Fernreisen in der Pandemie – warum Reiseimpfungen noch wichtiger geworden sind

11. Mai 2022

Während der Covid-19-Pandemie ist Reisen komplexer geworden. Zwar hat sich an den herkömmlichen Empfehlungen zum Schutz gegen mögliche Infektionen im Reiseland – neben den Covid-19-Bestimmungen – nichts Wesentliches geändert. Jedoch sind aufgrund vernachlässigter Impf- und Mückenkontroll-Programme in vielen Ländern durch Stechmücken übertragene Krankheits-erreger wieder auf dem Vormarsch. Doppelinfektionen mit Corona und Malaria sind selten, kommen aber vor. Reisenden in die betroffenen Regionen ist eine besondere Sorgfalt angeraten.
Von Ute Wegner
Viele Menschen plagt nach dem Ausbruch von Covid-19 und fast zwei Jahren „Stillstand“ mehr denn je das Fernweh. Die verfügbare Impfung gegen das Corona-Virus, die mildere Omikron-Variante und weitgehende Lockerungen der Vorsichtsmaßnahmen in etlichen Ländern, haben die Reiselust deutlich gesteigert.
Doch was muss man beachten, wenn man/frau in die Ferne schweift? „An den herkömmlichen Prophylaxe-Empfehlungen und Impfungen für Fernreisen hat sich durch COVID-19 eigentlich nichts geändert“, sagt Prof. Michael Ramharter, Leiter der reisemedizinischen Beratung am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) in Hamburg. „Es sind im Moment nur zusätzlich die gesetzlichen Vorschriften zu Covid-19 und die gesundheitlichen Risiken zu beachten.“
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Auf der Webseite des Auswärtigen Amtes können Sie sich unter „Reise- und Sicherheitshinweise“ über die aktuellen Ein- und Ausreisebedingungen sowie Beschränkungen im Land Ihres Reisezieles aufgrund von Covid-19 informieren. Schauen Sie vor Reisebeginn regelmäßig auf die Seite, denn die Vorschriften werden immer wieder aktualisiert.
Risiko für Ungeimpfte und chronisch Erkrankte
Dazu kommt: Reisen bergen ein höheres Risiko, sich mit Corona zu infizieren. Am Flughafen, auf Bahnhöfen, im Flugzeug und in der Bahn, im Hotel, auf Märkten oder Museen, überall wo sich viele Menschen nahekommen, besteht die Gefahr, sich sowohl mit dem Corona-Virus anzustecken als es auch zu verbreiten. Reisende, die vorschriftsgemäß gegen Corona geimpft sind, werden in der Regel grippeähnliche Symptome entwickeln, was natürlich die Urlaubsfreude dämmen kann, aber keine wirkliche Gefahr für Leib und Leben darstellt.
Ungeimpfte und Risikopatienten, das heißt ältere Menschen ab 60 und/oder mit chronischen Erkrankungen riskieren jedoch, schwer an Covid-19 zu erkranken. Sie müssen oftmals in ein Krankenhaus und dort sogar auf eine Intensivstation eingewiesen werden. „Sie sind dann auf die Behandlung im Zielland angewiesen“, betont der Hamburger Reisemediziner, „die nicht überall unserer in Deutschland gleichwertig ist. Das sollte man bedenken.“
Malaria-Symptome ähneln Covid-19
Auch besteht in bestimmten Reisezielen das Risiko einer Doppelinfektion mit Corona und einer weiteren im Zielland verbreiteten Infektionskrankheit. „Es wurden zum Beispiel Infektionen von Corona und Malaria nachgewiesen“, erklärt Prof. Ramharter. Dies ist vor allem eine diagnostische Herausforderung, um jede der Infektionen adäquat zu therapieren.
So belegen Daten, dass in Entwicklungsländern die Bekämpfung von Stechmücken oder Impfkampagnen aufgrund der Corona-Pandemie ins Stocken geraten sind. Insbesondere bei Malaria, eine der gefährlichsten Infektionskrankheiten, die durch in der Dämmerung und in der Nacht aktive Anopheles-Mücken übertragen wird, ist die Ansteckungsgefahr besonders hoch.
