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Frühjahrsmüdigkeit – müde in den Frühling

Der Frühling kommt: Die Tage werden länger, die Temperaturen steigen. Aber viele Menschen fühlen sich in den ersten Monaten des Jahres besonders schlapp. Woher kommt diese Frühjahrsmüdigkeit, wen betrifft sie besonders und was hilft dagegen? Während es zu den Ursachen mehrere Vermutungen gibt, sind sich Experten in der Handlungsempfehlung einig: gesund ernähren, viel trinken und regelmäßig bewegen. Am besten draußen.

Frühjahrsmüdigkeit ist keine Krankheit

Das Gute vorweg: Die Frühjahrsmüdigkeit ist keine Erkrankung und längst nicht jeder ist davon betroffen. Die Symptome, die viele Menschen in den ersten Monaten des Jahres mehr oder weniger belasten, verschwinden nach drei bis vier Wochen wieder. Bemerkbar macht sich bei manchen die jahreszeitliche Umstellung vor allem durch Müdigkeit, obwohl man ausreichend geschlafen hat.

Antriebslosigkeit, Schwindel, niedriger Blutdruck und Kopfschmerzen sind mal mehr, mal weniger ausgeprägt. Manche Menschen fühlen sich gereizt und schnell genervt. Das kann jedoch viele Ursachen haben. „Eine genaue Diagnose gibt es nicht“, sagt Lars Donath, Professor für Trainingswissenschaften an der Sporthochschule Köln. „Es gibt jedoch verschiedene Hypothesen, die erklären, warum das Allgemeinbefinden im Frühjahr bei manchen so schlecht ausfällt.“

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Ursachen der Frühjahrsmüdigkeit

Um zu verstehen, was mit einem im Frühjahr passiert, lohnt ein Blick in den Winter. Mit der Dunkelheit und den niedrigen Temperaturen senkt sich unser Energieniveau. Statt nun erst recht aktiv zu werden, geben wir lieber nach. Es ist in unseren Breiten schlicht auch ein gesellschaftlich verabredeter Modus, in den wir uns begeben: Wir machen es uns zuhause gemütlich und verlassen das Haus nur, wenn unbedingt nötig. So bewegen wir uns weniger, vor allem weniger im Freien. Und je tiefer wir im Sofa versinken, desto weniger Lust haben wir, gegen diese Trägheit anzugehen.

Winter verleitet zum Schlemmen

Die Kälte veranlasst uns grundsätzlich instinktiv dazu, mehr Kohlenhydrate zu essen. Die brauchen wir gegen das Frieren, das heißt, um die Körpertemperatur aufrechtzuerhalten und weiterhin genügend Energie für den Stoffwechsel zu liefern. Es ist vermutlich zudem ein Ur-Impuls, dem möglichen Nahrungsmangel in der Winterzeit zuvorzukommen, in dem man möglichst viel auf einmal zu sich nimmt.

Allerdings neigen wir im Überfluss Lebenden dazu, sehr viel mehr Süßes und Fettiges zu essen, als wir eigentlich bräuchten. Und wie Studien belegen, ist das weniger eine evolutionäre Altlast als ein kulturelles Phänomen. Der Weihnachtsteller mit den Süßigkeiten weckt einfach auch wunderbare Erinnerungen. Für das Frühjahr heißt das: Es kann einfach sein, dass wir mit zusätzlichem Körpergewicht in die neue Saison starten. Das ist nicht nur im Wortsinne beschwerlich, das kann auch aufs Gemüt drücken.

Mangelerscheinungen machen müde

Möglicherweise, fügt Lars Donath an, fehlten uns im Frühjahr noch einige Vitamine. Das könnte an einer geringeren Verfügbarkeit der Nährstoffe im Obst und Gemüse liegen. Das kommt im Winter schließlich nicht immer frisch auf den Tisch, sondern aus dem Lagerbestand. Und vielleicht ohnehin nicht so häufig.

