niklas-am-mullafossur
  1. Startseite
  2. Magazin
  3. Reisen
  4. Die Färöer-Inseln: ein unentdecktes Paradies für Abenteurer und Naturfreunde

Die Färöer-Inseln: ein unentdecktes Paradies für Abenteurer und Naturfreunde

Die Färöer-Inseln – ein verborgenes Juwel im Nordatlantik, das sowohl Abenteurer als auch Naturliebhaber in seinen Bann zieht. Welche Geheimnisse birgt der Kallur-Leuchtturm, der als Kulisse im letzten James-Bond-Film diente? Und welche faszinierende optische Illusion erwartet mich an der Trælanípa-Klippe? Begleiten Sie mich auf dieser aufregenden Reise mit dem Zelt und per Anhalter durch die atemberaubenden Landschaften der Färöer.

Die Sehnsucht nach dem teuren Norden: die Färöer-Inseln im Visier

Zum Ende des Jahres blicke ich auf meine vergangenen Backpacking-Reisen zurück. Mir fällt auf, dass es mich in den letzten Jahren immer wieder in den Norden zieht. Nach Kanada, Alaska, Norwegen und Island steht jetzt die Reiseplanung für das kommende Jahr an. Viel Geld ist nach diesen Abenteuern nicht mehr auf meinem Konto, und somit muss ich mir etwas Besonderes einfallen lassen, um es auch dieses Jahr wieder in den Norden zu schaffen.

Bei meiner Recherche stolpere ich immer wieder über die Färöer-Inseln. Mein bester Freund hat das Archipel im letzten Jahr bereist, und auf sozialen Medien werden mir Bilder der rauen Steilklippen angezeigt. Selbst als ich mich für die spektakulären Drehorte des letzten James-Bond-Films interessiere, fällt der Name Färöer. Ich durchforste das Internet nach Flügen, Unterkünften und Mietwagen. 

Bei den Preisen werde ich mit meinem Budget keine drei Wochen durchhalten – eher drei Tage, denke ich mir. Das Problem kommt mir von meiner Reise nach Island bekannt vor. Doch kann ich auch dieses Mal auf den Färöer-Inseln trampen und zelten, wo es mehr Schafe als Menschen gibt? Ich will es herausfinden!

Vorbereitung für die Reise zum Juwel im Nordatlantik

Die Färöer-Inseln sind bisher noch nicht auf dem Tourismusradar vieler Reisender. Sie stehen im Schatten ihrer beliebten Nachbarländer und wirken wie ein verborgenes Juwel im Nordatlantik. Das Archipel, das nur etwa 1 Prozent der Fläche von Deutschland umfasst, hat eine Bevölkerung von rund 54.000 Menschen – und mit etwa 80.000 Exemplaren leben deutlich mehr Schafe auf den Inseln als Menschen. 

Der Golfstrom sorgt für milde Winter und kühle Sommer. Dementsprechend schwer ist mein Backpack beladen, als ich Ende April im Terminal in Düsseldorf stehe. Wintersachen finden sich im Rucksack ebenso wieder wie mein Zelt, Schlafsack, Isomatte, Fertiggerichte und Snacks. Die dreiwöchige Rucksackreise mit meiner Freundin Lena auf die Färöer kann beginnen!

backpacks-von-niklas-und-lena

Von der Ankunft zum Abenteuer: ein unvergesslicher erster Tag

Nach zwei kurzen Flügen landen wir auf der Flughafeninsel Vágar. Die Sonne lacht bei 14 °C, und der Himmel ist strahlend blau. Es ist der letzte Nachmittag einer kurzen Schönwetterphase, und wir schlendern überglücklich zur Gepäckausgabe. Dort erfahren wir, dass unsere Rucksäcke beim Zwischenstopp in Paris hängen geblieben sind. Ohne Zelt und Ausrüstung bleibt uns nichts anderes übrig, als in ein günstiges Hostel einzuchecken und uns im Supermarkt mit dem Nötigsten einzudecken.

Am nächsten Morgen hat sich das Wetter dramatisch verschlechtert. Im Schneeregen stehen wir am Straßenrand, bis ein junges dänisches Paar anhält und uns mitnimmt. Wir teilen uns das Ziel: das kleine Dorf Bøur, das mit seinen grasbedeckten Häusern und beeindruckenden Felsformationen begeistert.

