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Zahnärztliche Zweitmeinung: Geld sparen und mehr Sicherheit

Eine zahnärztliche Behandlung kann schnell mehrere Tausend Euro kosten. Ist der Preis, den mein Arzt im Heil- und Kostenplan ansetzt, gerechtfertigt? Mit einer zahnärztlichen Zweitmeinung lässt sich womöglich viel Geld sparen. Wir erklären, wie das Ganze funktioniert, welche Alternativen es zum eigenständigen Suchen einer zweiten Praxis gibt und was Auktionsportale im Internet bringen können.

Kann jeder Patient eine Zweitmeinung beim Zahnarzt einholen?

Patientinnen und Patienten haben das Recht, sich die Arztpraxis frei auszusuchen. Daher haben alle, die versichert sind – sei es gesetzlich oder privat – prinzipiell immer die Möglichkeit, eine zweite Meinung einzuholen. Das gilt auch bei zahnärztlichen Behandlungen.

Fallen beim Besuch einer weiteren Praxis Kosten an?

Der Patient muss dafür in der Regel nichts bezahlen. Zwar bedeutet jeder Besuch bei einem Zahnarzt für diesen einen gewissen Aufwand, und den lässt er sich vergüten. „Der Kollege rechnet dann eine Durchsicht oder ein Gespräch ab”, erläutert Dr. Bianca Göpner-Fleige, Zahnärztin und Referentin des Vorstandes Patientenberatung bei der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Berlin. Die Kosten gibt die gesetzliche Krankenkasse allerdings regelmäßig nicht an den Patienten weiter, auch wenn er mehrere Zahnärzte in einem Quartal besucht. Auch private Krankenversicherungen sehen häufig einen kostenlosen Service für eine Zweitmeinung vor. Am besten klärt der Patient die Kostenübernahme im Vorfeld ab.

Wann lohnt es sich, eine zweite Meinung einzuholen?

Man kann sich immer an eine andere Praxis wenden, wenn Zweifel an der vorgeschlagenen zahnärztlichen Therapie bestehen. Da ein zusätzlicher Termin auch für den Patienten mit Aufwand verbunden ist, lohnt er sich – im wirtschaftlichen Sinne – besonders dann, wenn es um viel Geld geht, also einen hohen Eigenanteil an den Kosten.

„Bei vielen zahnärztlichen Diagnosen haben Patienten das Gefühl, dass sie lieber noch einen zweiten Zahnarzt draufgucken lassen wollen”, sagt Bianca Göpner-Fleige. Tätig würden sie allerdings „gerade beim Zahnersatz, weil der einen großen finanziellen Impact für sie bedeutet – oder bei einer kieferorthopädischen Behandlung“.

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Wie findet man die passende „Zweitpraxis"?

Die Suche ist grundsätzlich Privatangelegenheit des Patienten: Er wählt einen Zahnarzt aus und lässt sich einen Termin geben. „Wir schlagen den Menschen vor, Bekannte oder Verwandte anzusprechen: Vielleicht kennen diese ja jemand Passendes“, sagt Bianca Göpner-Fleige. Bei Zahnärzten gehe es immer auch um Vertrauen, um das Bauchgefühl – „schließlich ist das eine ziemlich intime Behandlung“. Eine persönliche Empfehlung sei da „besser, als zu googeln oder sich irgendwelche Online-Bewertungen anzuschauen, auf die man sich längst nicht immer verlassen kann“.

Gibt es Alternativen zum Besuch einer zweiten Zahnarztpraxis?

Es gibt ein bundesweites Netz von Patientenberatungsstellen der Zahnärzte. Über dieses Angebot der Zahnärztekammern und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen kann sich jede Patientin und jeder Patient kostenlos beraten lassen. Die Beratungsstellen sind unterschiedlich zu erreichen: Alle bieten eine telefonische Beratung an, und diese Service-Hotline ist in den meisten Fällen gebührenfrei. Wird eine persönliche Beratung angeboten, ist auch die kostenfrei.

„[…], oft lässt sich das Problem schon am Telefon lösen.”
Dr. Bianca Göpner-Fleige

Die Kassenzahnärztliche Vereinigung Berlin etwa bietet jeweils donnerstags eine Vor-Ort-Beratung an – nach vorheriger Terminvereinbarung. „Wir führen erst einmal Vorgespräche, oft lässt sich das Problem schon am Telefon lösen“, berichtet Göpner-Fleige. Mal haben Patienten etwas nicht richtig verstanden, mal hat ihr Erstzahnarzt sie nicht ausführlich genug aufgeklärt. „Gerade ältere Patienten sind in der Praxis oft aufgeregt und brauchen vielleicht mal ein wenig länger. Grundsätzlich empfehlen wir denen auch, bei Praxisbesuchen ‚Verstärkung‘ aus dem Familien- oder Bekanntenkreis mitzunehmen.“

„55 Prozent der Beratungen betreffen finanzielle und rechtliche Fragen.”

