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Zuckerbombe Obst? Wie gesund sind Früchte wirklich?

An Apple a day… Früchte sind wie Medizin, das lässt zumindest das bekannte Sprichwort vermuten. Und natürlich ist Obst grundsätzlich gesund. Dennoch kann der enthaltene Fruchtzucker im Übermaß dick machen. Einige Obstsorten werden sogar immer süßer gezüchtet, um den Geschmack der Kunden zu bedienen. Die gesunden Inhaltsstoffe dagegen gehen zurück. Wie gesund Obst also wirklich ist und was Sie bei einer Fruchtzuckerunverträglichkeit beachten müssen, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Obst gilt grundsätzlich als gesund – und das zu Recht. Früchte enthalten wichtige Nährstoffe wie Vitamin C, Folat, Kalium und auch Ballaststoffe, die den Körper unter anderem bei der Verdauung unterstützen. Wer aufgrund von Unverträglichkeiten weniger Obst zu sich nehmen kann, muss die Zufuhr dieser Nährstoffe durch andere Lebensmittel – vor allem Gemüse – sicherstellen, damit es nicht zu einer Nährstoffunterversorgung kommt.

Richtig ist aber auch, dass einige Obstsorten tatsächlich viel Frucht- und Traubenzucker enthalten. Grundsätzlich ist in normalen Maßen jede Obstsorte zu empfehlen, so Silke Restemeyer von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE). Wer auf die Zuckerzufuhr achten will, kann häufiger zu zuckerärmeren Früchten wie Orangen oder Beeren greifen und zuckerreichere Obstsorten wie Trauben oder Kirschen eher meiden.

Wie viel Obst pro Tag ist gesund?

Die Menge an Obst variiert je nach Energiebedarf einer Person, ihren persönlichen Vorlieben und hängt auch stark davon ab, wie die Ernährung insgesamt zusammengesetzt ist. 250 Gramm Obst pro Tag, was etwa zwei Handvoll entspricht sowie drei Handvoll Gemüse (400 Gramm) pro Tag empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung im Wochendurchschnitt. Es muss also nicht jeden Tag dieselbe Menge Gemüse und Obst sein, grundsätzlich sollte aber beides täglich auf dem Speiseplan stehen.

„Etwa zwei Handvoll Obst pro Tag empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung. Das sind ca. 250 Gramm.”

Wie Silke Restemeyer von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung betont, können gesunde Menschen eigentlich nicht zu viel Obst essen. Tatsächlich verzehrt der Großteil der Bevölkerung in Deutschland ohnehin eher zu wenig als zu viel Obst. Wie eine deutschlandweite repräsentative Verzehrsstudie (Nationale Verzehrsstudie II) ergab, essen fast 60 Prozent der Befragten weniger als die empfohlenen 250 Gramm Obst pro Tag. Die Werte, die die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, sind für Erwachsene berechnet, deren Energiebedarf zwischen 1.800 und 2.400 kcal liegt.

Hin und wieder kann auch ein Smoothie oder ein Glas Saft eine Portion Obst ersetzen. Smoothies, Mixgetränke aus pürierten Früchten und Säfte sind aber kein grundsätzlicher Ersatz für frisches Obst. Je höher der Saftanteil, desto mehr natürlichen Zucker enthält ein Smoothie. Daher lohnt sich ein Blick auf das Etikett. „Wer gerne Smoothies trinkt, sollte diese am besten selbst mixen“, empfiehlt Ernährungsexpertin Silke Restemeyer. „Außerdem sollten Sie Obst mit einem niedrigen Kohlenhydratgehalt wie Beeren wählen und das Obst möglichst nicht schälen.“

Nutzlos bis gefährlich: Obst- und Gemüseextrakte

Nahrungsergänzungsmittel in Saft-, Pulver- oder Tablettenform aus Aronia- und Goj-Beeren, Papaya, Acerola, Cranberry oder Granatapfel werden in der Werbung häufig als sogenanntes „Superfood“ angepriesen. Tatsächlich enthalten Sie jedoch nur Teile der im frischen Obst enthaltenen Inhaltsstoffe. Gerade sekundäre Pflanzenstoffe, deren gesundheitsfördernde Wirkung belegt ist, sind durch die starke Verarbeitung häufig auf ein Minimum reduziert.

