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Osteoporose: So schützen Sie Ihre Knochen vor dem Abbau

Mehr als sechs Millionen Menschen in Deutschland leiden an Osteoporose. Betroffen sind vor allem Frauen nach den Wechseljahren und Männer im höheren Alter. Die Knochen werden zunehmend porös und brechen daher leicht. Zum Glück kann man dem Knochenschwund, wie die Osteoporose auch genannt wird, vorbeugen. Am besten fängt man damit bereits in frühen Jahren an.

Das Innere unserer Knochen sieht in etwa so aus wie ein Schwamm. Es besteht aus einem stabilen Gerüst aus Knochenbälkchen, die den Knochen ihre Festigkeit verleihen, ähnlich wie die Balken eines Fachwerkhauses. Trotz ihrer Härte handelt es sich keinesfalls um totes Material: Permanent sind bestimmte Zellen, die Osteoklasten, damit beschäftigt, die Knochenbälkchen abzubauen. Währenddessen erneuern andere Zellen sie wieder, die Osteoblasten. So können Knochen wachsen, nach einem Bruch verheilen und in einem gewissen Maße sogar ihre Form verändern.

Es kommt zum Abbau von Knochenbälkchen

„Bei einer Osteoporose ist das Gleichgewicht zwischen dem Knochenab- und -aufbau gestört“, erklärt Dr. Friederike Thomasius, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Osteologie (DGO).

Durch diese Störung kommt es zu einem vermehrten Abbau der Knochenbälkchen, wodurch die Knochen zunehmend porös und irgendwann auch brüchig werden. „Man kann sich das erneut vorstellen wie bei einem Fachwerkhaus“, sagt Thomasius, die am Frankfurter Hormon- und Osteoporosezentrum den Bereich Klinische Osteologie leitet. „Wenn man bei dem Gebäude nach und nach an verschiedenen Stellen die Balken entfernt, wird es irgendwann einstürzen.“

Eine Knochendichtemessung ermöglicht eine exakte Diagnose

Osteoporose ist eine Stoffwechselerkrankung. „Sie betrifft das gesamte Skelett“, erläutert Thomasius. Besonders anfällig für den Knochenschwund seien allerdings die Wirbelsäule und der Oberschenkelhals, der den Oberschenkelknochen mit dem Schenkelkopf in der Nähe der Hüfte miteinander verbindet. „Doch auch wenn bei einer Frau jenseits der Wechseljahre oder einem Mann über 50 Jahre bei einem Sturz der Unterarm bricht, ist es sinnvoll, das generelle Bruchrisiko einmal anhand einer Knochendichtemessung überprüfen zu lassen“, sagt Thomasius.

„Jeder Mensch kann durch seinen Lebensstil dazu beitragen, das Risiko für eine Osteoporose zu senken.”
Dr. Friederike Thomasius

Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen hat Thomasius in den im September neu veröffentlichten „Leitlinien zur Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose“ die wichtigsten Risikofaktoren für die Erkrankung zusammengestellt. Manche davon lassen sich wenig bis gar nicht beeinflussen, etwa das Alter oder eine Erkrankung, die mit Kortison behandelt werden muss. Andere Faktoren können wir sehr wohl beeinflussen. „Jeder Mensch kann durch seinen Lebensstil dazu beitragen, das Risiko für eine Osteoporose zu senken“, betont Thomasius.

Das Hormon Östrogen ist für den Knochenstoffwechsel zentral

Eine entscheidende Rolle bei der Entstehung der Osteoporose spielt das weibliche Sexualhormon Östrogen, da es den Knochenabbau kontrolliert. Sinkt der Östrogengehalt des Körpers, wie es zum Beispiel in und nach den Wechseljahren der Fall ist, verschiebt sich das Gleichgewicht daher in Richtung Abbau. „Für junge Frauen besteht die wichtigste Maßnahme, um einer späteren Osteoporose vorzubeugen, somit darin, einen regelmäßigen Menstruationszyklus zu haben“, sagt Thomasius.

Alles, was den Zyklus stört, zum Beispiel starkes Untergewicht oder Extremsport, fördert den Abbau der Knochen und sollte daher vermieden werden. Verzögert sich die Periode häufig oder bleibt sogar immer wieder mal ganz aus, ist es ratsam, die möglichen Ursachen hierfür von einem Gynäkologen abklären zu lassen. „Eventuell empfiehlt es sich in einem solchen Fall, eine Pille einzunehmen oder auf andere östrogenhaltige Präparate zurückzugreifen“, sagt die DGO-Präsidentin.

