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Amalgam-Verbot für Zahnfüllungen: Was Patienten jetzt wissen sollten
Seit Januar 2025 dürfen Zahnfüllungen aus Amalgam europaweit nicht mehr verwendet werden. Der Grund klingt erst einmal ungewöhnlich, es geht um Umweltschutz. Hier erfahren Sie, welche Füllungen anstelle von Amalgam empfehlenswert sind und was das für ihre bestehenden Füllungen bedeutet. Immerhin, gut zwei Prozent der Füllungen der Deutschen waren 2023 noch aus Amalgam.
Was ist Hintergrund des Amalgam-Verbots?
Ab dem 1. Januar 2025 darf Dentalamalgam in der Europäischen Union in der Regel nicht mehr für die zahnärztliche Behandlung verwendet werden. Hintergrund ist eine umweltpolitische Initiative. Bereits 2013 legte die Minamata-Konvention der UN eine schrittweise Reduzierung der Verwendung von Quecksilber fest, um Mensch und Umwelt zu schützen. Da amalgamhaltige Zahnfüllungen zu 50 Prozent aus Quecksilber bestehen, sind diese seit Anfang 2025 verboten.
Zumindest in Deutschland geht von den Amalgamfüllungen jedoch keine Umweltgefahr aus. Amalgamreste, die beim Einbringen oder Ausbohren solcher Füllungen entstehen, werden abgesaugt. Innerhalb eines jeden Zahnarztstuhls befindet sich seit den 1990er Jahren ein „Amalgamabscheider“. Die Amalgamreste werden dort aufgefangen und von lizensierten Unternehmen entsorgt.
„Ein gesundheitliches Risiko besteht für die Allgemeinbevölkerung nicht.”
Geht von Amalgamfüllungen ein Gesundheitsrisiko aus?
Ein gesundheitliches Risiko geht von bestehenden Amalgamfüllungen für die Allgemeinbevölkerung nicht aus. Das bestätigt die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK). Die aus Amalgam freigesetzten Mengen seien so gering, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu dem Schluss gekommen seien, dass davon keine Gesundheitsgefahr für die Allgemeinbevölkerung ausgehe.
„Der Einsatz von Dentalamalgam ist zudem seit Jahrzehnten stark rückläufig“, so Dr. med. dent. Kerstin Albrecht, Pressereferentin der DGZMK: „Der Anteil der Amalgamfüllungen an allen Füllungen belief sich im Jahr 2023 auf rund 2,1 Prozent, allerdings mit deutlichen regionalen Schwankungen.“
Metalllegierungen und Allergien
Allergische Reaktionen sind im Zusammenhang mit allen Dentallegierungen bekannt, aber doch relativ selten, gemessen an der großen Zahl der mit Dentallegierungen versorgten Patienten. Das Auftreten einer allergischen Reaktion setzt immer eine bereits erfolgte Sensibilisierung („Allergiesierung“) des Patienten oder der Patientin voraus.
Da die Mundschleimhaut gegenüber allergischen Reizen etwa sechs- bis zehnmal widerstandsfähiger ist als die Haut, werden Dentallegierungen auch bei bestehender Sensibilisierung gegen eine ihrer Komponenten meist problemlos vertragen.
Ein routinemäßiger Allergietest vor einer zahnärztlichen Versorgung – und das gilt für alle Dentalwerkstoffe, nicht nur für Legierungen – ist nicht zu empfehlen. Entsprechende Testungen sollten nur durchgeführt werden, wenn bei Patienten ein begründeter Verdacht auf eine Allergie besteht.
Etliche Legierungshersteller legen inzwischen zu ihren Produkten detaillierte Informationen zum Korrosionsverhalten und zur biologischen Verträglichkeit anhand spezieller normgerechter Labortests vor.
Erbitten Sie nach Behandlungsabschluss von Ihrer Zahnärztin oder Ihrem Zahnarzt einen Materialpass, in dem die bei Ihnen eingesetzten Legierungsmaterialien dokumentiert sind. Heben Sie diesen Pass gut auf und legen Sie ihn bei späteren Behandlungen Ihrer Zahnärztin oder Ihrem Zahnarzt vor.
(Quelle: Patienteninformation „Metalle im Mund“ der DGZMK)
Sollten bestehende Amalgamfüllungen vorsorglich entfernt werden?