Manche Nahrungsergänzungsmittel sind zudem mit Schadstoffen belastet und können in Wechselwirkung mit Medikamenten sogar schädlich sein. Die Verbraucherzentrale rät daher nur bedingt zum Verzehr von Gemüse- und Obstextrakten. Greifen Sie lieber direkt zu frischen und regional geernteten Früchten.

Kann zu viel Obst schädlich sein?

Was viele nicht wissen: Früchte enthalten viele verschiedene Zuckersorten, darunter den gewöhnlichen Haushaltszucker. Fruchtzucker (Fructose) ist zudem grundsätzlich weder besser noch schlechter für die Gesundheit als andere Zuckersorten wie z.B. Traubenzucker (Glucose) oder gewöhnlicher Haushaltszucker. Werbeanzeigen für Smoothies oder Fruchtsäfte, die betonen, diese seien ohne zugesetzten Zucker hergestellt, können also durchaus irreführend sein.

„Wenn es flüssig wird, geht der Blutzucker viel schneller hoch!“

Wie Professor Dr. Andreas Pfeiffer, Experte für Endokrinologie, Diabetes und Ernährungsmedizin, erklärt, enthalten Bananen im Durchschnitt 15-20 Gramm Zucker pro 100 Gramm. Auch 100 Gramm Äpfel schlagen je nach Süßegrad mit 10-15 Gramm Zucker zu Buche. Fruchtsäfte können somit echte Zuckerbomben sein. So kann ein Glas Apfelsaft ebenso viel Zucker wie ein Glas Limonade enthalten.

„Trockenobst nur in Maßen essen! Der Fruchtzuckergehalt fällt deutlich höher aus als bei frischem Obst.”

Zudem wird der Zucker bei Fruchtsäften und Mixgetränken aus pürierten Früchten vom Körper rascher und an anderer Stelle absorbiert. Dadurch steigt der Zuckerspiegel im Blut nach dem Verzehr der Speisen stärker an: Diabetiker/innen und Menschen mit Schwierigkeiten bei der Aufnahme von Fruchtzucker sollten hier also vorsichtig sein. Auch Trockenobst sollte nur in Maßen gegessen werden, da hier der Fruchtzuckergehalt deutlich höher als bei frischem Obst ausfällt.

Wirklich schädlich ist Obst nur für Menschen mit einer echten Fruchtzuckerunverträglichkeit (Fructose-Intoleranz). Die typischen Symptome wie Unwohlsein, Bauchschmerzen und Blähungen nach dem Verzehr von Obst zeigen sich meist bereits im Säuglingsalter. Menschen, die von der angeborenen Fruchtzuckerunverträglichkeit betroffen sind, müssen Fructose von Geburt an meiden.

Süße Früchtchen – Warum Obst immer süßer gezüchtet wird

Zuckersüße Trauben und Äpfel oder die Grapefruit fast ohne Bitterstoffe – der Kunde bestimmt indirekt über den Geschmack der Obst- und Gemüsesorten, die aktuell im Handel zu finden sind. Züchter verändern das Erbgut vieler Sorten, um dem Wunsch der Käufer gerecht zu werden. Obst soll nicht mehr nur gesund sein, sondern vor allem schön aussehen, haltbar sein und möglichst wenig Bitterstoffe enthalten. Evolutionär verbindet der Körper diese nämlich mit Gefahr, während „süß“ nicht nur bei Kindern das körpereigene Belohnungssystem ankurbelt.

Nachteil der süßen Früchtchen: die genetische Vielfalt geht verloren und der Zuckergehalt in Obst generell steigt. Ein Problem für Menschen, die die Aufnahme von Fruchtzucker aus gesundheitlichen Gründen beschränken sollten. Zudem enthält das süße und makellose Obst häufig wichtige Farb- und Mikronährstoffe nicht mehr, die bei ursprünglicheren Sorten vorhanden sind und deren gesundheitsfördernde Wirkung Studien belegen. Grundsätzlich schlecht ist süßes Obst dennoch nicht, verleiten süße Fruchtsorten manchen Obst- und Gemüsemuffel doch erst dazu, zum Apfel oder zur Banane zu greifen und damit wichtige Nährstoffe zu sich zu nehmen.

Welche Früchte sind echte Gesundheits-Booster?

Tatsächlich ist am Sprichwort des „gesunden Apfels“ etwas dran. Ballaststoffreiches Obst wie Äpfel und Beerenobst (z. B. Brombeere, Himbeere, Heidelbeere) sowie Birne und Pflaume sättigen gut und führen zu einem verzögerten Blutzuckeranstieg. Dies ist besonders für Menschen mit Diabetes und anderen Stoffwechselerkrankungen von Bedeutung.

