Zahnpflegekaugummis – Was können sie wirklich?

29. August 2023

Es klingt verlockend: Zahnpflegekaugummis sollen Karies vorbeugen, die Zähne reinigen und sie sogar weißer strahlen lassen. Aber was ist dran an den Versprechungen? Professor Dr. Roland Frankenberger, Experte für Zahnerhaltung an der Universität Marburg, erklärt, in welchen Fällen Zahnpflegekaugummis Sinn machen, was ihre Superpower ist – und warum sie das Zähneputzen dennoch nicht ersetzen können.
Von Sarah Zöllner
Was unterscheidet Zahnpflegekaugummis von sonstigen Kaugummis?
Zahnpflegekaugummis zeichnen sich aus durch eine besondere Mischung aus schützenden Inhaltsstoffen wie Xylit, Fluorid oder Kalzium-Phosphat. Während Xylit dazu beitragen kann, die karieserregenden Mikroorganismen zu hemmen, remineralisieren Fluorid und Kalzium-Phosphat die Zähne. Manche Zahnpflegekaugummis enthalten auch Silberionen, deren Wirksamkeit medizinisch allerdings umstritten ist. Studien haben gezeigt, dass der inflationäre Gebrauch von Silber sogar zu Resistenzbildungen bei Bakterien beiträgt.
„Um die Zähne gesund zu erhalten, reicht das Kauen von Zahnpflegekaugummis allein nicht aus.“ Prof. Dr. Frankenberger
Einige Zahnpflegekaugummis erhalten neben Farb- und Aromastoffen zudem bedenkliche Zuckerersatzstoffe wie Chlorzucker (Sucralose) oder den Süßstoff Aspartan, der unter Verdacht steht, die Entstehung von Übergewicht und Diabetes zu begünstigen. Wie eine Untersuchung der Stiftung Ökotest aus dem Jahr 2016 ergab, waren alle 32 getesteten Kaugummisorten grundsätzlich wirksam, eine gute bis sehr gute Bewertung erhielten jedoch nur zehn Produkte, da viele von ihnen überflüssige oder sogar potenziell gesundheitsschädliche Inhaltsstoffe enthielten.
Können Zahnpflegekaugummis die Entstehung von Karies verhindern?
Zahnpflegekaugummis regen durch das Kauen die Speichelbildung im Mund an. Der Speichel hat eine remineralisierende Wirkung und kann den Zahn somit an der Oberfläche mit Mineralien versorgen. Zudem werden durch erhöhten Speichelfluss besonders nach Mahlzeiten schädliche Säuren neutralisiert.
Wie entsteht eigentlich Karies?
Für die Entstehung von Karies sind drei Faktoren ausschlaggebend:
- Kariesbakterien
- zuckerhaltige Ernährung
- unzureichende Zahnpflege
Erst im Zusammenspiel mit schlechter Zahnhygiene und einer stark zuckerhaltigen Ernährung wird das Gleichgewicht aus Mineralisierung und Demineralisierung der Zähne gestört. In der Folge bietet die aufgeraute Oberfläche Kariesbakterien einen guten Nährboden: Verfärbungen und schließlich Karies sind die Folge.