„Aus zahnärztlicher Sicht sollten intakte Amalgamfüllungen nicht vorsorglich entfernt werden“, so Kerstin Albrecht von der DGZMK. So zeigt zum Beispiel ein Gutachten eines wissenschaftlichen Ausschusses der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2015, dass Amalgam ein Material ist, dass lange hält und in der Regel gut vertragen wird. Eine Entfernung kann sogar kurzfristig zu einer erhöhten – wenn auch sehr geringen – Freisetzung von Quecksilber führen.
„Aus zahnärztlicher Sicht sollten intakte Amalgamfüllungen nicht vorsorglich entfernt werden.”
Entsprechend übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen und auch Zahnzusatzversicherungen der Envivas die Entfernung nur bei medizinischer Indikation, also zum Beispiel, wenn die Füllung beschädigt oder am Zahn erneut Karies aufgetreten ist. „In solchen Fällen sorgen Zahnärztinnen und Zahnärzte dafür, dass der Austausch sicher und unter höchsten Qualitätsstandards erfolgt, sodass keine gesundheitlichen Risiken entstehen“, so Dr. med. dent. Kerstin Albrecht.
Welche Füllungen sind anstelle von Amalgam empfehlenswert?
Laut der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde gibt es einige plastische Füllungsmaterialien, die als Alternativen zu Amalgam in Frage kommen. „Die Füllungswerkstoffe haben jeweils unterschiedliche Vor- und Nachteile“, so Kerstin Albrecht: „Zu den heute gut erforschten Füllungsmaterialien zählen zum Beispiel dentale Komposite, Kompomere und Glasionomerzemente.“
Welches Material verwendet wird, hängt von verschiedenen zahnmedizinischen und individuellen Faktoren ab, die die Zahnärztin oder der Zahnarzt mit den Patientinnen und Patienten anhand der vorliegenden Gegebenheiten bespricht.
Die wichtigsten Füllungsmaterialien
Selbstadhäsive Materialien
Glasionomerzemente
- mineralischer Zement, der speziell für die zahnärztliche Anwendung entwickelt wurde
- zeigt nach der Härtung eine matte, helle Oberfläche
- vor allem bei kleinen bis mittelgroßen Defekten im Bereich der Seitenzähne oder am Zahnhals indiziert
kunststoffmodifizierte Glasionomerzemente
- enthalten neben Glaspulver und Flüssigkeit zusätzlich Kunststoffanteile
- kaustabiler und etwas glatter als herkömmliche Glasionomerzemente
Glas-Hybride
- Unterklasse der Glasionomerzemente
- Füllung wird mit einem speziellen Lack (Coating) abgedeckt, um die feuchtigkeitsempfindliche Abbindereaktion zu schützen
- im kaulasttragenden Seitenzahnbereich indiziert
Selbstadhäsive Komposit-Hybride
- binden aufgrund von speziellen Zusätzen direkt chemisch an den Zahn und benötigen keine Haftvermittler
- sehr kaustabil
Nicht-selbstadhäsive Materialien (mit Haftvermittler zu verarbeiten)
Komposite
- bestehen zu etwa 20 Prozent aus Kunststoff und zu etwa 80 Prozent aus z. B. feinsten Glasteilchen
- formstabil und vergleichsweise langlebig
- für die Füllung von Front- und Seitenzähnen geeignet
- können je nach Tiefe des Zahndefekts einfach oder geschichtet aufgetragen werden
Kompomere
- Kombinationswerkstoff aus Komposit und Glasionomerzement
- ähnlich kaustabil wie Dentalkomposite, da sie werkstoffkundlich eher Komposite sind
Alkasite
- enthalten basische (alkalische) Füllstoffe
- aufgrund der größeren Partikel ist die Oberfläche schwieriger zu polieren, was die Ästhetik im Vergleich zu klassischen Kompositen einschränkt
- geeignet für weniger sichtbare Zahnregionen
Goldhämmerfüllungen
- eher seltene Form der Zahnfüllung
- hauchdünne Goldfolien werden Schicht für Schicht vorsichtig in den Zahn „geklopft“
- für Zahnhalsfüllungen sehr gut geeignet
- durch ihre metallische Farbe deutlich sichtbar, dafür aber sehr langlebig
Welche Zahnfüllungen werden von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt?
Einige Alternativen zum Amalgam werden von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. „Das sind Materialien, die ohne Haftvermittler verarbeitet werden können, die also quasi von selbst am Zahn haften“, erklärt Kerstin Albrecht: „Man bezeichnet sie daher als ‚selbstadhäsive Materialien’.“ Ein Beispiel ist der Glasionomerzement. Wie bisher übernehmen die Krankenkassen im Frontzahnbereich auch die Kosten für zahnfarbene Kompositfüllungen. Zu den Frontzähnen zählen die Schneide- und Eckzähne des Ober- und Unterkiefers.
