Malaria-Therapie: Medikamente und ihre Einsatzbereiche

26. Juni 2018

Sie wurde schon in den ägyptischen Mumien nachgewiesen, auch wenn ihre Ursache damals noch nicht geklärt war. Heute gilt sie als bedrohlichste parasitäre Erkrankung weltweit. Die Rede ist von Malaria. Nicht zu Unrecht wird die gefährliche Krankheit seit jeher mit „ungesunden“ Sumpfgebieten in Zusammenhang gebracht, daher hat sie auch ihren Namen: Mal´aria bedeutet auf italienisch „schlechte Luft“. Das französische Wort für Malaria heißt „Paludisme“, „palus“ kommt aus dem Lateinischen und heißt „Sumpf“.
Jährlich erkranken weltweit Millionen Menschen an Malaria, mehrere Hunderttausend sterben Jahr für Jahr an den Folgen einer Malaria – darunter viele in den Tropen lebende Menschen, aber auch immer wieder Reisende. In diesem Artikel erfahren Sie, welche Medikamente sich für die Malaria-Prophylaxe und welche sich als Notfallmedikament eignen.
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Das A und O: Eine schnelle Diagnose für eine schnelle Malaria-Therapie
Eine schnelle Diagnose und Behandlung sind insbesondere bei der Malaria tropica – die für den Menschen gefährlichste Malariaform – von enormer Dringlichkeit. Auch die WHO (Weltgesundheitsorganisation), an deren Behandlungslinien sich alle Industrieländer und Fachgesellschaften anlehnen, gibt eine hohe Standardisierung beim Einsatz der Medikamente vor.
Einstufung der Malaria als Grundlage für die Therapie
Eine Malaria wird grundsätzlich als kompliziert eingestuft, wenn:
- die Parasitenzahl im Blut hoch ist,
- bereits Organkomplikationen vorhanden sind,
- eine ausgeprägte Blutarmut besteht
- oder es starke Veränderungen anderer Laborwerte gibt.

Die Gabe der entsprechenden Medikamente erfolgt intravenös und im Krankenhaus – in der Regel auf einer Intensivstation. Bei leichteren Malariafällen und geringem Befall der Blutkörperchen durch die Parasiten kann eine Tablettenbehandlung – manchmal auch ambulant – erfolgen. Hier ist es aber erforderlich, den Zustand des Patienten sowie die Anzahl der Parasiten im Blut in engen Abständen zu kontrollieren.
Die Reaktion des Malaria-Erregers auf Medikamente
Grundsätzlich gilt: Die Malaria-Erreger können immer eine Resistenz oder Teilresistenz gegenüber Medikamenten aufweisen – und zwar gegenüber allen Medikamenten. Das ist heute nahezu weltweit bei dem klassischen Chloroquin (Resochin® oder Weimerquin®) und bei Sulfonamiden wie dem Fansidar® der Fall. Aufgrund seiner unangenehmen und teils schweren Nebenwirkungen wird auch Chinin, ein Medikament aus der Rinde des Chinabaumes, das schon im 16. Jahrhundert verwendet wurde, heutzutage seltener eingesetzt. Anstelle dieses Medikaments sind die sogenannten Artesunate und Artemether getreten.
Artesunate, Artemether und Co.: Medikamente für die Malaria-Therapie
Sie wurden im antiken China als Fiebermittel entdeckt und werden aus einer Beifußart (Artemisia annua gewonnen – eine Pflanzenart, die wir traditionell zum Würzen unseres weihnachtlichen Gänsebratens nutzen. Auf dem Markt gibt es einige Kombinationen von Artesunaten und Artemethern mit anderen Malaria-Mitteln, so zum Beispiel die Kombination mit Lumefantrin (Riamet®). Auch die in der Malaria-Prophylaxe eingesetzten Substanzen Atovaquon und Proguanil (Malarone® und Generika) sowie Mefloquin (Lariam®) können für die unkomplizierte Malaria angewendet werden, wobei Mefloquin durch eine zunehmende Resistenzbildung in Südostasien und aufgrund seiner schweren Nebenwirkungen nicht mehr das Mittel der Wahl ist. Ein neueres Mittel ist die Kombination aus Piperaquintetraphosphat und Dihydroartemisinin (Eurartesim®). Dieses ist allerdings wegen seiner Nebenwirkungen am Herzen nicht für die Selbstbehandlung geeignet.
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Wie auch bei der medikamentösen Vorsorge muss das zur Behandlung geeignete Präparat für jeden Patienten individuell vorgeschrieben werden. Für die komplizierte und lebensbedrohliche Malaria ist das in die Vene gespritzte Artesunat heute das Mittel der ersten Wahl und hat sich als äußerst segensreich erwiesen.
Malaria-Therapie: Besonderheiten bei Malaria tertiana und quartana
Die Malaria quartana kann fast immer erfolgreich durch Chloroquin behandelt werden, da Resistenzen hier sehr selten sind. Eine Malaria tertiana wird mit Atovaquon und Proguanil oder mit Artemether und Lumefantrin behandelt, im Ausnahmefall mit Mefloquin. Die in der Leber verbleibenden Hypnozoiten („Schläferzellen“) müssen gesondert behandelt werden. Dafür kommt Primaquin zum Einsatz, das bei Menschen mit einem bestimmten Enzymdefekt (G6PD-Mangel) aber nicht verwendet werden soll. Resistenzen – und damit Rückfälle – kommen vor, vor allem in Papua-Neuguinea.
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Die Resistenzbildung in Papua-Neuguinea hat folgende Ursachen:
- Mutationen in bestimmten Genen: Menschen mit G6PD-Mangel können Primaquin schlecht verstoffwechseln, wodurch die Wirkung beeinträchtigt ist;
- halbherzige Dosierung aus Angst vor der G6PD-Problematik: Diagnostik des Enzymdefekts nur unter fortgeschrittenen technischen Bedingungen möglich, die im Busch von Papua-Neuguinea nicht gegeben sind;
- schlechte Qualität des Primaquins.
Die notfallmäßige Selbstbehandlung
In einigen Regionen der Welt – besonders in Asien und Mittel- sowie Südamerika – wird Reisenden neben einem guten Mückenschutz eine notfallmäßige Selbstbehandlung („stand-by emergency treatment = SBET“) empfohlen. Das gilt für den Fall, dass bei einer fieberhaften Erkrankung innerhalb von 24 Stunden keine medizinische Einrichtung erreicht werden kann.
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Ein niedriges Ansteckungsrisiko bedeutet das Auftreten von einer bis zehn dokumentierten Malariainfektionen pro 100.000 Reisenden im Jahr.
Die dahinterstehende Überlegung geht davon aus, dass es sich in diesen Gebieten nicht „lohnt“, die Nebenwirkungen einer medikamentösen Vorbeugung in Kauf zu nehmen, da ein niedriges Ansteckungsrisiko besteht.
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Nebenwirkungen in leichter Form treten immerhin bei 75 Prozent der Reisenden auf, starke Nebenwirkungen, die die Lebensqualität einschränken, bei 6 bis 12 Prozent.
Aber nicht jedes Medikament eignet sich gut zur Selbstbehandlung (siehe Tabelle ). In jedem Fall gilt es, nach der Selbstbehandlung so schnell wie möglich einen Arzt aufzusuchen. Denn es könnte auch eine ganz andere, ebenfalls bedrohliche Erkrankung hinter dem Fieber stecken.
Eine aktuelle Untersuchung aus Hamburg (Vinnemeier, Rothe, Kreuels in „Malaria Journal 2017“) zeigt, dass der Prozentsatz der Reisenden, die in Südostasien fieberhaft erkrankten und dann tatsächlich einen Arzt aufsuchten, beunruhigend niedrig war. Und die wenigen, die eine Selbstbehandlung vornahmen, taten dies fehlerhaft und hätten mit einem Erfolg der Selbstbehandlung im Falle einer Malaria nicht rechnen können. Soll heißen: Wer auf ein Notfallmedikament im Rahmen einer Selbstbehandlung zurückgreift, dem ist dringend zu empfehlen, sich genau mit der Anwendung des jeweiligen Medikaments vertraut zu machen (Beipackzettel oder ärztliche Beratung) und diese streng einzuhalten.