Wir starten unsere Wanderung zum bekannten Wasserfall Múlafossur im Dorf Gásadalur. Nach kurzer Zeit sehen wir ein schottisches Hochlandrind, das friedlich neben der Straße steht und stolz seine zottelige Frisur präsentiert. Eine Stunde lang krabbele ich auf dem nassen Boden mit der Kamera herum, auf der Suche nach dem perfekten Foto. Schließlich zieht Lena an meinem Ärmel und macht mir klar, dass es bestimmt noch viele andere Motive gibt, die auf uns warten. Nach weiteren 15 Minuten entdecken wir fünf Rinder, die zusammenstehen, und das Spiel beginnt von vorne. 

Am Nachmittag erreichen wir endlich den Wasserfall und sind beeindruckt von der Einsamkeit dieses Ortes. Zu unserer Freude haben sich bereits die ersten Papageientaucher in den grasigen Höhlen niedergelassen. So können wir am ersten Tag gleich einige Tiere und Highlights von unserer Bucket-List abhaken. Abends gönnen wir uns eine landestypische Portion Fish and Chips, bevor uns ein Brasilianer in seinem Auto zurück zum Hostel fährt.

papageientaucher-auf-den-färöer-inseln

Wanderung zur Trælanípa-Klippe: ein Spiel der Illusionen

Bevor wir die Insel Vágar hinter uns lassen, müssen wir der mysteriösen Trælanípa-Klippe einen Besuch abstatten. Die Wanderung dorthin führt uns durch eine spektakuläre Landschaft mit schroffen Klippen, die in den Nordatlantik stürzen. Dahinter erstrecken sich sanfte grüne Hügel, die in den bewölkten Himmel übergehen.

Als wir nach drei Kilometern die Klippe erreichen, wird uns die optische Illusion bewusst: Eine beeindruckende hundert Meter hohe Klippe trennt die rauen Wellen des Atlantiks von dem ruhigen See Sørvágsvatn. So etwas haben wir beide noch nie gesehen! Der kräftige Wind erschwert es uns, das Naturschauspiel richtig zu genießen. Dennoch machen wir zahlreiche Fotos und lassen uns von dem atemberaubenden Anblick mitreißen.

traelanipa-klippe

Die Trælanípa-Klippe ist definitiv das Highlight unserer ersten Woche, und man muss einfach einmal ein Bild davon gesehen haben, um zu verstehen, wie magisch dieser Ort ist. Die Schafe, die friedlich auf den umliegenden Hügeln grasen, tragen zur Idylle dieses Ortes bei, den wir bei den wechselhaften Wetterbedingungen fast ganz für uns allein haben.

Tórshavn: die pulsierende Hauptstadt der Färöer

In der zweiten Woche unserer Reise erkunden wir die Hauptstadt Tórshavn und unternehmen Tagesausflüge nach Kirkjubøur, Nólsoy und den grasbedeckten Häusern von Saksun. Die 40-minütige Fahrt legen wir auf der Rücksitzbank von zwei österreichischen Touristen zurück. Der Plan ohne Mietwagen scheint sehr gut aufzugehen. In Tórshavn führt unser Weg in die Altstadt, die mit ihren bunten, grasbedeckten Häusern ihren ganz eigenen Charme versprüht.

altstadt-von-torshavn

Das Nationalmuseum, das die faszinierende Geschichte und Kultur der Färöer eindrucksvoll präsentiert, ist ein absolutes Muss. Auch das historische Parlament Tinganes und die kleinen Geschäfte und gemütlichen Cafés in den engen Gassen empfehlen sich für einen authentischen Eindruck der Stadt.

Tórshavn gilt als eine der ältesten Städte im Norden und war im 14. Jahrhundert ein bedeutendes Handelszentrum. Der Name kommt vom germanischen Gott des Donners und Blitzes Thor und dem skandinavischen Wort für Hafen. Während wir durch die Straßen bummeln, erfahren wir von den alten Traditionen und dem Erbe der Wikinger. Im Hafen liegt zufällig das Fährschiff MS Norröna der Reederei Smyril Line. Sie verbindet das ganze Jahr über Dänemark mit den Färöern und Island und stellt somit die einzige Alternative zur Anreise mit dem Flugzeug dar.