Die Patientenberatungsstellen werten regelmäßig aus, mit welchen Fragen sich die Patienten an sie wenden. Die aktuellen Zahlen kommen aus dem Jahr 2021. Damals betrafen 55 Prozent der Beratungen finanzielle und rechtliche Fragen, etwa Zahnarzthonorare und private Zuzahlungen. Oft geht es auch um zahnmedizinische Verfahren und neue Behandlungsmethoden, um allgemeinere gesundheitlich-medizinische Themen oder um Adressen und Verbraucherinformationen.

Was spricht für den Kontakt zu einer Patientenberatungsstelle?

Die Beratungsstellen haben grundsätzlich kein wirtschaftliches Interesse. „Der Arzt, der hier seine Meinung äußert, darf die besprochene Behandlung gar nicht durchführen”, sagt Dr. Göpner-Fleige. „Die Ärzte beraten also nach bestem Standard und Gewissen.

„Bei einem selbstgewählten Zahnarzt kann es durchaus so sein, dass er mich von seiner Variante überzeugen will.”

Bei einem selbstgewählten Zahnarzt kann es durchaus so sein, dass er mich von seiner Variante überzeugen will.” Nach der Beratung weiß jeder Patient: „Findet der Zweitzahnarzt auch, dass der betroffene Zahn raus muss, ob ein Implantat eher zu empfehlen ist als eine Brücke – oder empfiehlt er einen anderen Ansatz?“

Die Patientenberatung ist sowohl für die Kasse als auch den Patienten kostenlos. Seine Gesundheitskarte wird nicht eingelesen, niemand erfährt davon, dass er sich an die Stelle gewandt hat. Sollten nach dem Gespräch Unsicherheiten bleiben, kann man sich also immer noch an einen Zahnarzt seiner Wahl wenden.

Im Anschluss an die Behandlung hilft die Patientenberatung auch, wenn es Unklarheiten bei der Abrechnung gibt. Bei offensichtlichen Fehlern geht die Beratungsstelle selbst auf den Arzt zu, wenn der Patient das wünscht. Allerdings bewertet sie nicht die Arbeit, die andere Zahnärzte ausgeführt haben, und sie stellt auch keine Mängelgutachten aus.

Welche Unterlagen braucht man für die zahnärztliche Zweitmeinung?

Um Verständnisfragen zu stellen, braucht man keine speziellen Unterlagen. Will man allerdings eine echte zweite Meinung zu einer zahnärztlichen Behandlung, braucht man den Heil- und Kostenplan (HKP) des erstbehandelnden Zahnarztes und die Röntgenbilder, die in diesem Zusammenhang angefertigt wurden. Bei einer telefonischen Beratung kann man diese Unterlagen parallel zum Gespräch hochladen – nach Unterzeichnung einer Datenschutzvereinbarung.

„Benötigt werden der Heil- und Kostenplan (HKP) des erstbehandelnden Zahnarztes und die Röntgenbilder”

Wenn es dann zum Austausch mit einem zweiten Zahnarzt kommt, sollten Patienten diesem in seiner Bewertung auch tatsächlich freie Hand lassen. „Manche versuchen, den Kollegen in eine spezielle Richtung zu drängen. Es ist aber gar nicht gut, ihm zu viel zu erläutern. Sie sollten den Kollegen den Raum lassen, die Röntgenbilder eigenständig bewerten zu können.“

„Manchmal reichen HKP, Röntgenbilder und die Erzählung des Patienten nicht, um die Sache bewerten zu können. Dann machen wir einen Termin aus und unsere Ärztinnen und Ärzte sehen sich das auf unserem Behandlungsstuhl an“, so Bianca Göpner-Fleige. Ähnlich ist es mit Patienten ohne Zugriff auf das notwendige Equipment, etwa einen Scanner: Die reichen die Unterlagen vor Ort ein. „Hier können wir ihnen auch nochmal anschaulicher zeigen: Wie genau funktioniert eigentlich ein Implantat und was bedeutet es, wenn ich etwa eine Platte im Gaumen habe?“

Was bringt es, eine Zweitmeinung einzuholen?

Die Meinung eines weiteren Zahnarztes bringt immer eine zusätzliche Perspektive. Ein Vergleich kann dazu führen, dass man Geld spart. „Die Preise können stark variieren, wenn der zweite Zahnarzt etwa eine ganz andere Planung hinterlegt“, sagt Göpner-Fleige. So können neue Behandlungsmöglichkeiten ins Spiel kommen und andere, eventuell kostengünstigere Materialien zum Einsatz. Auch der Ort des Dentallabors kann Einfluss auf den Preis von Zahnersatz haben. Arbeitet ein Zahnarzt mit einem eigenen Dentallabor zusammen, ermöglicht das eventuell bessere Preisabsprachen.