Eine höhere Ballaststoffzufuhr durch Gemüse und Obst senkt außerdem das Risiko für Herz-Kreislauf- oder Krebserkrankungen. Nachweislich schützt eine erhöhte Ballaststoffzufuhr vor Krankheiten der Herzkranzgefäße und vor Schlaganfall. Außerdem hilft sie Fettleibigkeit, altersbedingten Diabetes Typ 2, Bluthochdruck sowie Brust- und Dickdarmkrebs zu vermeiden. „Antioxidantien“, die in Obst und Gemüse enthalten sind, beeinflussen zudem den zellulären Stoffwechsel positiv.

Was ist was? Fructose-Malabsorption und Fructose-Intoleranz

Menschen, die von einer Fruchtzuckerunverträglichkeit betroffen sind, leiden meist unter einer Fructose-Malabsorption. Das heißt, der Körper kann nur begrenzte Mengen Fruchtzucker auf einmal im Darm aufnehmen. Die Unverträglichkeit führt typischerweise zu Blähungen, Bauchschmerzen und Durchfall. Die Fructose-Malabsorption kann durch einen Atemtest vom Arzt festgestellt werden. Sie sollten nicht gänzlich auf Obst verzichten, sondern dieses nach seiner Verträglichkeit auswählen und fructosereiche Sorten mit Proteinen und Fett kombinieren, da dies die Aufnahme des Fruchtzuckers im Körper verlangsamt.

Eine echte hereditäre (also angeborene) Fructose-Intoleranz hingegen fällt meist schon im Säuglingsalter auf. Bei der Fructose-Intoleranz wird Fruchtzucker im Darm aufgenommen, kann aber aufgrund eines Enzymdefekts nicht abgebaut werden. In Folge lagert er sich im Körper an und es kommt unter anderem zu schweren Leberfunktionsstörungen.

Gesunder Obstgenuss bei Stoffwechselerkrankungen

Wie Silke Restemeyer von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung betont, sollten Diabetiker Gemüse bevorzugen und Obst nur in Maßen genießen. Zudem sollten sie Früchte mit niedrigem Kohlenhydratgehalt wählen, da Kohlenhydrate als langkettige Zuckerverbindungen den Blutzucker rasch ansteigen lassen. Empfohlen werden etwa zwei Handvoll Obst pro Tag, wobei der Zuckergehalt beachtet werden sollte.

Weintrauben, Birnen, Süßkirschen oder süße Äpfel und exotische Früchte wie Kaki, Mango, Granatapfel oder auch frische Ananas gehören zu den kohlenhydratreichen Sorten. Empfehlenswert sind hingegen Beerensorten wie Himbeeren, Johannisbeeren, Erdbeeren, Heidelbeeren und Brombeeren, aber auch Grapefruit oder Quitten. Auch Orangen und Mandarinen, Aprikosen, Pfirsiche, Zwetschgen, Kiwis und Wassermelonen können in Maßen genossen werden.

Bei Trockenobst, das deutlich mehr Zucker enthält als frisches Obst, ist die empfohlene Portionsgröße für Diabetiker/innen laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung noch kleiner und entspricht etwa 25 Gramm täglich. Aufgrund seines hohen Fruchtzuckergehaltes sollte Trockenobst nur selten gegessen werden. Damit der Blutzuckerspiegel nach einer Obstmahlzeit nicht zu schnell ansteigt, ist es für Diabetiker/innen empfehlenswert, das Obst zusammen mit einer Portion Joghurt oder Quark oder einer Handvoll Nüsse zu essen.

Quellen

Silke Restemeyer

Silke Restemeyer (Dipl.-Oecotrophologin) von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE)

Dr. Andreas Pfeiffer

Dr. Andreas Pfeiffer (Endokrinologe und Experte für Diabetes und Ernährung) an der Charité Berlin

Sarah Zöllner

Autorin

Sarah Zöllner schreibt als Journalistin und Autorin über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Familien- und Gleichstellungspolitik. 2023 erschien ihr zweites Buch „Mütter. Macht. Politik. - Ein Aufruf!“. Für die Envivas informiert sie regelmäßig über Gesundheitsthemen und Wissenswertes rund um den Alltag mit Kindern. Mit ihrer Familie lebt sie nahe Heidelberg.