Am Ende unserer Tage in Tórshavn erhalten wir schließlich die Nachricht, dass unsere Rucksäcke endlich angekommen sind! Sie werden uns sogar vom Flughafen bis zu unserem Hostel in der Hauptstadt geliefert. Wir freuen uns riesig, unsere komplette Ausrüstung wiederzuhaben, und können somit auch wieder ausgedehntere Wanderungen durch die Natur unternehmen.

saksun-mit-seinen-bewachsenen-grashuetten

Kallur-Leuchtturm: auf den Spuren von James Bond

Mit unseren Rucksäcken im Schlepptau zieht es uns zur spektakulären Wanderung zum Kallur-Leuchtturm auf der benachbarten Insel Kalsoy. Heute haben wir beim Trampen nicht so viel Glück und brauchen für den 80 Kilometer langen Umweg nach Klaksvík bei strömendem Regen fast vier Stunden. Dafür machen wir einen kurzen Halt beim Fossa-Wasserfall, dem mit 140 Metern höchsten Wasserfall des Archipels. Von hier setzen wir mit einer 20-minütigen Fähre nach Kalsoy über. Der Ausgangspunkt der Tour liegt im charmanten Dorf Trøllanes im Norden der Insel, das mit seinen gerade einmal 13 Einwohnern sehr einsam wirkt.

Der knapp fünf Kilometer lange Wanderweg führt uns durch eine atemberaubende Landschaft, die nicht nur Naturfreunde begeistert, sondern auch als Kulisse für den letzten James-Bond-Film diente. Während wir uns durch die grünen Hügel und entlang steiler Klippen bewegen, eröffnen sich immer wieder spektakuläre Ausblicke auf den rauschenden Nordatlantik.

Nach einer Stunde erreichen wir den kleinen rot-weißen Leuchtturm, der hoch über dem Meer thront. Besonders spannend ist, dass wenige Meter entfernt ein ganz besonderer Grabstein errichtet wurde. Wir lassen unsere Rucksäcke zurück und eilen voller Aufregung dorthin. Der kleine graue Grabstein trägt die Inschrift: „The proper function of man is to live, not to exist.“ Diese Worte berühren mich als langjährigen Abenteurer, und auch meine Freundin nickt zustimmend. 

Wir erfahren, dass dieser Grabstein zu Ehren von James Bond aufgestellt wurde, mit seiner Lebenszeit von 1962 bis 2021. Die letzte Szene vor seinem Tod wurde hier gedreht. Tief beeindruckt von diesem Reise-Highlight machen wir uns im strömenden Regen zurück zu unserem Zelt.

james-bond-grab-auf-kalsoy

Fährfahrt nach Suðuroy: Abenteuer auf der südlichsten Insel

Nach den erlebnisreichen Tagen auf Kalsoy machen wir uns auf den Weg zur Fähre nach Suðuroy, der südlichsten Insel des Archipels. Die Überfahrt ist beeindruckend: Der Wind bläst uns ins Gesicht, während wir an kleinen Inseln vorbeigleiten und die Küstenlinie allmählich verschwommen in der Ferne erscheint. Als wir ankommen, sind wir von der rauen Schönheit der Insel überwältigt. Hier scheinen die Klippen noch höher und die Täler noch grüner zu sein.

Direkt vom Hafen nimmt uns ein rotes Elektroauto mit in den Süden der Insel. Wir schlagen unser Zelt hinter dem Fangzaun des Fußballplatzes im kleinen Dorf Vágseiði auf. Von hier aus genießen wir einen idyllischen Blick auf das Meer und beobachten die Jugendmannschaften, die dem Nationalsport nachgehen. Dieser Zeltplatz wird unser Ausgangspunkt für die Erkundung der Highlights von Suðuroy.

Unsere Wanderung führt uns zu den atemberaubenden Klippen von Beinisvørð, wo die Wellen gegen die Felsen donnern und die Gischt in die Luft spritzt. Der Anblick der langen Insel im Frühling ist überwältigend und lässt uns den stressigen Alltag in Deutschland vollkommen vergessen.

Neben der beeindruckenden Natur und einer waghalsigen Wanderung zur Brücke bei den Steilklippen von Ásmundarstakkur erleben wir in den kleinen Dörfern auf Suðuroy die herzliche Gastfreundschaft der Einheimischen. Die köstlichen, süßen Speisen, die uns serviert werden, sind eine willkommene Abwechslung zu unserem eintönigen Campingessen aus der Heimat. Es gibt nichts Schöneres, als am letzten Abend der Reise am Lagerfeuer zu sitzen, den Sternenhimmel über uns zu bewundern und über die Erlebnisse zu sprechen. Und davon gab es auf den Färöern reichlich!

bruecke-bei-der-klippe-asmundastrakkur

Niklas Bahn

Reiseblogger

Niklas Bahn ist zwar noch jung, hat aber bereits seit vielen Jahren einen Traum: Irgendwann möchte er alle 193 Länder der Welt bereist haben. Mehr als 79 – 40 Prozent – hat er inzwischen schon geschafft. Australien, Malawi, Hawaii, Indien und viele andere Länder mehr zählen dazu. Für Envivas verfasst er Reiseberichte und gibt Gesundheitstipps.