„Oft geht es weniger um die klaren Ja-Nein-Entscheidungen, sondern um ein Abwägen.”

Theoretisch kann das Einholen einer Zweitmeinung sogar dazu führen, dass unnötige, vielleicht unumkehrbare Eingriffe ganz verhindert werden. „Aber oft geht es weniger um die klaren Ja-Nein-Entscheidungen, sondern um ein Abwägen“, darauf verweist die Berliner Zahnärztin. „In manchen Fällen gibt es gleich fünf Meinungen – und keine einzige ist die vollkommen richtige.“ Im besten Fall empfiehlt der zweite Zahnarzt die gleiche Behandlung wie der erste – und sorgt damit für mehr Sicherheit.

Zweitmeinung gegenüber Erstzahnarzt ansprechen?

Der Patient ist keineswegs verpflichtet, den Erstzahnarzt zu informieren. Manche scheuen das, weil sie ihren Zahnarzt – bei dem sie vielleicht schon seit vielen Jahren in Behandlung sind – nicht verletzen wollen. „Einige Patienten besorgen sich aus diesem Grund noch nicht einmal die Röntgenbilder, was natürlich das Einholen einer fundierten Zweitmeinung erschwert“, sagt Bianca Göpner-Fleige. „Und gerade bei aufwendigen Arbeiten muss der Kollege das verstehen.”

Sie empfiehlt daher einen transparenten Ansatz. Man solle dem Arzt sagen: „Danke für Ihre Meinung und Ihren Heil- und Kostenplan. Darüber möchte ich noch mit jemand anderem sprechen.” Schließlich habe es nichts mit einem Vertrauensverlust zu tun, wenn man sich von einem weiteren Arzt – mit anderer Herangehensweise und anderen Schwerpunkten – beraten lässt.

Können Auktionsportale helfen?

Die Verbraucherzentrale verweist auf Internetportale, bei denen Patienten ihre Heil- und Kostenpläne hochladen können. In einer Auktion bekommen sie Gegenangebote, die deutlich preiswerter ausfallen können. „Allerdings ohne dass der bietende Zahnarzt den Patienten persönlich gesehen hat“, gibt Frau Dr. Göpner-Fleige zu bedenken. Ein solcher Preisvergleich könne eine gute Grundlage sein, um mit dem eigenen Zahnarzt über die Kosten einer Behandlung zu verhandeln, schreibt hierzu die Verbraucherzentrale.

„Auktionsportale – Das ist übles Preisdumping und Patientenfishing.”

Zahnärztin Göpner-Fleige hat eine eindeutige Meinung zu solchen Angeboten: „Dieses System hat mit Zahnmedizin nichts zu tun. Das ist übles Preisdumping und Patientenfishing.” Es sei skurril, sich daran zu beteiligen, sowohl von Patienten- als auch von Ärzteseite. Daher rät sie von einer Nutzung, auch als Basis für eine Preisverhandlung, ab. „Und erst recht sollte man sich nicht ohne Diagnostik in die Hände des günstigsten Anbieters begeben.”

Fazit

Wer unsicher ist hinsichtlich der Behandlung, zu der ihm sein Zahnarzt rät, sollte nicht zögern, eine zweite Meinung einzuholen. Der Aufwand lohnt sich insbesondere bei teureren Eingriffen, etwa beim Zahnersatz. Als Alternative zum Besuch einer zweiten Praxis bietet sich die unverbindliche Kontaktaufnahme zu einer Patientenberatungsstelle an.

Eine Zweitmeinung ist kein Zeichen des Misstrauens zum langjährigen Zahnarzt, aber sie kann neue Perspektiven eröffnen, Geld sparen – oder den ursprünglich vorgeschlagenen Behandlungsweg bestätigen. Der kostengünstigste Ansatz ist nicht immer der medizinisch beste. Und die finale Entscheidung kann sorgfältig abgewogen werden: Ein Heil- und Kostenplan ist mindestens sechs Monate gültig.

Icon, das einen Experten/eine Expertin symbolisiert. Symbol für die Envivas Fach-Experten.

Dr. Bianca Göpner-Fleige

Expertin

Zahnärztin und Referentin des Vorstandes Patientenberatung Kassenzahnärztliche Vereinigung Berlin.

Markus Düppengießer

Autor

Markus Düppengießer, Journalist und Lektor, lebt in Köln. Früher schrieb er vor allem für Tageszeitungen, heute für verschiedene Fachmedien (on- und offline) aus den Bereichen Gesundheit und Personalwesen, für ein Straßenmagazin und eine Kinderzeitung. Zudem ist er Dozent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.