Der Mineralstoff Calcium ist für starke Knochen unabdingbar

Für Frauen und Männer im mittleren und höheren Alter lautet der vielleicht wichtigste Rat der Osteologin, auf eine ausreichende Versorgung des Körpers mit Calcium zu achten. Denn für starke Knochen ist dieser Mineralstoff unabdingbar. Laut den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) sollten Erwachsene jeden Tag 1000 mg Calcium zu sich nehmen. „Die Nationale Verzehrstudie II hat allerdings gezeigt, dass diese Menge nur von etwa der Hälfte der Bevölkerung auch tatsächlich erreicht wird“, berichtet Thomasius.

Info

Der Mineralstoff Calcium ist hauptsächlich in Milch und Milchprodukten wie Käse, Quark und Joghurt enthalten.

Dabei ist es eigentlich gar nicht so schwer, Calcium mit der Nahrung aufzunehmen. Es sei denn, man ernährt sich vegan. Denn hauptsächlich ist der Mineralstoff in Milch und Milchprodukten wie Käse, Quark und Joghurt enthalten. Aber auch grüne Gemüsesorten wie Grünkohl, Spinat oder Brokkoli und Nüsse sind vergleichsweise reich an Calcium. Ebenso kann ein gutes, calciumreiches Mineralwasser dabei helfen, den täglichen Bedarf zu decken.

Veganer können darüber hinaus zum Beispiel darauf achten, dass Milchersatzprodukte wie Hafer-, Soja- oder Mandeldrinks mit Calcium angereichert sind, wie es bei einigen dieser Getränke bereits der Fall ist. Auch Sojajoghurt und Tofu enthalten den Mineralstoff in meist ausreichenden Mengen.

Diese Lebensmittel sind besonders reich an Calcium:

Emmentaler Käse (1 Scheibe, 30 g)412 mg
Grünkohl, gegart (1 Portion, 200 g)358 mg
Parmesan (3 Esslöffel, 30 g)353 mg
Fettarme Milch (1 Glas, 250 ml)295 mg
Gouda (1 Scheibe, 30 g)287 mg
Spinat, gegart (1 Portion, 200 g)280 mg
Brokkoli, gegart (1 Portion, 200 g)174 mg
Fettarmer Joghurt (1 Becher, 150 g)171 mg
Haselnüsse (1 Portion, 30 g)45 mg

Quelle: DGE

Ohne Vitamin D können die Knochen kein Calcium aufnehmen

Um Calcium in die Knochen einzubauen, braucht der Körper Vitamin D. Das aber ist ungleich schwieriger mit der Nahrung aufzunehmen, da es in nennenswerten Mengen eigentlich nur in fettem Fisch wie Lachs, Makrele oder Hering enthalten ist. Dafür ist der Körper in der Lage, Vitamin D in der Haut selbst herzustellen – allerdings nur unter dem Einfluss von Sonnenlicht.

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Von Oktober bis April empfiehlt die Osteologin, Vitamin D in Form von Nahrungsergänzungsmitteln einzunehmen.

„In den Monaten Mai bis September ist es relativ leicht, ausreichende Mengen Vitamin D zu produzieren“, sagt Thomasius. „Es genügt dann schon, Gesicht, Hände und Unterarme zehn bis zwanzig Minuten am Tag ungeschützt der Sonne auszusetzen.“ Von Oktober bis April hingegen empfiehlt die Osteologin, Vitamin D in Form von Nahrungsergänzungsmitteln einzunehmen.

Für eine optimale Knochengesundheit rät die DGE erwachsenen Menschen in der dunklen Jahreszeit zu einer täglichen Aufnahme von 800 Internationalen Einheiten, kurz IE. Ab einem Alter von etwa 70 Jahren lässt die körpereigene Produktion von Vitamin D allerdings nach. „Ältere Menschen sollten das Vitamin daher am besten ganzjährig in der empfohlenen Dosis von 800 IE supplementieren“, rät Thomasius.

Regelmäßiges Muskeltraining stärkt auch die Knochen

Eine weitere ganz wesentliche Maßnahme, um der Osteoporose vorzubeugen, ist es, körperlich aktiv zu sein – und es auch mit steigendem Alter zu bleiben. Ein Team um Prof. Wolfgang Kemmler, der das Osteoporose-Forschungszentrum an der Universität Erlangen leitet, konnte beispielsweise zeigen: Regelmäßig drei- bis viermal körperliches Training in der Woche erhöht die Knochendichte von Frauen nach den Wechseljahren.

