1. Startseite
  2. Magazin
  3. Gesundheit
  4. Zunehmende Hitzewellen – Tipps für mehr Widerstandsfähigkeit

Zunehmende Hitzewellen – Tipps für mehr Widerstandsfähigkeit

Die zurückliegenden Sommer haben es gezeigt: Auch in Mitteleuropa müssen wir uns auf steigende Temperaturen einstellen. Welche gesundheitlichen Auswirkungen haben Hitzewellen, wie können wir unseren Organismus und unsere Gesellschaft auf den Klimawandel vorbereiten und wie werden wir widerstandsfähig gegen das Klima?

Sommer und Sonne stehen immer mehr für Hitzewellen

Sommer, Wärme und Sonnenschein – Worte, die früher hauptsächlich positive Urlaubsgefühle hervorriefen, gereichen gerade Medizinern heute auch zur Sorge. Denn mit den Temperaturen steigen in den Sommermonaten in Folge des Klimawandels auch die Gesundheitsgefahren. Je mehr Hitze, umso größer ist beispielsweise das Risiko, ins Krankenhaus eingeliefert werden zu müssen – und im schlimmsten Fall sogar zu sterben.

Mehrere Tausend Hitzetote weist die Statistik im Jahr aus

Die Hitze macht Menschen krank und wird in den kommenden Jahren zur immer größeren Gesundheitsgefahr.

Darin sind sich Experten spätestens seit 2018 einig, als die Zahl der Hitzetage in Deutschland laut Umweltbundesamt im Vergleich zum Vorjahr sprunghaft von 6,8 auf 20,4 anstieg. Allein 2023 kamen nach Angaben des Robert-Koch-Instituts mehr als 3.000 Menschen wegen der Hitze zu Tode. Im Jahr zuvor lag die Zahl gar bei 4.500. In den drei Sommern 2018 bis 2020 starben in Deutschland mehr als 19.000 Menschen hitzebedingt.

Finden Sie jetzt schnell & einfach Ihre passende ambulante Zusatzversicherung

  • Kombitarife als Rundum-Sorglos-Pakete: die wichtigsten Leistungen bei ärztlichen Behandlungen in einem Tarif
  • Zusatzleistungen, die im Alltag wichtig werden können: Brille, Zahnersatz, Heilpraktiker Leistungen
  • Abgestufte Pakete für alle Anforderungen: Konzentration aufs Wesentliche oder das Premiumpaket inkl. Vorsorgeleistungen

Wer zählt zur Risikogruppe?

Dabei könnte die Dunkelziffer Experten zufolge viel höher liegen. Denn: Zu den klar definierten Hitzetoten gesellte sich die Zahl der Menschen, die an Vorerkrankungen litten, die sich bei steigenden Temperaturen verschlimmerten. Der Grund: Bei einem vorerkrankten Körper funktioniert die Thermoregulation beispielsweise nicht mehr optimal. „Bei Herz-Kreislauf-, Lungen- oder Nierenerkrankten kommt es deshalb bei Hitze schneller zu einer Überlastung“, sagt Weltraumarzt Dr. Oliver Opatz von der Berliner Charité.

Zu den Risikogruppen zählen neben Menschen mit Vorerkrankungen aber auch Kinder, Säuglinge, Schwangere und Senioren.

Darüber hinaus können Krankheiten bei entsprechender Vorbelastung verstärkt bei erhöhten Temperaturen ausgelöst werden. Das gilt zum Beispiel für Herzinfarkte.

Und wer an der chronischen Lungenkrankheit COPD leidet, hat bei hohen Temperaturen noch größere Probleme mit der Atmung. Bei älteren Patienten führt das an Hitzetagen dazu, dass sie vermehrt in Kliniken eingewiesen werden.

Außerdem sei die Zahl der Risikogruppen sehr hoch. Bei Senioren weiß man, so Opatz: „Die Anpassungsfähigkeit der Organe nimmt im Alter im Allgemeinen ab.“

Aber auch Kleinkinder gehören zur Risikogruppe. Ihr Kopf sei eben sehr empfindlich, da er bei ihnen im Vergleich zum Erwachsenen eine verhältnismäßig große Fläche einnehme.

Betroffen seien aber auch Menschen, die im Freien arbeiten, Schwangere, Obdachlose, Drogen- und Alkoholabhängige sowie sogar Sportler, die sich extrem der Sonne aussetzten.

Welche Auswirkungen hat die Hitze auf den Körper?

Steigt die Temperatur, hat das zunächst Auswirkungen auf das Herz- Kreislaufsystem. Das hat in erster Linie damit zu tun, dass der Körper bei Überhitzung Strategien zur Kühlung entwickelt. Der Organismus versucht zum Beispiel, möglichst viel Blut an die Körperperipherie, also in die Haut zu pumpen. Denn dort kann durch vermehrtes Schwitzen Kühle entstehen, die durch das vorbeifließende Blut wiederum mit in den Körper transportiert wird und dort für niedrigere Temperaturen sorgt.

