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Zähneknirschen: Ursachen, Diagnose und Behandlung

Wenn wir nachts zur Ruhe kommen, fängt bei vielen Menschen der Kiefer an zu arbeiten: Sie knirschen mit den Zähnen. Und wundern sich u.U. über Kieferschmerzen am nächsten Tag. Dieses Aufeinanderpressen oder -reiben der Zähne des Ober- und Unterkiefers heißt in der Fachsprache Bruxismus. Manche Menschen pressen auch tagsüber unbewusst die Zähne aufeinander. Häufig sind Anspannung, negative Emotionen und Stress die Ursachen. Wir kauen im wahrsten Sinne des Wortes nachts unsere Probleme durch. Nicht umsonst heißt es: Die Zähne zusammenbeißen, wenn wir eine unangenehme Situation hinter uns bringen müssen

Stress als Ursache für Zähneknirschen

„Zähneknirschen ist häufig ein psychosomatisches Phänomen“, sagt Prof. Dr. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer. Neben Stress können jedoch auch schlafbezogene Atmungsstörungen, gehäufter Alkoholkonsum und bestimmte Medikamente ursächlich sein für nächtliches Zähneknirschen. Auch genetische Faktoren scheinen eine Rolle zu spielen. Bis zu 480 Kilogramm pro cm2 Druck lasten dabei auf unserem Kiefer, zehnmal so viel wie beim normalen Kauen. Jeder zweite Deutsche knirscht im Leben zeitweise mit den Zähnen. Bei jedem fünften besteht das Problem dauerhaft. „Bruxismus tritt vor allem im Alter zwischen 20 und 30 Jahren auf“, weiß der Experte.

Schäden an den Zähnen können die Folge sein

Das Knirschen oder Aufeinanderpressen der Zähne muss nicht immer schwere Folgen haben. Je nach Ausprägung kann es jedoch abgeschliffene Zahnoberflächen, Risse und Frakturen in den Zähnen sowie Zahnfleischrückgang verursachen. Brücken und Kronen können ebenfalls Schaden nehmen, Füllungen sich lösen. Auch Muskelverspannungen sowie Nacken- und Kopfschmerzen sind mögliche Folgeerscheinungen. Denn über Muskeln und Nerven ist das Kiefergelenk mit Kopf und Wirbelsäule verbunden. Einer kürzlich erschienenen Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde und der Deutschen Gesellschaft für Funktionsdiagnostik und -therapie zufolge ist Bruxismus an sich keine eigenständige Erkrankung. Dietmar Oesterreich weist jedoch darauf hin, dass Zusammenhänge von Bruxismus und Craniomandibulärer Dysfunktion (CMD) diskutiert werden, einer schmerzhaften Funktionsstörung des Kiefergelenks. Dabei ist die Bewegung des Kauapparates eingeschränkt, der Mund lässt sich nicht mehr richtig öffnen, es können Schmerzen auftreten. Auch Kiefergelenkgeräusche und Tinnitus sind mögliche Symptome.

Nicht Zähne zusammenbeißen, sondern zum Zahnarz

„Wer vermutet, dass er mit den Zähnen knirscht, sollte immer mit dem Zahnarzt darüber sprechen“, rät der Zahnmediziner. Nicht jeder Betroffene ist sich der Tatsache bewusst, dass er die Zähne zusammenpresst. Häufig suchen Zähneknirscher wegen anhaltender Kopf- oder Nackenschmerzen den Hausarzt auf, ohne zu ahnen, wo die eigentliche Ursache liegt. Hinweise auf Bruxismus können scharfe Kanten an den Zähnen, abgeschliffene Kauflächen der Backenzähne, Abdrücke der Zähne innen auf den Wangen oder der Zunge, überempfindliche Zähne und Schmerzen in der Kiefermuskulatur oder Kopfschmerzen sein. Durch die ständige Anspannung der Muskulatur nimmt diese außerdem zu, was man auch von außen sieht: Der Kieferbereich ist stärker ausgeprägt. Betroffene geben an, morgens mit verspannter und schmerzender Kiefermuskulatur aufzuwachen.