„Es kann durchaus sein, dass einige Menschen mit einem Vitamin-D-Mangel aus dem Winter kommen, denn das wird bekanntermaßen nur mit Hilfe des Sonnenlichts hergestellt.“ Ein solches Defizit lässt sich nach Angaben des Wissenschaftlers in Absprache mit dem Arzt aber sehr gut durch Vitamin D per Tablette ausgleichen.

Hormone, die frühjahrsmüde machen

Die verkürzte Lichtzeit verstärkt unsere eigene Vernachlässigung noch auf andere Weise. Denn die geringeren Sonnenstunden wirken sich unter anderem direkt auf unseren Hormonhaushalt aus. Die Müdigkeit könnte teilweise einem erhöhten Spiegel an Melatonin geschuldet sein. Das sogenannte Schlafhormon wird bei Dunkelheit ausgeschüttet. Das viel zitierte Glückshormon Serotonin hingegen erreicht im Winter sein tiefstes Niveau.

Nicht zuletzt machen uns diverse Krankheiten wie die Grippe im Winter zu schaffen: „Wer weiß, vielleicht wirkt auch noch eine Virusinfektion nach, für die wir im Winter anfälliger sind.“

Sonnenlicht verändert im Frühjahr den Biorhythmus

Der Frühling trifft also auf Menschen in unterschiedlichen Zusammenhängen, Zuständen und vor allem Einstellungen. Licht und Wärme sorgen eigentlich dafür, dass unser Organismus wieder in Schwung kommt. Das Sonnenlicht ist für uns der zentrale Taktgeber, der von außen auf uns einwirkt. Er beeinflusst den suprachiasmatischen Kern (SCN), ein Areal hinter den Augen, das unseren Biorhythmus wesentlich steuert.

Im Wechsel von Tag und Nacht steigt und fällt zum Beispiel die Körpertemperatur, ändert sich der Herzrhythmus, die Atmung und die hormonelle Zusammensetzung im Blut. Über das Sonnenlicht werden unsere inneren Uhren ebenso mit den Jahreszeiten synchronisiert. Diese Neujustierung kann etwas dauern. Doch wie sensibel wir darauf reagieren, ist eine Frage der individuellen Befindlichkeit.

Wer besonders über Frühjahrsmüdigkeit klagt, ist vielleicht auch besonders vorbelastet. „Er tut sich beispielsweise grundsätzlich schwer damit, regelmäßig aktiv zu sein, sich gesund zu ernähren und viel draußen zu sein“, vermutet Donath. So reichen mitunter kleinere hormonelle Abweichungen aus, um sich nicht wohl zu fühlen. Darum geht es: „Frühjahrsmüdigkeit ist eher eine saisonale affektive Störung. Das heißt, es geht um das persönliche Empfinden.“

Tipps gegen die Frühjahrsmüdigkeit

Professor Lars Donath macht also insbesondere die prinzipiellen Verhaltensmuster eines jeden dafür mitverantwortlich, ob es im Frühjahr zu einem Stimmungstief kommt oder nicht. Man kann der Frühjahrsmüdigkeit jedenfalls sehr gut vorbeugen: „Man sollte sich verbindliche Bewegungsanreize schaffen, die unabhängig von der Jahreszeit sind“, rät er. Kleine Ziele setzen, zum Beispiel einen Spaziergang am Tag oder 6000, noch besser 10 000 Schritte. Etwas, das man realistischer Weise über einen langen Zeitraum hinweg umsetzen kann.

Sport treiben ist natürlich immer eine gute Idee, besonders in Gemeinschaft. „Gemeinsam Sport zu machen, stärkt die Motivation. Man trifft sich, hat Freude, spornt sich gegenseitig an oder vergleicht sich.“ Für welchen Sport man sich entscheidet, ist fast gleichgültig: Boxen, Yoga, Judo – wichtig ist: Alles, was Spaß macht. Und wenn möglich, lieber draußen statt drinnen. „Studien zeigen, dass Sport an der frischen Luft als viel angenehmer empfunden wird und eher Lust darauf macht, es wieder und wieder zu tun“, sagt Donath.