Inhaltsstoffe wie das Zuckeralkohol Xylit in Zahnpflegekaugummis haben erwiesenermaßen eine schützende Wirkung. Das belegen inzwischen auch wissenschaftliche Studien. Damit haben xylithaltige Zahnpflegekaugummis tatsächlich einen gewissen Vorteil gegenüber „normalen“ Kaugummis, auch wenn beide in erster Linie den Speichelfluss anregen.
Zahnpflegekaugummis können helfen, Säure zu neutralisieren und die Zähne durch erhöhten Speichelfluss zu remineralisieren.
Ist regelmäßiges Kauen von Zahnpflegekaugummis schädlich?
Wie alles Exzessive ist auch übermäßiges Kauen von Zahnpflegekaugummis nicht wirklich gesund. Unter anderem hat der Inhaltsstoff Xylit bei übermäßigem Verzehr eine abführende Wirkung. „Das wird aber sicher nicht auftreten, wenn ich vormittags und nachmittags je ein bis zwei Kaugummis konsumiere“, so Professor Frankenberger, Zahnerhaltungsexperte an der Uni Marburg. Auch dem Kiefer schade das regelmäßige Kauen nach den Mahlzeiten nicht. Beachten sollten Sie allerdings, dass einige Zahnpflegekaugummis sogar Zucker enthalten. Dieser wirkt im Zusammenspiel mit Kariesbakterien und einer mangelhaften Zahnpflege erwiesenermaßen zahnschädigend.
Wie pflege ich meine Zähne richtig?
- Regelmäßiges und gründliches Putzen der Zähne, kombiniert mit einer gesunden und nicht zu zuckerhaltigen Ernährung, ist noch immer die beste Kariesprophylaxe.
- Bewährt hat sich die K-A-I-Methode, also das gründliche Putzen der Kauflächen sowie der Außen- und Innenseite der Zähne.
- Beim Putzen sollten Sie auf jeden Fall auch die Zahnzwischenräume reinigen, z.B. mit Zahnseide oder einem Interdentalbürstchen. Ebenfalls sinnvoll kann es sein, die Zunge zu reinigen, um die Zahl schädlicher Bakterien im Mundraum zur reduzieren.
- Eine professionelle Zahnreinigung ein- bis zweimal pro Jahr sowie die regelmäßige Kontrolle der Zähne runden die Zahnvorsorge ab.
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Machen Zahnpflegekaugummis die Zähne weiß?
Das Versprechen, für „strahlend weiße“ Zähne zu sorgen, können Zahnpflegekaugummis nicht halten. Zwar helfen sie bis zu einem gewissen Grad, Zahnbeläge durch den erhöhten Speichelfluss „wegzuspülen“. Verfärbungen an den Zähnen entstehen jedoch durch hartnäckige Farbstoffe, wie sie zum Beispiel in Kaffee oder schwarzem Tee enthalten sind.
Auch Raucher sind durch den Teer in Zigaretten oft von Zahnverfärbungen betroffen. Diese lassen sich meist nicht einmal durch gründliches Zähneputzen entfernen. Gründlich gereinigte und damit auch leicht aufgehellte Zähne erhalten Sie durch eine professionelle Zahnreinigung. Eine private Zusatzversicherung wie der Tarif Zahn Flex der Envivas übernimmt hier die Kosten.
Fazit: Zahnpflegekaugummis unterstützen die Zahnpflege – das Putzen ersetzen sie aber nicht
Im Ganzen lässt sich sagen: Das Kauen von Zahnpflegekaugummis, besonders, wenn sie den Inhaltsstoff Xylit enthalten, kann nach Mahlzeiten ein gutes Mittel sein kann, Säure zu neutralisieren und durch erhöhten Speichelfluss die Zähne zu remineralisieren.
Regelmäßige und gründliche Zahnpflege – besonders auch der Zahnzwischenräume – ersetzt das Kaugummikauen aber nicht. Ebenso wenig wie die Kontrolle beim Zahnarzt mindestens einmal pro Jahr. Auch das Versprechen, die Zähne weißer zu machen, halten Zahnpflegekaugummis nicht. Achten Sie beim Kauf der Kaugummis darauf, dass sie keine zahnschädigenden Inhaltsstoffe wie Zucker enthalten und kauen sie diese lediglich zwei- bis dreimal pro Tag nach den Mahlzeiten. Auf diese Weise können Zahnpflegekaugummis eine sinnvolle Ergänzung zur sonstigen Zahnpflege sein.
Experte:
Prof. Dr. Roland Frankenberger, Direktor Poliklinik für Zahnerhaltung der Philipps-Universität Marburg und des Universitätsklinikums Gießen und Marburg
Weitere Infos:
- Stiftung Ökotest „32 Zahnpflegekaugummis im Test“ (https://www.oekotest.de/gesundheit-medikamente/32-Zahnpflegekaugummis-im-Test_108608_1.html, 20.10.2016)
Studien zur Wirksamkeit von Zahnpflegekaugummis:
- Yi-Fan Wu et. al. „Xylitol-Containing Chewing Gum Reduces Cariogenic and Periodontopathic Bacteria in Dental Plaque-Microbiome Investigation.“ Front Nutr. 11. Mai 2022; 9:882636.: URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/35634392/
- Melanie Nasseripour et al. „A Systematic Review and Meta-Analysis of the Role of Sugar-Free Chewing Gum on Plaque Quantity in the Oral Cavity. Front Oral Health. 30. März 2022;3:845921. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/35434703/
- Newton JT et al. „A Systematic Review and Meta-Analysis of the Role of Sugar-Free Chewing Gum in Dental Caries“. DR Clin Trans Res. Juli 2020; 5(3):214-223. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31743654/