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Alzheimer – So kann man Demenz vorbeugen

Niemand ist vor Alzheimer oder ähnlichen Formen des Gehirnabbaus gefeit. Denn noch immer ist die Erkrankung weder restlos verstanden noch behandelbar. Trotzdem kennen Mediziner inzwischen eine Reihe von Maßnahmen, mit denen sich das Risiko für eine Demenz zumindest senken lässt. Der Experte für Altersdemenz, Prof. Dr. Lutz Frölich erläutert Maßnahmen, mit denen Sie schon im jüngeren Alter Alzheimer und Demenz vorbeugen können.

  • Global ließe sich das Demenzrisiko um bis zu 40 Prozent senken
  • Faktoren, die im mittleren Alter das Demenzrisiko steigern können
  • Mit steigendem Alter werden andere Faktoren wichtig
  • Was gut fürs Herz ist, nutzt auch dem Gehirn
  • Auch die Gene beeinflussen das Risiko stark

Am Anfang sind die Symptome noch harmlos. Man hat den Schlüssel verlegt. Oder das Treffen mit der Tochter vergessen. Doch ganz allmählich macht sich das Sterben der Nervenzellen immer deutlicher bemerkbar: Menschen, die an Alzheimer oder einer anderen Form der Demenz erkrankt sind, verlieren nach und nach ihr Gedächtnis. Sich räumlich und zeitlich zu orientieren, wird zunehmend schwer. Und selbst vertraute Menschen werden irgendwann nicht mehr erkannt.

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Alzheimer ist ein Altersleiden, das meist erst nach dem 65. Geburtstag seinen Lauf nimmt. Allein in Deutschland sind derzeit rund 1,6 Millionen Menschen an einer Demenz erkrankt. Die meisten von ihnen sind Frauen. Das allerdings liegt nur daran, dass Frauen im Schnitt deutlich älter werden als Männer.

Rund 70 Prozent der Demenz-Patienten leiden an Alzheimer. Experten schätzen, dass sich ihre Zahl wegen der noch immer steigenden Lebenserwartung bis zum Jahr 2050 auf mindestens 2,4 Millionen erhöhen wird. Weltweit könnten bis dahin sogar 152 Millionen Menschen dement sein.

Global ließe sich das Demenzrisiko um bis zu 40 Prozent senken

Eine Therapie, um den fortschreitenden Abbau der Hirnsubstanz aufzuhalten, existiert bislang trotz intensiver Forschung nicht. Doch es gibt wirksame Maßnahmen, um dem Ausbruch der Krankheit vorzubeugen oder ihren Beginn zumindest hinauszuzögern.

Ein internationales Team aus 28 führenden Demenzforschern hat zwölf Faktoren ermittelt, mit deren Hilfe das Risiko für eine Demenz weltweit theoretisch um bis zu 40 Prozent gesenkt werden könnte. Die Studie ist in der renommierten Medizinzeitschrift „Lancet“ veröffentlicht. Erstautorin ist die britische Medizinerin Prof. Dr. Gill Livingston, Professorin für Psychiatrie älterer Menschen, auch Gerontopsychiatrie genannt, am University College London.

Zwar sind den Wissenschaftlern zufolge die größten Effekte der aufgelisteten Maßnahmen in Entwicklungs- und Schwellenländern zu erwarten. Denn ein ganz wesentlicher Faktor, der zur Reduzierung des Demenzrisikos beiträgt, ist eine gute Schulbildung für alle Kinder dieser Erde.

„Doch auch im späteren Leben kann jeder einzelne Mensch durch sein richtiges Verhalten dazu beitragen, das persönliche Risiko, an Alzheimer oder einer anderen Form der Altersdemenz zu erkranken, zu minimieren“, sagt Prof. Dr. Lutz Frölich, Leiter der Abteilung Gerontopsychiatrie am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim, der sich mit der Studie von Livingston und ihren Kollegen intensiv auseinandergesetzt hat.

Faktoren, die im mittleren Alter das Demenzrisiko steigern können

Es sei nie zu früh und nie zu spät im Leben, um einer Demenz vorzubeugen, schreibt das Team in seiner Analyse, in die die Ergebnisse zahlreicher wissenschaftlicher Studien zu dieser Fragestellung eingeflossen sind. Natürlich gilt das nur für Menschen, bei denen die Erkrankung ihren unheilvollen und zu Beginn unsichtbaren Verlauf noch nicht genommen hat.

Zudem unterscheiden sich die Faktoren, die entscheidend zur Senkung des Demenzrisikos beitragen, je nach Lebensalter deutlich voneinander. Wie Livingston und ihre Kollegen ermittelt haben, sind es im mittleren Alter insbesondere fünf Faktoren, die das Risiko deutlich erhöhen können: Hörverlust, schwere Kopfverletzungen, Bluthochdruck, starker Alkoholkonsum und Übergewicht.

Für Menschen „mittleren alters“ empfehlen die Forscher folgendes:

  • Das Gehör sollte regelmäßig ärztlich überprüft werden. Wer schlecht hört, sollte sich nicht scheuen, ein Hörgerät zu tragen.
  • Insbesondere bei Sportarten, die ein hohes Risiko für Kopfverletzungen mit sich bringen, sollte stets ein Helm getragen werden – etwa beim Radfahren, Reiten und Skifahren.
  • Der Blutdruck sollte regelmäßig überprüft werden. Bluthochdruck muss mit Medikamenten behandelt werden. Angestrebt werden sollte ein systolischer Blutdruck – das ist der bei einer Messung zuerst genannte Wert – von höchstens 130.
  • Alkohol sollte nur in Maßen konsumiert werden. Denn mehr als 168 Gramm reiner Alkohol pro Woche fördern das Entstehen einer Demenz. Als Tipp: Ein halber Liter Bier oder ein Viertelliter Wein enthalten rund 20 Gramm Alkohol.
  • Übergewicht sollte abgebaut werden, am besten durch viel Bewegung und eine gesunde Ernährung – zum Beispiel nach dem Vorbild der mediterranen Kost, auch bekannt als Mittelmeerernährung. Als übergewichtig gilt ein Mensch mit einem Body-Mass-Index (BMI) von 25 oder mehr. Der BMI berechnet sich aus dem Körpergewicht in Kilogramm geteilt durch die Körpergröße in Metern zum Quadrat.