Täglich, wöchentlich, jedenfalls in einem Takt, den man ohne groß darüber nachzudenken einhalten kann. Menschen, die jedoch nie dem Sport etwas abgewinnen konnten, brauchen tatsächlich mehr Hilfe von außen. Da sind Freunde, Kollegen, Vereine gefragt: „Die soziale Unterstützung kann Ressourcen freisetzen und helfen, Barrieren zu überwinden.“

Tipps gegen die Frühjahrsmüdigkeit

  • Regelmäßige Bewegung im Freien, unabhängig von den Jahreszeiten
  • Ziele setzen: Ein Spaziergang am Tag, egal bei welchem Wetter
  • Verbindliche Anreize schaffen: Einmal wöchentliches Training im Verein, im Fitnessstudio
  • In der Gruppe einen Sport machen, der einem wirklich Spaß macht
  • Viel Wasser trinken
  • Gesund ernähren, vor allem frisches Gemüse und frisches Obst
  • Meditation

 

Frühjahrsmüdigkeit akzeptieren

Es gibt übrigens eine zweite Strategie, mit seiner Frühjahrsmüdigkeit umzugehen: Sie einfach als Übergangsphänomen akzeptieren. Schlapp im März? Ist halt so. Geht vorbei. Man kann auch einfach ein Buch lesen. Quasi als sekundärer Krankheitsgewinn. „Wenn ich mir ein Bein breche, bringt es ja auch nichts, die ganze Zeit zu jammern, dass ich jetzt nicht surfen kann.“ Entscheidend ist nur, dass die Gesamtaktivität im Jahr durch solche Phasen nicht reduziert wird. Denn wer so jedes Jahr 500 Gramm zunimmt, sich immer weniger bewegt, stetig mehr isst, der kann in einem schleichenden Prozess irgendwann krank werden. Wer das jedoch im Auge behält, der kann während seiner Frühjahrsmüdigkeit etwas tun, wozu er sonst keine Zeit hätte.

Wann ist Müdigkeit krankhaft?

Eine Müdigkeit sollte dann mit einem Arzt abgeklärt werden, wenn ich…

  • länger als vier Wochen darunter zu leiden habe
  • partout nicht schlafen kann
  • überhaupt nicht zur Ruhe komme
  • keine Lust auf soziale Kontakte habe
  • mich überhaupt nicht zur Arbeit motivieren kann
  • keinen Appetit habe

Quellen:

  • Rohan, K. J. et al: Biological and Psychological Mechanisms of Seasonal Affective Disorder: A Review and Integration. Current Psychiatry Reviews, 2009
  • Elina E Helander, Brian Wansink, Angela Chieh: Weight Gain over the Holidays in Three Countries, New England Journal of Medicine, 2016 September 23
  • Manuel Weber, Thiemo Schnorr, Mareike Morat, Tobias Morat, Lars Donath: Effects of Mind–Body Interventions Involving Meditative Movements on Quality of Life, Depressive Symptoms, Fear of Falling and Sleep Quality in Older Adults: A Systematic Review with Meta-Analysis, International Journal on Environmental Research und Public Health, 2020 September: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7559727/

Ina Henrichs

Autorin

Ina Henrichs arbeitete nach einem Volontariat bei der Mitteldeutschen Zeitung zunächst als Redakteurin und später als freie Journalistin unter anderem für den Kölner Stadt-Anzeiger. 2015 wurde sie mit dem Deutsch-Französischen Journalistenpreis, 2017 mit dem  „Publizistik-Preis Senioren“ ausgezeichnet. Studiert hat sie Französisch und Englisch.