.

Betroffen sind vor allem Frauen, die erstmals ein Kind bekommen, Vielgebärende und Frauen mit Vorerkrankungen wie zum Beispiel Diabetes mellitus, Nierenerkrankungen, Bluthochdruck, der vorher schon bestand und dem sogenannten Antiphospholidpidsyndrom (APS), bei dem die Blutgerinnung gestört ist. Diese kann Thrombosen während der Schwangerschaft oder Blutungskomplikationen bei der Geburt oder einem eventuell notwendigen operativen Eingriff zur Folge haben. Die gute Nachricht: Bei vielen Schwangeren bleibt der Bluthochdruck problemlos.

INFO

Wenn Sie schwanger sind, sollten Sie, wenn Sie Bluthochdruck haben, gefährdet sind, diesen zu entwickeln oder zu den oben genannten Risikogruppen gehören, engmaschig Ihren Arzt aufsuchen und sich je nach Höhe des Blutdruckes medikamentös behandeln lassen. Einige Bluthochdruckmedikamente wie etwa ACE-Hemmer oder Sartane dürfen in der Schwangerschaft jedoch nicht eingenommen werden.

Hoher Blutdruck durch „die Pille“

Ein weiteres Risiko für jüngere Frauen, einen Bluthochdruck zu entwickeln, ist „die Pille“ zur Empfängnisverhütung, die eine Kombination von Östrogen und Progesteron enthält. Progesteron ist das Gelbkörperhormon, das in den Eierstöcken gebildet wird. Es regelt vor allem den Menstruationszyklus, die Schwangerschaft sowie die Entwicklung des Embryos.

„Einige Frauen, die ein solches Kombinationspräparat einnehmen, reagieren mit einem bedeutsamen Blutdruckanstieg“, sagt Dr. Bongarth von der Klinik Höhenried. „Frauen, die, die Pille einnehmen und außerdem übergewichtig sind, haben ein nochmal erhöhtes Risiko einen Bluthochdruck zu entwickeln.“

„Haben Sie Bluthochdruck, rauchen und/oder leiden Sie an Übergewicht, sollten sie nicht „die Pille“ nehmen, sondern andere Verhütungsmethoden verwenden. Lassen sie sich von Ihrer/Ihrem Gynäkologin/Gynäkologen beraten.”

Maria B. hat mithilfe ihres Arztes ihren Blutdruck in den Griff bekommen. Sie selbst tut viel dafür. Konsequent ist sie zu Beginn der Behandlung alle drei Monate zur Untersuchung in die Praxis gegangen und hat ihren Blutdruckwert kontrollieren lassen. Inzwischen hat sie sich ein eigenes Blutdruckmessgerät zugelegt, mit dem sie regelmäßig ihre Werte kontrolliert.

Zweimal in der Woche macht sie Nordic Walking und steigt außerdem jeden Tag die Treppen hoch bis zu ihrer Wohnung in der vierten Etage statt wie vorher, den Fahrstuhl zu benutzen. „Arzt und Patient sind ein Team“, erklärt die Chefärztin Dr. Christa M. Bongarth, „es ist oftmals ein langwieriger Prozess, bis der Blutdruck richtig eingestellt ist. Das erfordert bei Betroffenen eine gute Portion Beständigkeit, Geduld und Selbstverantwortung.“

Quellen

  • Interview mit Christa M. Bongarth, Chefärztin der Kardiologie in der Klinik Höhenried, Rehabilitationszentrum am Starnberger See
  • Wei YC, George NI, Chang CW, Hicks KA; Assessing sex differences in the risk of cardiovascular disease and mortality per increment in systolic blood pressure: a systematic review and meta-analysis of follow-up studies in the United States. PLoS One 2017
  • https://www.herzstiftung.de/ihre-herzgesundheit/gesund-bleiben/bluthochdruck/blutdruck-senken
  • https://www.herzstiftung.de/ihre-herzgesundheit/gesund-bleiben/bluthochdruck/blutdruck-senken
  • https://www.hochdruckliga.de/fileadmin/downloads/presse/informationen/zahlen/Bluthochdruck-Zahlen-2017-PM.pdf
  • https://www.hochdruckliga.de/nachricht/bluthochdruck-in-den-wechseljahren-oft-unterschaetzt
  • https://www.gesundheitsstadt-berlin.de/bluthochdruck-frauen-haben-hoehere-risiken-als-maenner-15564/
  • https://www.aok-bv.de/presse/medienservice/ratgeber/index_19158.html
  • https://www.netdoktor.de/krankheiten/bluthochdruck/praeeklampsie/
  • https://dzhk.de/aktuelles/news/artikel/bluthochdruck-in-der-schwangerschaft-uebertraegt-sich-auf-das-kind/
  • https://dzhk.de/aktuelles/news/artikel/bluthochdruck-in-der-schwangerschaft-uebertraegt-sich-auf-das-kind/
  • https://www.netdoktor.de/krankheiten/bluthochdruck/praeeklampsie/
  • Anke Nolte; Prof. Dr. med. Manfred Anlauf, Schluss mit Bluthochdruck, 2022
  • Anke Nolte, unter Mitarbeit von Prof. Dr. med. Manfred Anlauf, Prof. Dr. Gerd Glaeske, Dr. Judith Günther, Medikamente im Test – Bluthochdruck, 2018