Mit steigendem Alter werden andere Faktoren wichtig

Im höheren Alter nehmen andere Faktoren an Bedeutung zu. Die wichtigsten von ihnen sind in absteigender Reihenfolge: Rauchen, Depressionen, soziale Isolation, körperliche Inaktivität, Luftverschmutzung und Diabetes. Sie alle begünstigen das Entstehen einer Demenz und sollten daher vermieden werden.

Konkret empfiehlt das Team um Livingston gerade älteren Menschen, die folgenden sechs Punkte zu beherzigen:

  • Wer mit dem Rauchen immer noch nicht aufgehört hat, sollte es spätestens jetzt tun. Spezielle Raucherentwöhnungsprogramme helfen dabei. Ein Rauchstopp zahlt sich auch noch im hohen Alter aus.
  • Depressionen sollten ärztlich behandelt werden, je nach Schweregrad mit einer geeigneten Kombination aus Antidepressiva und Psychotherapie.
  • Soziale Isolation sollte vermieden werden. Gerade im Alter ist es wichtig, Freundschaften zu pflegen, den Kontakt zur Familie zu halten oder an Seniorentreffs teilzunehmen.
  • Körperliche Inaktivität schadet auch dem Gehirn. Schon eine halbe Stunde Bewegung am Tag hat viele positive Effekte. Spazierengehen, Radfahren, Schwimmen, Tanzen – die Möglichkeiten, moderaten Sport zu treiben, sind selbst für Menschen im höheren Alter meist vielfältig.
  • Verschmutzte Luft, etwa durch Feinstaub oder Tabakrauch, den andere produzieren, sollte man nach Möglichkeit meiden.
  • Diabetes sollte medikamentös behandelt werden. Ein zu hoher Blutzucker begünstigt auch das Sterben der Nervenzellen im Gehirn und muss daher gesenkt werden.

Was gut fürs Herz ist, nutzt auch dem Gehirn

Viele der genannten Empfehlungen zur Prävention der Demenz ähneln denen, mit deren Hilfe sich das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken lässt. „Das ist eigentlich auch nicht weiter verwunderlich“, sagt der Mannheimer Forscher Frölich.

„Was gut fürs Herz ist, nutzt natürlich auch dem Hirn.“ Denn um zu funktionieren, benötigt das Gehirn Sauerstoff und Nährstoffe, die das Herz über den Blutkreislauf zu ihm pumpt. Somit bringt alles, was die Blutgefäße beeinträchtigt, zum Beispiel auch ein erhöhter Cholesterinspiegel, ein erhöhtes Demenzrisiko mit sich.

Andere Empfehlungen klingen zunächst vielleicht überraschend. „Tatsächlich weiß man bisher relativ wenig darüber, warum zum Beispiel gerade Schwerhörigkeit ein so entscheidender Risikofaktor für die Entwicklung einer Demenz ist“, sagt Frölich. Zwar sei bekannt, dass das Fehlen sensorischer Reize – also eingehender Informationen, die mit den Sinnesorganen aufgenommen und über die Nerven weitergeleitet würden – nicht gut für das Gehirn seien.

Mediziner sprechen in diesem Fall von sensorischer Deprivation. Von blinden Katzen weiß man beispielsweise, dass die Sehrinde ihres Gehirns mit der Zeit schrumpft. „Warum fehlende Informationen aus dem Ohr bei der Entstehung von Alzheimer beim Menschen aber offenbar eine größere Bedeutung haben als fehlende Informationen aus dem Auge, ist bislang nicht wirklich verstanden“, sagt Frölich.

Auch die Gene beeinflussen das Risiko stark

Vielleicht ist das aber für den Einzelnen auch gar nicht so entscheidend. „Das Gute an den vorgeschlagenen Maßnahmen ist ja, dass sie alle relativ leicht umzusetzen sind“, betont Frölich. „Faktoren wie der Blutdruck, das Gewicht oder der Konsum von Tabak und Alkohol lassen sich eigentlich von jedem Menschen gut kontrollieren.“

Zwar hätten die Gene beziehungsweise andere, noch unbekannte Faktoren nach wie vor den größeren Einfluss darauf, ob jemand an Demenz erkranke oder nicht, räumt Frölich ein. „Trotzdem kann es nicht schaden, auf diejenigen Faktoren Einfluss zu nehmen, die einfach beeinflussbar sind.“

Dies sei vor allem deshalb wichtig, da mit zunehmender Lebenserwartung auch das Risiko, dement zu werden, steige. Und ein wirksames Medikament gegen Alzheimer und andere Formen der Altersdemenz ist auch Frölich zufolge leider noch nicht in Sicht.

Quellen

Anke Brodmerkel

Autorin

Anke Brodmerkel hat Biologie und Chemie studiert und lange für die Berliner Zeitung als Medizinredakteurin gearbeitet. Sie lebt mit ihrer Familie nahe Flensburg und schreibt über alle Aspekte zum Thema Gesundheit – für Zeitungen, Magazine und Online-Portale. Ihre Liebe zum Schreiben entdeckte sie während eines zweijährigen Segeltörns durch Europa.