„Die Gefäße weiten sich deshalb, das Herz muss dadurch aber schneller pumpen, um den Blutdruck einigermaßen aufrechtzuerhalten. Das kann zur Überlastung führen“, so Opatz. Forscher gehen davon aus, dass der Körper ebenso versucht, über die Lunge Wärme abzugeben, was zu erhöhter Atemfrequenz und einer höheren Belastung ohnehin vorerkrankter Menschen beitragen könnte. Auch die Begünstigung der Entstehung von Ozon sowie Feinstaub kann Hitze für Lungenpatienten gefährlich machen.

Ist der menschliche Körper in der Lage, sich der Hitze anzupassen?

„Wer gesund ist, hat im Allgemeinen keine großen Probleme mit extremen Umweltbedingungen“, sagt Opatz von der Charité. Er untersucht auch, wie Astronauten im Weltall mit Hitze, Kälte, Sauerstoffmangel, Überdruck und Schwerelosigkeit zurechtkommen. Der menschliche Organismus sei es schließlich seit Jahrmillionen gewohnt, sich an wechselnde Temperaturen und Luftfeuchtigkeitsverhältnisse anzupassen.

Das lässt sich auch daran ablesen, dass die menschliche Spezies anders als andere Lebewesen in allen Klimazonen zu Hause sein könne. „Eisbären leben in der Polarregion, Löwen in Afrika, aber Menschen sind überall auf der Welt sesshaft, in den Tropen, in den Bergen, in Wüsten, an den Polen“, so Opatz. Je nachdem, wo Menschen leben, unterscheiden sich auch ihre körperlichen Systeme zur Hitzeregulation.

„So beinhaltet der Schweiß von Menschen im Kongo zum Beispiel viel weniger Salz als unserer, damit dem Körper durch vermehrtes Schwitzen nicht zu viele Mineralstoffe verloren gehen”
Dr. Oliver Opatz

Astronauten und Bergsteiger gewöhnen sich mit der Zeit an die neuen Bedingungen

Auch die Erforschung der Temperaturregulierung von Astronauten im Weltall lässt hoffen, dass ein gesunder Körper sich an veränderte Bedingungen anpassen kann. In den ersten Tagen in der Schwerelosigkeit überhitze im Allgemeinen der Oberkörper. Schließlich sei der Mensch auf der Erde gewohnt, das Blut mit Druck gegen die Schwerkraft nach oben Richtung Kopf zu pumpen. Fällt die Schwerkraft plötzlich weg, pumpt das Herz erstmal unvermindert weiter – in der Folge landet viel zu viel Blut in der oberen Körperhälfte und verursacht dort einen Temperaturanstieg, der Astronaut fiebert.

„Mit speziellem Training gelingt es aber, diesen Zustand nach einigen Tagen zu verbessern.“ Ebenso verhält es sich bei Bergsteigern, die vielleicht zunächst Schwierigkeiten haben, mit der dünner werdenden Luft auf dem Gipfel klarzukommen. Kein Wunder, schließlich drückt in der Höhe von oben weniger Luft auf die Moleküle, sie können sich auf mehr Volumen verteilen. Auf 5.000 Metern fliegen entsprechend nur noch halb so viele Gasmoleküle durch die Luft wie auf Höhe des Meeresspiegels – das verringert auch die Zahl der Sauerstoffmoleküle.

Das wiederum kann der Lunge zu schaffen machen, die Gefäße verengen sich, der Druck erhöht sich entsprechend, wodurch Flüssigkeit aus den Adern in die Lungenbläschen gedrückt wird und Lungenödeme entstehen können. Wer ein paar Tage Akklimatisierung einplant, kann diesem Phänomen aber entgehen. Tritt der Sauerstoffabfall nämlich in langsamen Stufen ein, kann der Körper ihn tolerieren.

„Am ersten Hitzetag fällt das Fahrradfahren vielleicht noch schwer, am dritten wird es schon leichter.”
Dr. Oliver Opatz

Auch das Erlernen von Strategien zum Umgang mit der Hitze hilft

Der menschliche Körper ist also lernfähig. Auch zunehmende Hitzeperioden in unseren Breitengraden erlebten Menschen zwar als Belastung, nach einigen Tagen trete aber bei den meisten Menschen eine Gewöhnung ein. „Am ersten Hitzetag fällt das Fahrradfahren vielleicht noch schwer, am dritten wird es schon leichter“, sagt Opatz.