In Ausnahmefällen, in denen eine Füllung mit selbstadhäsiven Materialien zahnmedizinisch nicht möglich ist, erfolgt die Versorgung mit einem sogenannten Bulk-Fill-Kompositmaterial im Seitenzahnbereich als Kassenleistung, so die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung.
„Selbstadhäsive Materialien“ werden von den gesetzlichen Krankenkassen weiterhin übernommen.”
Materialien oder Behandlungen, die mit einem erhöhten Aufwand verbunden sind, erfordern hingegen eine Zuzahlung. „Zu diesen Leistungen zählen adhäsiv befestigte, also nicht selbstklebende Restaurationen im Seitenzahnbereich, Restaurationen in Mehrschicht- und Mehrfarbentechnik und Einlagefüllungen, sogenannte Inlays und Goldhämmerfüllungen“, so Kerstin Albrecht.
In diesen Fällen schließt die Zahnärztin oder der Zahnarzt mit dem Versicherten vor Beginn der Behandlung eine sogenannte Mehrkostenvereinbarung ab. Die Zahnärztin bzw. der Zahnarzt rechnet die Kassenleistung mit der Krankenkasse ab und die oder der Versicherte erhält eine Rechnung über die angefallenen Mehrkosten.
Übernahme von Mehrkosten durch die Envivas Zahnzusatzversicherung
Einen Überblick über die Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen bietet die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung auf ihrer Website: https://www.kzbv.de/welche-zahnfuellungen-gibt-es.189.de.html#.
Mehrkosten für medizinisch notwendige Füllungen werden in den Tarifen PRO und ZahnFlex sowie Zahn70 und Zahn90 der Envivas Zahnzusatzversicherung übernommen, so Sebastian Marc Becker, stellvertretender Gruppenleiter der Envivas Krankenversicherung AG. Einen Überblick über Zahnersatzkosten finden Sie hier: https://www.envivas.de/magazin/zahn/was-kostet-mein-zahnersatz
Was ändert sich ab 2025 beim Zahnarzt für Sie?
Grundsätzlich ändert sich für Patientinnen und Patienten durch das neue EU-weite Amalgamverbot ab Januar 2025 nur wenig. Zahnmedizinisch stehen einige Füllungsmaterialien zur Verfügung, deren Kosten von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden, wenn Amalgamfüllungen beschädigt sind oder erneut Karies am Zahn aufgetreten ist. Wählen Versicherte eine Versorgung, die über die Kassenleistung hinausgeht, tragen sie für diese aufwendigeren Leistungen die Mehrkosten.
Den Austausch intakter Füllungen übernimmt die gesetzliche Krankenkasse ohne medizinischen Grund grundsätzlich nicht. Das gilt auch für intakte Amalgamfüllungen. Laut aktueller Studien geht von bestehenden Zahnfüllungen aus Amalgam keine gesundheitliche Gefährdung für die Allgemeinbevölkerung aus. Sie können somit im Mundraum verbleiben.
Sie benötigen einen Zahnersatz? Hier erfahren Sie, welcher Zahnersatz der Beste ist, welche Risiken und Nebenwirkungen auftreten können und wie hoch die Zahnersatzkosten sein können.
Weiterführende Information:
- Gutachten der EU-Kommission zur Verträglichkeit von Amalgamfüllungen: https://health.ec.europa.eu/publications/safety-dental-amalgam-and-alternative-dental-restoration-materials-patients-and-users_en
- Patienteninformation „Metalle im Mund“ der DGZMK: https://www.zahnmedizinische-patienteninformationen.de/documents/10165/1430990/PI_Metalle_im_Mund_2021.pdf/e56cc525-4682-470b-ab3c-e8dd8401e493
- Information zur Minamata-Konvention des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz: https://www.bmuv.de/themen/chemikaliensicherheit/minamata-uebereinkommen

Dr. med. dent. Kerstin Albrecht
Expertin
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DZMK)

Sebastian Marc Becker
Experte
Leistungsabteilung der Envivas Krankenversicherung AG

Sarah Zöllner
Autorin
Sarah Zöllner schreibt als Journalistin und Autorin über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Familien- und Gleichstellungspolitik. 2023 erschien ihr zweites Buch „Mütter. Macht. Politik. - Ein Aufruf!“. Für die Envivas informiert sie regelmäßig über Gesundheitsthemen und Wissenswertes rund um den Alltag mit Kindern. Mit ihrer Familie lebt sie nahe Heidelberg.