Malaria kommt in weltweit mehr als 100 Ländern vor, insbesondere in den Tropen und Subtropen. Allein 2020 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) etwa 69.000 zusätzliche Todesfälle verzeichnet. Rund zwei Drittel seien darauf zurückzuführen, dass Malaria-Programme aufgrund der Corona-Pandemie unterbrochen worden seien, so die WHO in ihrem jährlichen Malaria-Report. „Wenn auch das Risiko einer Doppelinfektion mit Corona und Malaria nicht hoch ist“, sagt Prof. Ramharter, „so sollte man es auch nicht außer Acht lassen.“
Ein Problem ist allerdings, dass die Symptome der Malaria – Fieber, Glieder- und Kopfschmerzen sowie selten Durchfall und Erbrechen – den Krankheitszeichen von Covid-19 ähneln. Die Betroffenen werden auf das Corona-Virus getestet, isoliert, warten zwei Tage auf das Testergebnis, sind aber an Malaria erkrankt. „Dadurch wird die Diagnose verschleppt und die Behandlung verzögert“, betont der Hamburger Experte, „Das kann allerdings lebensbedrohlich sein.“
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Gehen Sie sechs bis acht Wochen vor Ihrer Reise zu Ihrem Hausarzt oder einem reisemedizinisch versierten Facharzt. Die erforderlichen Impfungen hängen auch von Region, Dauer, Route und Ihren geplanten Aktivitäten ab. Sie sollten möglichst zehn bis vierzehn Tage vor Reiseantritt abgeschlossen sein.
Zudem gilt es, länderspezifische Vorgaben zu beachten, wie zum Beispiel bei Reisen nach Afrika oder Asien. Welche das im Detail sind, erfahren Sie in den Artikeln „Impfungen für Afrika“ und „Impfungen für Asien“. Menschen mit besonderen Krankheiten ist angeraten, schon zu einem früheren Zeitpunkt und vor Festlegung des Ziels und der Dauer der Reise mit den behandelnden Ärzten zu sprechen.
Suchen Sie bei Fieber sofort einen Arzt oder eine Klinik auf
Gegen Malaria gibt es keine reisemedizinische Impfung, wohl aber eine medikamentöse Vorsorgebehandlung, mit der man ein bis zwei Tage vor Reiseantritt in bestimmte Malariagebiete beginnt. Diese Gebiete mit dem höchsten Risiko einer Malariaübertragung befinden sich vor allem in der Sub-Sahara in Afrika.
In Regionen, in denen ein geringeres Risiko besteht, sich mit dem Malaria-Erreger zu infizieren wie etwa in Teilen Asiens, Südostasiens, Mittelamerikas, empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit e.V. (DTG) keine Dauerprophylaxe einzunehmen, sondern neben Mückenschutz eine sofortige medizinische Untersuchung durchzuführen.
Ist dies nicht innerhalb von 24 bis 48 Stunden möglich, ist das Mitnehmen eines Notfall-Medikaments empfohlen, das im Falle einer Malaria-Erkrankung dann sofort einzunehmen ist. Ein weiteres Argument für einen guten Malariaschutz ist, dass in Ostafrika zum Beispiel eine neue Überträgermücke aus Südasien eingewandert ist, die vermutlich ebenfalls zu einer steigenden Zahl von Infektionen in städtischen Gebieten geführt hat.
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Suchen Sie, wenn Sie bei Aufenthalt in einem Malariagebiet Fieber haben, sofort einen Arzt oder ein Krankenhaus auf, um Malaria diagnostizieren zu lassen.
Dengue, Zika & Co. – auch andere Viren breiten sich teilweise stark aus
Auch das ebenfalls durch Stechmücken übertragene Dengue-Fieber, eine akute fiebrige Krankheit mit plötzlichem Fieberausbruch, hat durch die fehlenden Mückenkontrollprogramme während der Lockdowns wieder deutlich zugenommen. Allein im indischen Neu Dehli wurden im Oktober 2021 insgesamt 1.000 Fälle von Dengue-Fieber registriert.
Der erste Impfstoff gegen Dengue steht zwar seit wenigen Jahren in einigen Ländern zur Verfügung und ist auch von der European Medicines Agency (EMA) zugelassen worden. Allerdings war der Einsatz in manchen Gebieten mit einer höheren Rate schwerer Dengue-Verläufe assoziiert.
Im kommenden Herbst soll ein weiterer Impfstoff gegen das Dengue-Fieber zugelassen werden, der sich bisherigen Studien zufolge als effektiv und sicher erwiesen hat. Das Dengue-Virus ist insbesondere in Südostasien, dem tropischen Afrika, Mittel- und Südamerika verbreitet – häufig in städtischen Gebieten.
Auch das durch Mücken verbreitete Chikungunya-Virus breitet sich in tropischen und subtropischen Regionen weiter aus, insbesondere in Süd- und Südostasien. Immer wieder kommt es zu Ausbrüchen in einzelnen Regionen, ein Impfstoff wird derzeit in klinischen Studien geprüft. Es verursacht ebenso hohes Fieber und starke mitunter langanhaltende Gelenkschmerzen.
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Reisen Sie nicht in eine vom Zika-Virus betroffene Region, wenn Sie schwanger sind. Das Virus kann sich auf das ungeborene Kind übertragen und zu Fehlbildungen des Gehirns führen.