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Eine Aufbiss-Schiene kann vor Zähne pressen schützen

Bestätigt der Zahnarzt den Verdacht, ist eine Zahnschiene das Mittel der Wahl. Die sogenannte Okklusionsschiene wird in der Regel nachts, gelegentlich auch tagsüber, im Ober- oder Unterkiefer getragen. Dafür wird ein Abdruck vom Gebiss gemacht, die Schiene individuell für das Gebiss angepasst und aus hartem Kunststoff angefertigt. Diese soll die Zähne vor allem vor möglichen Schäden schützen. „Sie kann aber auch das Zahnknirschen an sich über die neuromuskulären Reflexbögen beeinflussen“, sagt der Zahnmediziner. Das könne zur Folge haben, dass man gar nicht mehr knirscht. „Das funktioniert allerdings nicht immer.“ In den meisten Fällen ist eine normale Okklusionsschiene ausreichend. Bei Beschwerden der Kaumuskulatur ist es möglich, mithilfe spezieller Registrierverfahren auch eine sogenannte Entspannungsschiene herzustellen. Sie wird abhängig vom Auftreten der Symptome nachts, aber auch tagsüber getragen. Die eventuell auftretenden Kosten hierfür übernehmen nicht alle Krankenkassen.

Weitere Maßnahmen, um Zähneknirschen zu behandeln

Zusätzlich kann der Zahnarzt den Patienten zum Physiotherapeuten überweisen, der die verspannte Kiefermuskulatur behandelt. Es sind außerdem sogenannte Biofeedbackgeräte erhältlich, die die Aktivität der Kaumuskulatur überwachen und mit akustischen Signalen oder Vibrationen auf die Anspannung hinweisen. Diese Signale sollen es dem Betroffenen ermöglichen, Selbstkontrolle über den an sich unbewussten Vorgang zu erlangen. Kurzfristig sind auch Schmerzmittel und Muskelrelaxantien hilfreich und Wärme, um die überlastete Kiefermuskulatur zu entspannen.

Stressabbau

Wer den Zahn wirklich an der Wurzel packen möchte, kommt um Stressbewältigung meist nicht herum. Während man früher angenommen hat, dass Zähneknirschen vor allem eine Folge von falschem Zusammenbiss des Ober- und Unterkiefers ist, konnten mittlerweile zahlreiche Studien Zusammenhänge zwischen Stress und Bruxismus zeigen. Dabei wurde ein hohes Stresslevel mithilfe des Cortisolspiegels im Speichel nachgewiesen. Kauten die Probanden auf einem Paraffinwürfel herum, sank das Stresslevel. Das nächtliche Zähneknirschen dient also vermutlich dem Stressabbau. Offenbar steuert das zentrale Nervensystem das Zusammenbeißen der Zähne. Um das Stresslevel zu reduzieren und die Zähne zu schonen, sind Entspannungsübungen sinnvoll. Achtsamkeitsübungen und Autogenes Training sind ein guter Weg, um aus der Anspannung herauszufinden. Auch Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson (PMR) kann jeder einfach zu Hause machen. Dabei werden die Kiefermuskeln abwechselnd bewusst angespannt und wieder gelöst. Ein erhöhtes Risiko für Bruxismus haben Menschen mit psychischen Störungen wie Angststörungen und Depressionen. Manchmal ist deshalb auch eine Psychotherapie ratsam. Wer sich selbst beobachtet und weiß, zu welchen Zeiten oder in welcher Situation er mit den Zähnen knirscht, kann vielleicht selbst Einfluss nehmen, sich dann immer wieder kontrollieren und darauf achten, dass die Zahnreihen idealerweise einige Millimeter auseinanderstehen.

Positive Faktoren des Zähneknirschens

Tatsächlich kann Bruxismus sich auch positiv auf die Gesundheit auswirken. So werden bei Reflux, also einem Aufsteigen der Magensäure, rhythmische Kaumuskelaktivitäten ausgelöst, die die Säurewirkung reduzieren. Bei Schlafbezogenen Atemstörungen (SBAS) bewirkt das Knirschen mit den Zähnen außerdem, dass die oberen Atemwerke offengehalten werden.

Checkliste: Hinweise auf Bruxismus

  • Der Partner berichtet von nächtlichen Knirschgeräuschen
  • Nach dem Aufwachen ist die Kiefermuskulatur angespannt und tut möglicherweise weh
  • Kopfschmerzen
  • Plötzlich auftretende scharfe Kanten an den Zähnen
  • Eigentlich gesunde Zähne können abbrechen
  • Abgeschliffene, glattpolierte Zahnoberflächen an den Backenzähnen
  • Füllungen, Brücken oder Kronen können sich lösen oder Defekte aufweisen
  • Das Zahnfleisch geht zurück
  • Die Zähne werden empfindlicher
  • Die Kaumuskulatur am Kiefer ist auffällig ausgeprägt

Jasmin Krsteski

Autorin