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Gesunde Ernährung für Kinder – Tipps vom Experten

Haben Sie auch eine Fünfjährige zu Hause, die sich am liebsten von Eis und „Nudeln ohne alles“ ernähren würde? Oder einen Vierzehnjährigen, dessen Lieblingsgerichte Tiefkühlpizza und Chips zu sein scheinen? Wie schaffen es Eltern trotzdem, dass ihre Kinder sich gesund ernähren – und dass es ihnen sogar Spaß macht? Eine Ernährungswissenschaftlerin, ein Kinderarzt und erfahrene Eltern nennen ihre besten Tipps!

Gesunde Ernährung für Kinder: Frisch zubereitet, nicht zu süß und nicht zu fettig

Frisch zubereitet, wenig verarbeitet, nicht zu süß und nicht zu fettig. So könnte man zusammenfassen, was gesunde Ernährung für Kinder und Jugendliche ausmacht. Darüber sind sich Ernährungswissenschaftler und Mediziner einig. „Ein 4- bis 6-jähriges Kind benötigt etwa 1.450 kcal pro Tag“, so Ökotrophologin Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V.

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„Der Verzehr von Süßigkeiten und Snacks sollte dabei nicht mehr als 10 Prozent der täglichen Energiezufuhr betragen. Damit stehen ca. 150 kcal für „Leckereien“ zur Verfügung. Das entspricht beispielsweise einem Teelöffel Nuss-Nougat-Creme und 20 Salzstangen.“ Bewusst sein sollten sich Eltern außerdem, dass Fertigprodukte, aber zum Beispiel auch Wurstwaren, viel versteckten Zucker enthalten und dass Kinder sich, wenn sie häufig Fastfood zu sich nehmen, tatsächlich an Süßes und Fettiges gewöhnen.

Außerdem fördert zu viel Zucker Karies. Dabei spiele es zunächst einmal keine Rolle, ob Speisen mit Rohrzucker oder vermeintlich „gesunden“ Alternativen wie Honig oder Agavendicksaft gesüßt werden. Zuckerhaltige Stoffe lieferten generell keine Vitamine oder Mineralstoffe in nennenswerten Mengen, so Antje Gahl und seien in der Ernährung von Kindern und Jugendlichen möglichst sparsam zu verwenden.

„Wenn Eltern zu Hause nicht vernünftig kochen und vorwiegend Fastfood essen, dann wollen Kinder das auch.”
Kinderarzt Thomas Fischbach

Eltern sind Vorbild für eine gesunde Ernährung

Ist das gemeinsame Burger-Essen im Fastfood-Laden also ein Tabu in der kindlichen Ernährung? Nicht unbedingt, so Kinderarzt Thomas Fischbach, Vorsitzender des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte e.V. Allerdings sollten sich Eltern ihrer Vorbildfunktion deutlich bewusst sein: „Wenn Eltern zu Hause nicht vernünftig kochen und vorwiegend Fastfood essen, dann wollen das Kinder auch.“ Was kann andererseits helfen, Kinder zu gesunder Ernährung zu motivieren?

Ernährungswissenschaftlerin Antje Gahl und Kinderarzt Dr. Fischbach geben folgende Tipps:

Essen als Gemeinschaftserlebnis:

  • Eltern können ihre Kinder entsprechend ihres Alters am Kochen beteiligen, ihnen Gemüse, Obst etc. auch in unverarbeitetem Zustand zeigen und die Essenszubereitung immer wieder zum „Familienereignis“ machen. Der Besuch eines Kochkurses für Kinder kann zusätzlich die Freude an gesunder Ernährung wecken.
  • Mahlzeiten sollten am Tisch gemeinsam eingenommen werden. Hilfreich ist, wenn sich alle beim Essen Zeit nehmen, mit kleinen Portionen anfangen und sich während des Essens nicht durch das Handy oder allzu emotionale Gesprächsthemen ablenken lassen.