Zu der Anpassung der Organe an die höheren Temperaturen geselle sich auch eine Anpassung der Lebensweise. „Wir entwickeln Strategien, die Hitze in unseren Alltag zu integrieren. Da können wir viel von Menschen lernen, die im globalen Süden leben: Lange Mittagspause, um der größten Hitze zu entgehen; Wahl der Bekleidung: Lange, helle, fließende Kleider, die Luftzirkulation erlauben; kleinere Fenster, um eine starke Erhitzung der Behausung zu vermeiden; Kochen bei großer Hitze nicht in der Wohnung, sondern im Freien.“

Es ist in jedem Fall wichtig, ausreichend zu trinken. Unser Artikel „Viel trinken im Sommer: Mindestens drei Liter täglich – stimmt das?“ bietet Ihnen ausführliche Informationen dazu.

Welche Probleme für die Gesundheit bringt der Klimawandel mit sich?

Gesundheitsgefahren berge auch die klimawandelbedingte Veränderung in der Natur. Schreite der Klimawandel weiter voran, könnten bei zunehmender Hitze und Luftfeuchtigkeit beispielsweise Ökosysteme kippen. „Unter derartigen Bedingungen vermehren sich besonders widerstandsfähige Spezies besonders gut. Das könnte beispielsweise bedeuten, dass sich tropische Mücken auch an Seen in Mitteleuropa ausbreiten.“ 

Und diese könnten auch hier Infektionskrankheiten wie Malaria übertragen oder Wurmerkrankungen verbreiten. Schwüle Luft böte zudem einen idealen Nährboden für Pilzinfektionen, beispielsweise auf Fingernägeln. Dort angesiedelte Bakterien wie Streptokokken könnten in der Folge vermehrt zu Hals- und Lungenentzündungen führen. 

Lesen Sie unseren Artikel „Malaria: Verbreitung, Diagnose, Therapie und Medikamente“, um mehr über diese bedrohliche Krankheit zu erfahren.

Wie kann man Klima-Widerstandskraft trainieren?

Im Grunde, so sagt Opatz, müsse man vorgehen wie bei der Vorbereitung auf ein sportliches Ereignis. „Da wären Sie auch schlecht beraten, wenn Sie versuchten, die zehn Kilometer aus dem Stand in 20 Minuten zu rennen.“ Gefragt sei also Geduld und schrittweises Vorgehen.

Empfehlenswert sei ein Gefäßtraining durch den Wechsel von heißen und kalten Impulsen wie beispielsweise bei einem Saunagang. Gut beraten sei man an Hitzetagen auch damit, sich kurze Zeit der Hitze auszusetzen und die Perioden Schritt für Schritt zu verlängern. „Irgendwann hat sich der Körper gewöhnt. Das ist in etwa so, wie wenn Sie in die Sauna gehen. Je häufiger Sie das machen, desto weniger heiß kommt es Ihnen vor.“

Klima-Widerstandskraft stärken heißt auch, die Städteplanung im Blick zu behalten

Auch wenn der Einzelne Vorbereitungen trifft und gesunde Organismen die Folgen des Klimawandels weitgehend gut verkrafteten, so werde allein die Belastung der Risikogruppen zu vermehrten Krankenhausaufenthalten und in der Folge zu einer Überlastung des Gesundheitssystems in der Zukunft führen.

Zum Schutz des Menschen beitragen muss laut Opatz deshalb auch eine Städteplanung, die begrünte Häuser oder Trinkbrunnen, Regenwasserspeicherung oder einen besseren öffentlichen Nahverkehr und damit eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes mit im Blick hat: „Klimatisierte Räume gerade in Kliniken, in welchen ja Risikogruppen mit Krankheiten liegen, gehören da ebenso dazu.“

Wichtig sei auch der Ausbau von Informationsdiensten zu Ozon-Werten, UV-Strahlung, Pollenvorhersagen sowie Hitzewarnungen. So könnten gerade Kranke und Schwache sich besser auf Gefahren vorbereiten und ihren Alltag entsprechend planen.

Wir haben noch weitere Artikel, die Ihnen helfen, bestens auf den Sommer vorbereitet zu sein. In unserem Artikel „Schwitzen in der Nacht – Tipps für heiße Sommernächte“ erfahren Sie, wie Sie auch bei Hitze gut schlafen können. Warum uns die Sonne meist glücklicher macht, lesen Sie hier. Und wann zu viel Sonne gefährlich wird, erfahren Sie in unserem Artikel „Sonnenlicht und Vitamin D: Wann zu viel Sonne gefährlich ist“.

Icon, das einen Experten/eine Expertin symbolisiert. Symbol für die Envivas Fach-Experten.

Dr. med. Oliver Opatz

Experte

Weltraumarzt von der Berliner Charité

Claudia Lehnen

Autorin

Claudia Lehnen wollte als Jugendliche Ärztin werden, entschied sich dann aber dafür, lieber über Medizin und Menschen und ihre Krankheits- und Genesungsgeschichten zu berichten. Die in Köln niedergelassene Journalistin, die im Tageszeitungs-Journalismus zu Hause ist, ist unter anderem auf das Themengebiet Gesundheit spezialisiert.