„In den Knochen sitzen sensorische Zellen, die durch das Muskeltraining stimuliert werden und die Osteoblasten dazu anhalten, neue Knochenbälkchen aufzubauen“, erklärt Thomasius. „Um einen Effekt zu erzielen, ist es allerdings erforderlich, kontinuierlich etwas für seine Muskeln zu tun.“ Welche Sportart ausgeübt wird, ist dabei eher zweitrangig.

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Regelmäßig drei- bis viermal körperliches Training in der Woche erhöht die Knochendichte von Frauen nach den Wechseljahren.

Zum Wachsen brauchen die Muskeln Proteine

„Um die Muskeln zu erhalten oder gar zu stärken, ist es wichtig, mit der Nahrung auch ausreichende Mengen an Proteinen aufzunehmen“, sagt Thomasius. Proteine, also Eiweiße, stecken vor allem in magerem Fleisch und Fisch sowie in Magerquark. Besonders Veganer sind also erneut gefragt, gut auf ihre Muskeln und Knochen aufzupassen und ihre Eiweißversorgung sicherzustellen.

„Als eine besonders gesunde Ernährungsform hat sich in den vergangenen Jahren die Mittelmeerkost herausgestellt“, sagt Thomasius. Die Mittelmeerkost enthält in erster Linie viel frisches Gemüse und Obst, Hülsenfrüchte, die reich an pflanzlichen Eiweißen sind, Nüsse und Samen, naturbelassene Öle sowie ein- bis zweimal in der Woche Fisch oder mageres Fleisch.

„Die mediterrane Ernährung ist nicht nur gut fürs Herz, sondern für den gesamten Organismus, auch für unsere Knochen“, sagt Thomasius. „Sie versorgt den Körper mit allem, was er braucht – zum Beispiel auch mit den wichtigen Vitaminen B12 und B9, besser bekannt als Folsäure.“

Untergewicht ist aus mehreren Gründen schlecht für die Knochen

Weitere Risikofaktoren der Osteoporose, die sich vergleichsweise leicht beeinflussen lassen, sind der Konsum von Tabak und Alkohol sowie Untergewicht. „Aufs Rauchen sollte man aus vielen Gründen möglichst komplett verzichten“, sagt Thomasius. „Ein gelegentliches Glas Wein oder Bier hingegen schaden den Knochen und auch der restlichen Gesundheit in aller Regel nicht.“ Untergewicht gilt vor allem deshalb als riskant, weil damit die Wahrscheinlichkeit steigt, dass der Körper allgemein nicht gut mit Nährstoffen versorgt ist.

„Bei starkem Untergewicht verfügt der Knochen über keinerlei Aufprallschutz durch Muskeln oder Fettgewebe.”
Dr. Friederike Thomasius

„Bereits ein Body-Mass-Index zwischen 18,5 und 20 erhöht das Risiko für eine Osteoporose leicht“, sagt Thomasius. Noch bedrohlicher für die Knochen wird es bei einem BMI unter 18,5. „Dann ist bei einem Sturz die Gefahr für einen Knochenbruch noch höher, als sie ohnehin schon ist“, erklärt Thomasius: „Bei starkem Untergewicht verfügt der Knochen über keinerlei Aufprallschutz durch Muskeln oder Fettgewebe.“

Häufig wird eine Osteoporose erst dann erkannt, wenn die Knochen schon sehr brüchig sind. Das sollte und müsste eigentlich nicht sein: „Wer ein oder zwei Risikofaktoren aufweist und vielleicht sogar einen Familienangehörigen hat, der bereits einen Oberschenkelhalsbruch erlitten hat, sollte seinen Hausarzt darauf ansprechen und ihn um eine Knochendichtemessung bitten“, lautet die Empfehlung der DGO-Präsidentin. Denn einem Fortschreiten der Erkrankung lässt sich auch mithilfe von Medikamenten entgegenwirken.

Anke Brodmerkel

Autorin

Anke Brodmerkel hat Biologie und Chemie studiert und lange für die Berliner Zeitung als Medizinredakteurin gearbeitet. Sie lebt mit ihrer Familie nahe Flensburg und schreibt über alle Aspekte zum Thema Gesundheit – für Zeitungen, Magazine und Online-Portale. Ihre Liebe zum Schreiben entdeckte sie während eines zweijährigen Segeltörns durch Europa.