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Titanimplantate: Was sind die Vorteile gegenüber Keramik?
Die meisten Implantate, die in Deutschland gesetzt werden, bestehen – mit großem Abstand – aus Titan oder einer Titanlegierung. Schließlich haben Zahnärzte damit jahrzehntelang gute Erfahrungen gemacht.
Was sind Vorteile von Titan gegenüber Keramik?
Müssen natürliche Zähne ersetzt werden, gelten Zahnimplantate als eine Alternative für den Zahnersatz. Implantat ist aber nicht gleich Implantat. Unterschiede bestehen zum Beispiel beim Material. Was spricht für Titan gegenüber Keramik?
„Wir haben bei Titanimplantaten Langzeitdaten über 20, 30 Jahre erfolgreiche Implantologie“, erklärt Andreas Kunz, Präsident der European Association of Dental Technology, „bei Keramikimplantaten fehlt diese Literatur.“ Die besseren Erfahrungswerte mit dem Material seien aber nicht der einzige Grund: „Metalle sind grundsätzlich duktiler, also besser zu dehnen oder zu verformen.“ Auf weniger Volumen könne man insbesondere Titanimplantate stabiler bauen als solche aus Keramik.
Fazit von Andreas Kunz: „Ich rate unseren Patienten meist zu Titan. Lieber ein wenig konservativ handeln und auf langfristige Erfahrung zu setzen.“
Weiterhin ist Titan korrosionsbeständig und hat ein geringes allergenes Potenzial. Es wird also gut vom Körper angenommen. Abstoßreaktionen (wie im Artikel „Risiken und Nebenwirkungen bei Zahnimplantaten“ beschrieben) treten nur selten auf – gerade bei reinem Titan, dem höchstens ein Eisengehalt von bis zu 0,5 Prozent beigemengt ist.
Ein Aufsatz aus dem Jahr 2017 kommt zu dem Urteil, dass „zeitgenössische Implantate aus handelsüblichem reinem Grad-4-Titan“, also Titan von höchster Reinheit, „biologisch gut verträglich“ sind und schnell osseointegrieren, also am Knochen anwachsen. Durch eine besonders strukturierte Oberfläche können sie noch verträglicher gemacht werden.
Titanimplantate verbinden sich besonders gut mit dem Kieferknochen. Sie können nach dem Einsetzen schneller belastet werden, teils schon am Tag der Operation, und heilen schneller ein als Keramik.
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Wann schneidet Keramik besser ab?
Keramik ist gewebefreundlich, bei Allergien bietet sich das Material als metallfreie Alternative an. In Farbe und Beschaffenheit ist Keramik nah am natürlichen Zahn. Bei Implantaten wird sie dadurch gerade an den Vorderzähnen interessant, wo die Metallränder von Titanimplantaten durch das dünne Zahnfleisch schimmern können.
Außerdem zieht Titan Plaque geradezu an – anders als Keramik. Eine sorgsame Reinigung und Pflege ist aber auch bei Keramikimplantaten zu empfehlen.
Welche Risiken und Probleme gibt es bei Titan?
Abstoßungsreaktionen gegen reines Titan sind sehr selten – für die meisten Menschen ist es im Gegensatz zu anderen Metallen ein gut verträgliches Material. Jedoch kann es vorkommen, dass sich von der Oberfläche des Implantats Titanoxidpartikel lösen und im umliegenden Gewebe ablagern.
Diese nur wenige Mikrometer großen Teilchen sind meist unproblematisch, das Immunsystem ignoriert sie. Bei einigen Patienten jedoch entsteht eine Entzündungsreaktion; bei ihnen steigt die Gefahr eines Implantatverlustes. Allerdings kann vorher im Labor getestet werden, ob eine entsprechende Neigung besteht.
Es kommt vor, dass Legierungen verwendet werden und Metalle wie Nickel, Vanadium oder Aluminium im Titanimplantat enthalten sind. Dann sind allergische Reaktionen möglich. Durch einen Test, den sogenannten Lymphozytentransformations-Test, lässt sich aber auch hier vorab feststellen, ob eine Sensibilisierung besteht.
Und wie schon gesagt: Titan zieht Zahnbelag geradezu an. Und so besteht eine relativ große Gefahr, dass sich rund um das Implantat herum eine Entzündung bildet. Entsprechend wichtig ist gerade bei Titanimplantaten die sorgfältige Pflege und Reinigung.
Was kostet Titan im Vergleich zu anderen Materialien?
Titan ist deutlich günstiger als Keramik. Die Kosten für ein Implantat aus Keramik sind zwei- bis dreimal so hoch wie die für ein Implantat aus Titan. Die Kronen, die auf die Implantatkörper geschraubt werden, sind grundsätzlich am günstigsten, wenn sie aus einem Nichtedelmetall wie Titan bestehen.
Kronen aus Edelmetall bestehen aus einer Goldlegierung und galten lange als zweitgünstigste Option. Durch den gestiegenen Goldpreis allerdings sind sie inzwischen teilweise teurer als Keramikkronen.
Fazit: Lohnt sich ein Titanimplantat?
Titan ist langlebig, dabei stabil und relativ leicht. Titanimplantate wachsen schnell und gut ein. Besteht ein Implantat aus reinem Titan, sind Sensibilisierungen selten. Vor der Verwendung von Legierungen sollte der Patient sich gegen Allergien testen lassen.
Quellen
- Dieser Artikel ist mit Unterstützung von Florian Beuer, Direktor der Zahnärztlichen Prothetik am Centrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Charité Berlin und Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Implantologie, sowie Andreas Kunz, Zahntechniker und Präsident der European Association of Dental Technology, entstanden.
- Zahnersatz - welches Material (prodente.de)
- Titanunverträglichkeit | DEGUZ e. V.
- Implantate – Arbeitsgemeinschaft Zahngesundheit (agz-rnk.de)
- Dieter D Bosshardt et al.: Osseointegration of titanium, titanium alloy and zirconia dental implants: current knowledge and open questions. Periodontology 2000, Vol. 73, 2017, 22-40
Prof. Dr. med. dent. Florian Beuer
Experte
Direktor des Centrums für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Charité Berlin und Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Implantologie
Andreas Kunz
Experte
Zahntechniker und Präsident der European Association of Dental Technology
Markus Düppengießer
Autor
Markus Düppengießer, Journalist und Lektor, lebt in Köln. Früher schrieb er vor allem für Tageszeitungen, heute für verschiedene Fachmedien (on- und offline) aus den Bereichen Gesundheit und Personalwesen, für ein Straßenmagazin und eine Kinderzeitung. Zudem ist er Dozent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.