Bewusst genießen – auch schon im Kindes- und Jugendalter:

  • Essen sollte nicht zum Trost oder als Belohnung eingesetzt werden. Unverdünnte Fruchtsäfte und Smoothies im Quetschbeutel für die Kleinsten enthalten viel Zucker und sollten nur sparsam genossen werden. Snacks zwischen den Mahlzeiten bitte nur in Maßen.
  • Viele Kinder mögen Gemüse lieber roh und getrennt voneinander angerichtet. Statt Eintopf also zum Beispiel ein „Gesicht“ aus ungekochten Möhren und Tomaten – auch als Gemüsesticks oder Fingerfood. Aber auch versteckt in Soßen oder püriert als leckerer „Fruchtcocktail“ lässt sich manches Kind zum Verzehr von Rohkost verführen.

Woher kommt unsere Nahrung? Essen ist mehr als satt werden:

  • Kinder sollten nicht gezwungen werden, bestimmte Nahrungsmittel wie zum Beispiel Gemüse zu essen oder ihren Teller „leer zu essen“. Dies schädigt nachhaltig das natürliche Sättigungsgefühl und fördert dadurch ein ungesundes Essverhalten.
  • Bewusster Konsum kann bereits im Kindergarten- und Vorschulalter thematisiert werden. Kinder können sich gemeinsam mit ihren Eltern darüber informieren, woher die verwendeten Lebensmittel stammen und damit den Sinn artgerechter Tierhaltung oder ökologischer Landwirtschaft verstehen.
„Fettpolster und Speckröllchen sollten von Eltern nicht ignoriert werden – nach dem Motto, das wächst sich aus”
Ökotrophologin Antje Gahl

Zu dick oder zu dünn? Warum uns nicht jede Abweichung von der Norm Sorgen machen muss

Manche Kinder essen phasenweise trotz aller Bemühungen der Eltern sehr wenig oder lehnen bestimmte Nahrungsmittel kategorisch ab. Das sei erst einmal ganz normal, so Ernährungswissenschaftlerin Gahl: Solange sich Körpergröße und -gewicht altersgerecht entwickelten und das Kind munter und aufgeweckt sei, bestehe kein Grund zur Sorge.

Allerdings weist Kinderarzt Dr. Fischbach darauf hin, dass laut einer KIGGS-Studie des Robert-Koch-Instituts tatsächlich jedes fünfte Kind in Deutschland übergewichtig sei. Die Dickleibigkeit werde in den allermeisten Fällen durch eine übermäßig kalorienreiche Ernährung in Kombination mit Bewegungsmangel verursacht. Dennoch müssten organische Ursachen wie zum Beispiel Stoffwechselstörungen ausgeschlossen werden.

Eine einmalige Schulung oder Kur helfe bei echtem Übergewicht im Kindesalter wenig. Vielmehr sei eine „konsequent durchgeführte Adipositas-Schulung“ nötig, die medizinische Beratung, Wissen um gesunde Ernährung und Bewegungsanregungen umfasse. „Fettpolster und Speckröllchen an Bauch, Hüfte, Brust und Nacken sollten von Eltern nicht ignoriert werden – nach dem Motto, das wächst sich aus“, so Antje Gahl.

Übergewicht im Kindes- und Jugendalter sei ein Risikofaktor für weitere ernährungsbedingte Erkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck oder Herz-Kreislauferkrankungen und dürfe daher nicht ignoriert werden.

Andererseits gibt ein ungewöhnliches Essverhalten bei Kindern und Jugendlichen zuweilen auch einen Hinweis auf Nahrungsmittelunverträglichkeiten, wie zum Beispiel Zöliakie oder Laktoseintoleranz. Klagen Kinder nach dem Genuss bestimmter Lebensmittel über Bauchschmerzen oder meiden diese, sollten Eltern auf jeden Fall genauer hinsehen und gegebenenfalls auch ihren Kinderarzt zu Rate ziehen.

Gesunde Ernährung in Kindergärten und Schulen

Kinder und Jugendliche zu gesunder Ernährung zu motivieren ist längst nicht nur Aufgabe der Eltern. Kindergärten, Grund- und weiterführende Schulen sollten darauf achten, dass sie ein „ernährungs-physiolgisch ausgewogenes Verpflegungsangebot“ sowie ein energiearmes Getränkeangebot kostenfrei zu Verfügung stellen, so Ernährungswissen-schaftlerin Gahl.