Angesichts der deutlich verbesserten ärztlichen Versorgung in den Touristengebieten in Asien, Mittel- und Südamerika und einigen Ländern Subsahara-Afrikas ist mit einiger Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass die Notwendigkeit der Selbstbehandlung in den nächsten Jahren weiter rückläufig sein wird. Das zeigt sich besonders im Vergleich mit der Situation Ende der Achtzigerjahre, aus denen das Konzept der SBET stammt. Und auch der Rückgang der gefährlichen Malaria tropica – gerade in Südostasien – ist eher beruhigend und ablesbar an der geringen Zahl von Fällen, in denen die Krankheit von Reisenden mitgebracht wurde: In den letzten fünf Jahren waren es gerade einmal 13.
Zunehmende Resistenzen in Südostasien gegen Artesunate und Artemether führten aber zur Empfehlung der DTG (Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit), dort im Notfall nur Atovaquon und Proguanil (Malarone® und Generika) zur Selbstbehandlung zu verwenden.

Tipp: Wenn Sie sich umfassend über das Thema Malaria informieren möchten, dann lesen Sie auch unsere Artikel über die Verbreitung von Malaria, deren Übertragung und Krankheitsverlauf. Sie planen eine Fernreise und wollen mehr über Malaria und andere Reisekrankheiten in risikoreichen Ländern erfahren? Dann werfen Sie einen Blick in unseren kostenlosen Travel Guide, wo Dr. Hinrich Sudeck über Reisen in Länder mit besonderen gesundheitlichen Risiken aufklärt.
Autorenbox
Dr. med. Hinrich Sudeck, Jahrgang 1956, ist Internist und Tropenmediziner und war von 1990 bis 2007 Assistenzarzt und leitender Oberarzt am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg. Er leitete von 2010 bis 2015 den Fachbereich Tropenmedizin der Bundeswehr in Hamburg und absolvierte als Soldat Einsätze in Afghanistan, Mali und in Liberia im Rahmen der Ebolabekämpfung, nachdem er bereits seit 2003 als WHO-Experte für den Umgang mit hochansteckenden Viruskrankheiten tätig war. Neben vielen Reisen in tropische Länder hat er vier Jahre in Ghana und Nigeria gelebt und gearbeitet.