Ein weiterer Erreger, der durch Stechmücken übertragen wird und sich kontinuierlich ausbreitet, ist das Zika-Virus. Fast ganz Lateinamerika, die Karibik und die Südstaaten der USA sind betroffen, auch in Asien und Afrika ist der Erreger auf dem Vormarsch. Die Infektion mit dem Zika-Virus verläuft in der Regel ohne oder mit grippeähnlichen Symptomen. Es gibt bislang keine Impfung gegen das Zika-Virus.
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Ein wichtiger Schutz vor dem Malaria-, Dengue- und Zika-Erreger ist, sich vor Insektenstichen zu schützen. So schützen Sie sich vor Mückenstichen:
- Tragen Sie helle, mit Permethrin imprägnierte Kleidung
- Sprühen oder weichen Sie Textilien mit Permethrin ein oder erwerben vorimprägnierte Kleidung
- Reiben Sie unbedeckte Hautstellen mit einem Repellent mit DEET (30 bis 50%) oder Icaridin (20%) ein
- Applizieren Sie das Repellent 20 bis 30 Minuten nach dem Auftragen von Sonnenschutz
- Halten Sie sich in mückensicheren Räumen mit Klimaanlage und Mückengittern auf
- Benutzen Sie Moskitonetze beim Schlafen
- Imprägnieren Sie diese Netze mit Permethrin oder kaufen vorimprägnierte Netze
Tollwut ist lebensgefährlich und in vielen Ländern verbreitet
„Eine Erkrankung, die in der Reisemedizin unterschätzt wird, ist die Tollwut“, erklärt Prof. Michael Ramharter vom Hamburger Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin. Tollwut wird durch Säugetiere übertragen und kommt bei vielen Tieren weltweit vor. Ein hohes Risiko besteht in weiten Regionen Afrikas, in vielen Ländern Südostasiens sowie manchen Gebieten in Mittelamerika.
„Wird man von einem Affen, Hund oder Katze gebissen oder gekratzt, ist das ein medizinischer Notfall“, warnt der Experte. Besonders gefährdet sind Kinder, die auf Hunde etwa zugehen und sie streicheln wollen. Das Problem: Tollwut kann nicht behandelt werden und ist, wenn man nicht gegen Tollwut geimpft ist, eine tödliche Erkrankung.
Reisende, die nicht geimpft sind, benötigen so schnell wie nur irgend möglich ein Antiserum gegen Tollwut. Personen, die eine Tollwut-Impfung haben, müssen sich nach einem verdächtigen Kontakt „boostern“ lassen.
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Lassen Sie sich und Ihre Familie vor Antritt einer Reise mit relevantem Tollwut-Expositionsrisiko impfen. Die Grundimmunisierung besteht aus drei Injektionen in den Oberarm an den Tagen Null, sieben und 21 bis 28. Der Impfschutz beginnt etwa zwei Wochen nach der ersten Impfung.
Die Krankenkasse zahlt die Impfung in den allermeisten Fällen
Sowohl gesetzliche Krankenkassen als auch private Krankenversicherungen erstatten oftmals Teile der Kosten für Reiseimpfungen. Erstattet wird meist nur in Abhängigkeit vom Reiseland. Man sollte sich am besten vor der Impfung über die Leistung der Krankenkasse bzw. -versicherung sowie über den Weg der Kostenerstattung informieren.
In der Regel ist für die Krankenkasse ein Beleg des Impfarztes erforderlich und das Reiseland muss angegeben werden. Eine allgemeine Übersicht über die pauschalen Erstattungsleistungen gibt es nur ohne Berücksichtigung des entsprechenden Reiselandes. Diese finden Sie unter https://www.crm.de/krankenkassen/index1.html.
Info-Guide für Sie zur weiteren Vorbereitung einer Fernreise in der Pandemie
Wir haben für Sie einige weitere Informationen zusammengestellt, welche Sie als praktisches PDF über den folgenden Download-Link herunterladen können.
Übrigens: Haben Sie bereits eine Auslandreise-Krankenversicherung abgeschlossen? Gerade bei Fernreisen sehr sinnvoll, damit Sie im Fall der Fälle gut abgesichert sind. Informieren Sie sich über die Auslandsreise-Tarife der Envivas.
Die Envivas wünscht eine gute und gesunde Reise!
Quellen:
- Michael Ramharter, Leiter der reisemedizinischen Beratung am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) und dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
- https://tropeninstitut.de/malaria
- https://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/corona-pandemie-fuehrt-zu-tausenden-zusaetzlichen-malaria-toten-a-26da927c-8450-4e1b-ac59-362bc56da178
- https://www.dtg.org/images/Startseite-Download-Box/2021_DTG_Empfehlungen_Malaria.pdf
- https://www.dw.com/de/dengue-statt-corona-indiens-krankenhäuser-erneut-am-limit/av-59789832
- https://www.dtg.org
- https://www.crm.de/