Der Speiseraum solle zudem ansprechend gestaltet und damit eine angenehme Essatmosphäre geschaffen werden. Hierzu gehörten auch kompetente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Küche und Ausgabe und ausreichend lange Pausenzeiten, in denen in Ruhe gegessen werden könne.

Für eine gesunde Ernährung in Kindergärten und Schulen können sich Eltern somit über ihre Interessenvertreter in den Einrichtungen direkt einsetzen. Die Deutsche Gesellschaft für gesunde Ernährung bietet zur Orientierung auf ihrer Website den DGE-Qualitätsstandard für die Schulverpflegung.

So begeistern Sie Ihr Kind für gesunde Ernährung

Zusammenfassend lässt sich sagen:

  • Eltern sind für ihre Kinder in Bezug auf gesunde Ernährung ein wichtiges Vorbild. Die gemeinsame Verarbeitung frischer Lebensmittel und das genussvolle Essen in Gemeinschaft motivieren Kinder ebenso zu gesunder Ernährung wie eine grundsätzlich entspannte Haltung der Eltern.
  • Über- oder Untergewicht im Kinder- und Jugendalter sollte andererseits nicht bagatellisiert werden, da es ein deutliches Risiko für ernährungsbedingte Erkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck mit sich bringt. 
  • Ernähren sich Eltern langfristig ausgewogen und mit Genuss, werden es ihnen ihre Kinder voraussichtlich nachtun. Gesunde Ernährung ist also deutlich mehr als das Zählen von Kalorien oder die Orientierung an Nährstofftabellen. Sie ist die Basis eines gesunden und genussvollen Lebens. Das gilt für Eltern – und Kinder.

Welche Nährstoffe sind für Kinder und Jugendliche besonders wichtig?

Calcium für den KnochenaufbauWichtigste Quellen sind Milch und Milchprodukte (am besten fettarme Varianten) sowie calciumreiches Mineralwasser (mindestens 150 mg Calcium pro Liter), außerdem pflanzliche Lebensmittel, wie Gemüse (z.B. Grünkohl) oder Hülsenfrüchte (z.B. Linsen)
Vitamin D für die Stärkung des Immunsystems und den KnochenaufbauFettfische (z.B. Hering)
Viel Bewegung im Freien für die Bildung über die Haut
Eisen in der Pupertät (bei Mädchen wg. der einsetzenden Menstruation, bei Jungen wegen des vermehrten Muskelaufbaus)Neben Fleischgerichten auch Getreideprodukte aus Vollkorn (z.B. Vollkornbrot), einige Gemüsearten (z.B. Spinat), eisenreiche Beeren, (z.B. schwarze Johannisbeeren), Trockenfrüchte, Nüsse und Samen
Eiweiß (Protein) als Baustoff für Zellen und Gewebe. Der Bedarf hängt vom Wachstum ab und sinkt mit zunehmendem Alter.Milch- und Milchprodukte, Eier, Fleisch und Fisch. Aber auch pflanzliche Lebensmittel, wie Brot, Hülsenfrüchte und Kartoffeln, enthalten nennenswerte Mengen an Eiweiß. Durch die Kombination verschiedener Lebensmittel, z.B. Pellkartoffeln mit Kräuterquark, können Nahrungsproteine besser verarbeitet und damit „aufgewertet“ werden.
Zu beachten ist außerdem, dass Kinder und Jugendliche mehr Flüssigkeit pro Kilogramm Körpergewicht benötigen als Erwachsene. Als Richtwert gilt etwa 1 Liter pro Tag.Um ihren Flüssigkeitsbedarf zu decken, sollten Kinder und Jugendliche v.a. Wasser, ungesüßte Früchte- und Kräutertees sowie stark verdünnte Saftschorle (3/4 Wasser, 1/4 Fruchtsaft) zu sich nehmen. 

Sarah Zöllner

Autorin

Sarah Zöllner schreibt als Journalistin und Autorin über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Familien- und Gleichstellungspolitik. 2023 erschien ihr zweites Buch „Mütter. Macht. Politik. - Ein Aufruf!“. Für die Envivas informiert sie regelmäßig über Gesundheitsthemen und Wissenswertes rund um den Alltag mit Kindern. Mit ihrer Familie lebt sie nahe Heidelberg.